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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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so hart, wie er gerne zu sein vorgibt …«
    »Das weiß ich. Ich hatte niemals vor, mich gegen ihn zu stellen.«
    »Und man soll nicht schlecht über ihn reden.«
    »Man sollte überhaupt nie schlecht reden – schon gar nicht über Tote.«
    Er schwieg.
     
    Hin und wieder, während ich mich langsam erholte, kam ich erneut auf Sambos Schicksal zurück, aber er vermied es zumeist, mir weitere Einzelheiten zu erzählen. Dennoch wurde mir klar, dass ein wild bewegter Lebensweg voll der erstaunlichsten Wechselfälle hinter ihm lag. Einmal sagte ich: »Sambo, ist das eigentlich dein richtiger Name?«
    Er schüttelte den Kopf. »Mein richtiger Name ist viel schöner; war meinen neuen Herren aber zu schwierig.«
    »Sag ihn mir!«
    »Sagst du mir dann auch deinen richtigen Namen?«
    Ich stutzte. »Wir sind bei deiner Geschichte«, sagte ich. Er grinste.
    Dann sagte er etwas, das ungefähr so klang wie: Na-alam-al-gash-aret.
    »Hört sich an wie ein Gruß.«
    »Es nennt einen, der wie ein Vogel fliegt.«
    »Einen Engel!«
    »Nicht ganz dasselbe …«
    »Ein schöner Name.«
    »Aber er entsprach nicht der Wahrheit. Ich musste lernen, als Sklave in Fesseln zu leben. Die Narben des Jochs fühle ich heute noch, hier im Nacken.«
    Ich ließ es auf sich beruhen. Das Reden machte mich immer noch müde.
    »Es ist genug«, sagte ich.
    »Du hättest auch etwas zu erzählen, wenn du wolltest.«
    Ich wusste natürlich, was er meinte.
    »Das Wichtigste weißt du schon«, sagte ich. »Du hast mich ausgezogen und gepflegt, da kann es dir nicht verborgen geblieben sein. Ich heiße Katerine. Aber ich möchte, dass du weiter Kat zu mir sagst.«
    »Ich habe es schon vorher gewusst.«
    »Wirklich?«
    »Glaub es nur. Ahasver wusste es auch.«
    »Das habe ich lange nicht begriffen. Und Pietro?«
    »Ha! Ich glaube, er ist der Einzige, der nicht Bescheid weiß. Er ist so leichtgläubig wie ein Kind.«
    »Wo ist er überhaupt?«
    »Ich weiß es nicht. Jetzt, wo dir besser ist, werde ich gehen und es herausfinden.«
    Ich nickte und ließ mich wieder auf das Lager sinken. Wenig später kam Mutter Gluck.
    »Warum hast du mich nicht gerufen?«, herrschte sie Sambo an. »Das Kind muss essen!« Mit gespieltem Ärger stieß sie ihn auf die Seite. »Oh, dieser Heidenkerl! Der Himmel mag wissen, wozu so einer gut ist!«
    Sambo verzog sich grinsend, und sie wandte sich mir zu.
    »Du stinkst wie ein Wiedehopf. Du musst gewaschen werden, sonst hält man es unter diesem Dach nicht mehr aus!«
     
    Mein Lebensmut kam zurück, und ich überwand meine Schwäche. Sobald ich den Kopf wieder oben hatte, fing ich an, mir aufs Neue Gedanken zu machen.
    »Sambo«, sagte ich, als ich erstmals wieder am Tisch in der Gaststube sitzen konnte, »wie geht es mit uns weiter?«
    »Mach dir keine Sorgen! Mir fällt immer was ein. Und du hast doch deinen Vater gefunden!«
    »Ach ja! Und hat er vielleicht einen Platz für mich in seinem Leben?«
    »Warte ab!«
    »Du hast gut reden. Als ob es das alleine wäre!«
    »Wär besser, du würdest alles andere vergessen …«
    »Sei still! Das verstehst du einfach nicht!«
    »Kann sein. Was versteht schon einer wie ich. Ein schwarzer Dummkopf!«
    »Verzeih«, sagte ich betroffen.
    »Es ist gut.«
    Wir schwiegen eine Weile. Dann sah ich ihn an und fragte: »Ist es wirklich gut?«
    »Ja – wir sind doch Freunde, oder?«
     
    Es kam sonniges Wetter. Kalter Wind, aber klare Luft. Da hielt es mich nicht lange im Haus. Sambo begleitete mich bei meinen ersten Schritten ins Freie. Er hätte mich sogar gestützt, wenn ich es zugelassen hätte. Selbst der Geruch des Gerberviertels erschien mir jetzt fast wie eine Wohltat. Bald dehnten wir unseren Ausflug weiter aus. Nur in Richtung des Flusses mochte ich nicht gehen.
    Die Stadt hatte sich an die Anwesenheit des Hofstaats gewöhnt. Der Kaiser, so hörte ich, war in Aachen geblieben oder weitergereist. Niemand wusste, ob er noch einmal zurückkehren würde. Auch der König und die Fürsten, die noch da waren, sollten nur wieder abziehen, so redeten die Bürger. Sie waren den Aufwand jedenfalls satt. Nichts verliert rascher den Reiz als ein Wunder, an das man sich gewöhnt. Vor allem wenn man die Kosten trägt.
    »Der Kaiser hat neue Probleme zu lösen«, sagte Polonius, dem das Wetter gut bekam, beim Frühstück. »Auf ihn wartet der Franzose im Westen und der Türke im Osten. Die Spanier werfen ihm vor, dass er sich zu viel in Italien herumtreibt, und die Flamen haben keine Lust, ihm ihr Geld zu

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