Tanz der Aranaea (German Edition)
wurde zum großen Halali gegen Dresden geblasen. Ich wusste, dass 800 Viermotorige Bomber der Royal Air Force zum Einsatz auf irgendeine deutsche Großstadt bereit stehen. Ebenso warteten gleichzeitig etwa 400 Fliegende Festungen der US Airforce auf ihr Startsignal. Eine gewisse Unruhe vor einem bevorstehenden Einsatz breitet sich immer unter dem Staffelpersonal aus, und wir alle wissen, das es wieder soweit ist, doch keinem kam die deutsche Barockstadt Dresden für ein Bombardement in den Sinn. Zumindest keinem, bis zu der Hirachie-Ebene, in der ich verkehrte und da waren durchaus höhere Offiziersgrade darunter. Ich konnte es nur erahnen, denn am Tag zuvor wurde ich von der 5.Bomberflotte der englischen Royal Air Force gebeten, für die 8. Bomberflotte der amerikanischen Airforce einige Luftaufnahmen von Dresden zu machen. Dies war die oft praktizierte Art einen Luftangriff auf eine deutsche Stadt einzuleiten. Ein paar ordentliche Aufnahmen zuvor, und danach wieder einige Aufnahmen der Trümmerfelder. Mit Ian Sharper, einem Texaner, sollte ich mit einem amerikanischen Mustang Langstrecken-Jagdmaschine nach Dresden fliegen um dort die vermuteten großen deutschen Truppenbewegungen in Richtung zur Ostfront zu fotografieren. Wir alle wussten, dass die Richtung eine ganz andere war. Die Mustang wurde als zweisitziges Aufklärungsflugzeug umgebaut und mit allen fototechnischen Raffinessen ausgestattet.
Major Ian Sharper verbarg mit keiner Minute seine Abneigung gegen mich. Als ich ihm in meiner britischen Uniform die Hand zur Begrüßung reichte, ließ er mich mit Kaugummi kauendem Gesichtsmuskel einfach stehen und ignorierte meine ausgestreckte Hand. Unmissverständlich und auf direkte äußerst unhöfliche Art, erklärte er mir, dass er Schweizer Alpenjodler wie mich, nicht ausstehen könne. Er sprach ausnahmslos in texanischem Dialekt mit mir. Dieses nicht zu übersetzende "Alpenjodler", gestattete er sich in Deutsch wiederzugeben. Für ihn waren wir Schweizer alle nur Kriegsgewinnler, die von den Devisen der Nazibonzen, dick und fett wurden. Ich erwiderte, dass ich schon mit den Engländer zusammen in Afrika gegen die Deutschen kämpfte, als er noch in Texas mit Kühe melken beschäftigt war. Von diesem Augenblick an, hasste mich Ian Sharper.
Seit etwa einem Jahr besaßen die Amerikaner diese Langstreckenjäger vom Typ Mustang und sie konnten damit weit in das Deutsche Hinterland fliegen. Ein amerikanischer Pilot erzählte mir einmal voll Stolz, sie hätten mit diesem Vogel die Luftherrschaft über Deutschland gewonnen. Ich bemerkte, als wir mehrmals über das deutsche Reichsgebiet flogen, dass dieses schöne Land bereits ausgebombt, zerstört und verbrannt war, und die Verantwortlichen, beiderseits, hatten noch immer nicht die Nase voll.
»Alpenjodler, wir sind jetzt über Dresden, du kannst die deutschen Truppenbewegungen fotografieren!«
»Durch die Wolkendecke, Yankee? Geh tiefer runter!«
»Geht nicht Alpenjodler. Die Wolkendecke ist mindestens drei Kilometer dick!«
»Du fliegst jetzt auf der Stelle bis unterhalb Wolkendecke, Yankee oder ich mache aus deinem Kaugummigesicht eine Festbeleuchtung.«
»OK, Alpenjodler. Dieses Mal lass ich es durchgehen aber du gibst mir in Zukunft keine Befehle mehr. Hast du mich verstanden, Jodler? Ob du mich verstanden hast?«
»Halt die Schnauze Yankee, und brüll nicht so in der Gegend herum! Flieg tiefer!«
Major Ian Sharper drückte die Maschine bis unter die Wolkendecke und wir flogen im Tiefflug über die Stadt Dresden. Wohin das Auge auch reichte, ich sah nur schwarze Menschentrauben. Hunderttausende waren hier versammelt.
Endlose Schlangen der Treckfahrzeuge, die sich Deichsel an Deichsel durch die Straßen schoben. Beim Überfliegen des Hauptbahnhofes drängten sich unvorstellbar viele Menschen auf Bahnsteige und dem umliegenden Gelände. Zivilisten und Flüchtlinge aus dem Osten aber keine deutschen Truppen. Sharper riss plötzlich die Maschine hoch und wir befanden uns wieder in einer gewaltigen dichten und dicken Wolkendecke.
»Yankee, melde deinen Vorgesetzten, das Dresden voll gestopft ist mit Flüchtlinge. Es müssen Hunderttausende sein, die vor der anrückenden Sowjetfront flüchten. Schickt eure Fliegenden Festungen wieder zurück nach Alaska oder bombardiert Texas, hier gibt es nichts zu bombardieren! Die Engländer sollen ihre Kisten auch einmotten. Den Scheißkrieg habt ihr eh schon gewonnen!«
Sharper gab mir keine Antwort und im
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