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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Dummheit und Weisheit zugleich stehen. Für den Drang nach Freiheit und die Lust am Abenteuer. Auch für schwere Entscheidungen. Wer nicht die Fesseln seines Verstandes überwindet, gelangt nicht zu dem, was eigentlich zählt: zur Liebe …«
    »Davor waren die Münzen …«
    »Ein Irrweg. Denari bedeuten Geld, und Geld bedeutet nichts.«
    »Ein Schatz vielleicht?«
    »Kann sein. Wir träumen alle von einem Schatz.«
    »Ich glaube, dass es um einen ganz bestimmten Schatz geht. Die Beute aus einem Verbrechen.«
    »Dann weißt du mehr als ich. Wie soll ich helfen, wenn du mir nicht alles sagst?«
    »Ich kann nicht alles sagen. Sei froh, wenn du nicht alles weißt.«
    Er wirkte gekränkt, konnte aber der Herausforderung nicht widerstehen, sein Wissen weiter auszubreiten. Es gefiel mir, dass er mir nahe war und dass er sich mit mir beschäftigte. Wenn es doch so bleiben könnte – ohne all die anderen …
    »Der König der Münzen«, sagte er. »Er wacht über den Schatz wie der Drache in der Sage. Es wird wohl so sein, dass in diesem Fall du besser weißt als ich, um wen es sich handeln könnte.«
    »Wenn ich es nur wirklich wüsste.«
    »Dann kommen Mond, Sterne und Sonne. Die Zeit. Aber auch Irrtum, Hoffnung und Erleuchtung. Licht nach der Finsternis, aus der die Ungeheuer der Tiefe sich gegen uns erheben.«
    Eine Frau leerte Krüge aus. Wasser in den Fluss, dachte ich, ein sinnloses Unterfangen. Es führt zu nichts!
    »Fortuna ist das Schicksal …«
    »Ja. Ich weiß.«
    »… das mit uns allen sein Spiel treibt. Auf und ab – Veränderung, Ungewissheit und Machtlosigkeit. Die Dame ist launenhaft, aber sie hat ein wunderbares Lächeln! Am Ende hält sie keinem die Treue. Eine Nutte. Putana .«
    Sein Gesichtsausdruck verriet mir nur allzu deutlich, an was oder vielmehr an wen er dachte. Ich fühlte einen Stich von Eifersucht.
    »Der Pfeil ist die Entscheidung«, sagte er. »Auch Freiheit, Kampf und Prüfung. Ferner der Zweifel.«
    »Der Zweifel.«
    » Iustitia ist das Urteil, sie steht für Wahrheit und Gleichgewicht.Wer Richter sein will, soll bedenken, dass auch er gerichtet wird. Der Tod ist der Tod. Was soll ich sagen? Die Karte ohne Namen, Verhängnis und Enttäuschung, aber auch Neubeginn. Der Teufel ist vor allem Hass, Verblendung und Wut. Und dann?«
    »Dann der Turm.«
    »Der Turm …«
    »Lass mich: der Turm von Babel. Vermessenheit und Strafe.«
    »Aber auch Anstoß zu Neuem! Das ist ein sehr vieldeutiges Bild. Man sagt auch: ein Schicksalsschlag.«
    »Blitz und Zerstörung.«
    »Alles verändert sich. Die Maske fällt. Alles sieht anders aus, als du geglaubt hast. Der Blitz schlägt ein, und in seinem Licht erkennst du eine unbekannte Wahrheit. Freilich heißt dieses Blatt auch: das Haus Gottes.«
    »Du verwirrst mich. Aber das Ende ist klar.«
    »Der Gaukler ist der Zauberer, der dir die Wahrheit in der Täuschung offenbart.«
    »Ich glaubte, er sei der Betrüger, der mir alles verwirrt.«
    »Auch das stimmt. Er ist – mehr noch als die anderen – ein Doppelwesen.«
    »Ich kann sein Gesicht nicht sehen.«
    »Er ist die Lösung, die du nicht kennst.«
    »So weiß ich nicht mehr als vorher.«
    »Deine Antwort bist du selber.« Er hielt die Karten vor mich hin. Ich zögerte.
    »Zieh noch ein Blatt!«
    Unsicher wählte ich eine Karte und deckte sie auf.
    »Ich werde am Galgen enden!«, rief ich und schauderte.
    »Der Gehenkte«, murmelte er. »Täusche dich nicht: Er hängt nicht am Hals, sondern am Fuß. Es ist die Karte der Prüfung, der aussichtslosen Lage und des Traumes. Aber auch des Glaubens: auf das zu vertrauen, was man nicht weiß. Er hängt mit dem Kopf nach dem Boden, nicht wahr? In der Welt ist für ihn das Unterste zuoberst. Aber muss es denn so sein? Dreh die Karte einmal um:Siehst du, nun sind die Grashügel Baumkronen, und der Galgenbaum ist eine Bühne. Vielleicht kannst du die Wahrheit nur deshalb nicht erkennen, weil du dich verrannt hast und alles über Kopf siehst?«
    »Lass uns aufhören. Ich fühle mich genau wie er: Mir dreht sich alles.«
    »Siehst du es? Die Karten lügen nicht!«
     
     
     

IE B EGEGNUNG
    »Äääpfel, kauft Äääpfel!«, schrie die kräftige junge Frau mit der blauen Schürze. Die roten Wangen gaben ihrem Gesicht viel Ähnlichkeit mit dem Obst, das sie feilbot. Zur gleichen Zeit hörte ich zwei weitere Frauen, die Scheuerkraut und Seife anpriesen, ein auffallend junges Mädchen, das Milch anbot, und eine rundliche Bäuerin, die Zwiebeln zu verkaufen hatte.

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