Tanz der Aranaea (German Edition)
sprach er uns an und fragte, was wir von ihm wünschen.
»Wir möchten zu Monsieur Fuad Alaouis, Monsieur. Wir haben eine Botschaft für ihn.«
»Ich bin Fuad Alaouis. Welche Botschaft haben Sie für mich und vom wem ist sie?«
»Von Hamillah, Dhabou und Marie-Claire Hochstätt aus Bejaia. Hier, lesen Sie bitte den Brief.«
Alaouis nahm den Brief entgegen und las ihn vor; langsam, bedächtig und leise, für die Anwesenden eben noch verständlich. Der Inhalt schien ihn zu beeindrucken und zwischendurch warf er immer mal wieder einen Blick auf Zöpfchen und mich. Nachdem er den Brief gelesen hatte, faltete er ihn sorgfältig zusammen und steckte ihn in seine Jackentasche. Fuad Alaouis legte allem Anschein nach auch keinen gesteigerten Wert auf modernere Kleidung, immerhin wirkte er gepflegter als seine Mannen, die allesamt einen erwartungsvollen Blick auf Fuad Alaouis warfen. Was wird der große Rebellenführer der Schawiyah Berber für eine Entscheidung treffen? Egal welche, sie würden jede Entscheidung von ihm respektieren, ihre Haltung und die Art wie sie ihn ansahen ließen meine Rückschlüsse zu.
»Wir haben ihnen viel zu verdanken Monsieur Vancelli, und auch ihnen Mademoiselle Magouba gebührt unser tiefster Dank. Sie haben viel für unsere Sache in Algerien getan. Allah sei mit euch, wo immer ihr euch befindet. Möge er euer Haupt beim Wachen und im Schlafen beschützen.«
»Allah sei auch mit ihnen, Großer Führer der Schawiyah. Monsieur Vancelli und ich haben es gerne getan, nicht wahr Saidsaheb? Marie-Claire hat mir viel von dem Großen Führer
der Schawiyah erzählt, und ich möchte Sie, in ihrem Namen nochmals herzlich Grüßen. Sie erwartet unbedingt und sehr ungeduldig ein Lebenszeichen von ihnen, Großer Führer.«
»Danke Mademoiselle Magouba. Ich werde mich bei passender Gelegenheit mit meiner lieben Freundin Marie-Claire Hochstätt treffen, und mich für die guten Wünsche persönlich bedanken. Monsieur Vancelli, seid ihr von meinen Leuten anständig behandelt worden?«
»Sehr zuvorkommend, ich persönlich habe nichts zu Beanstandungen. Wie siehst du diese Angelegenheit Zöpfchen?«
»Ich habe auch keinen Grund zur Beanstandung, Großer Führer.«
»Das ist auch gut so! Meine Leute sind vielleicht ein bisschen wild und manchmal etwas ungestüm, aber im Kern sind sie nicht schlecht. Wir wollen in unseren Gebieten keine Araber, dies ist das Land der Berber, seit allen Zeiten schon und so wird es auch bleiben.«
»Mademoiselle Magouba und ich haben hierfür höchstes Verständnis, Monsieur Alaouis!«
»Gut. Ich mache ihnen einen Vorschlag. Sie möchten nach Biskra, an den Rand des großen Sandmeers, wie wir zur Sahara sagen. Ihr möchtet die Sahara durchqueren und nach Agadez fahren. Auch gut. Jedenfalls steht es so in dem Schreiben von Marie-Claire. Dass ihr mit dem Motorrad durch die Wüste fahren möchtet, verstehe ich zwar nicht ganz, aber es ist euere persönliche Entscheidung und geht mich nichts an. Sie erhalten natürlich ihr Gepäck unversehrt zurück und ebenso das Motorrad, versteht sich von selbst. Wir bringen euch mit einem Fahrzeug nach Biskra und weil es doch schon etwas spät sein wird bis dahin, könnt ihr in einem unserer Häuser in Biskra übernachten. Eine Forderung muss ich aber dennoch stellen. Monsieur Vancelli, Mademoiselle Magouba, verlassen sie bitte Biskra bis morgen Abend. Bitte.«
Damit war unsere Unterredung mit Fuad Alaouis beendet, Alaouis der Große Führer, wie Zöpfchen sagte, und eine halbe Stunde später befanden wir uns auf dem Weg nach Biskra mit dem gleichen Fahrzeug und dem selben Fahrer, wie einige Zeit zuvor. Wir durchfuhren die von Bergen gesäumte Oase Djemmorah und durch ein malerisch gelegenes Dorf, das sich den Namen Menaa zugelegt hatte. Ohne der den Europäern so vertrauten Dämmerung, wurde es mit einem Male finstere Nacht und außer den Scheinwerfern, die sich durch das Dunkel tasteten und von Felswänden scheinbar verschluckt wurden, war von den grandiosen Sehenswürdigkeiten des Auresgebirge nichts mehr zu sehen. Zöpfchen hatte ihren Kopf auf meine Schulter gelegt und träumt mit offenen Augen still vor sich hin.
Es war bereits 22 Uhr, als wir Biskra erreichten. Wir hatten sehr viel Zeit verloren und für die verhältnismäßig kurze Strecke von 250 Kilometer, benötigten wir durch unseren Aufenthalt in Timgad und der unfreiwilligen Unterbrechung im Auresgebirge immerhin eine Zeit von etwa neun Stunden. Aus meinen
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