Tanz der Dämonen
erkannte er wohl, wen er vor sich hatte.
»Wie schön, dass du kommst«, lallte er mit schwerer Zunge.
Zwei nackte Frauen verkrochen sich hinter ihm im fernsten Winkel.
»Gib her!«, hörte ich Grifone sagen. Er streckte die Hand hinter seinem Rücken aus, und der Schankknecht legte einen hölzernen Hammer hinein, einen von der Art, wie man sie beim Anzapfen von Bierfässern verwendet.
Dann betrat er den Raum, sagte in beruhigendem Tonfall etwas, das ich nicht verstand, und die Tür klappte hinter ihm zu.
Ich duckte mich in das Dunkel unter einer Treppe und wartete gespannt.
Da dröhnte in jenem Raum ein schwerer Fall. Kurz darauf öffnete sich die Tür, und Grifone kam heraus, den Trunkenbold hinter sich herschleifend. Der Hausknecht brachte eilfertig den Mantel des Bewusstlosen und legte ihn um dessen Schultern.
»Hol mir eine Karre oder etwas Ähnliches«, sagte Grifone. »Er ist nicht gut zu Fuß, wie es scheint.«
Ich sah, wie der Schankknecht kopfschüttelnd den Holzhammer mit einem Tuch abwischte. Dann fanden sich drei oder vier Männer, die halfen, den kraftlosen Körper wie einen schweren Sack hinauszuschleppen. Alles das nahm ich mit wachsendem Staunen wahr. Dann hörte ich Grifones Stimme: »Und du? Was machst du hier ? Hatte ich dir nicht gesagt …«
Mir wurde klar, dass er mit mir sprach, und ehe ich mich versah,war da eine andere Stimme, die sagte: »Ich bin kein alter Schuh, den man irgendwo ablegt!« Erschrocken begriff ich, dass es meine Stimme war. Hatte wirklich ich diese Worte gewagt?
Grifone starrte mich verblüfft an. Dann räusperte er sich und sagte: »Also gut. Was soll’s. Dann trödel nicht weiter herum!«
RIFONES T RUPPE
»Ich bin es«, sagte Grifone ungeduldig. »Mach schon auf.«
Die Tür öffnete sich einen Spalt, und es musterte uns ein kleingewachsener, rattengesichtiger Mann. Das Misstrauen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wie kam es nur, dass ich, seit ich in dieser Stadt war, auf Schritt und Tritt mit Widerlingen und Geheimniskrämern zu tun hatte?
Unser Weg hatte uns durch schmutzige Gassen in den nördlichen Teil der Stadt und zuletzt noch an einem düster aussehenden Friedhof entlanggeführt. Schwarze Wolken waren aufgezogen, und ein früher Abend kündigte sich an. Der unzeitgemäße Hauch von Frühling war schnell vorbeigegangen, genau wie Grifone es vorausgesagt hatte. Ein eisiger, feuchter Wind pfiff um die Mauern des abweisend wirkenden Hauses, vor dem wir standen. Ein merkwürdiges Gebäude, das einmal eine Schänke gewesen sein mochte. Das Rattengesicht gab den Weg frei und starrte jeden von uns giftig an. Besonders der Betrunkene, den wir vom Berlich her mit uns geschleppt hatten, schien die Neugierde dieses Kerls herauszufordern. Dabei stand dieser Bursche, der Osman genannt wurde, schon wieder auf seinen Füßen. Grifone hatte ihn mit der Schubkarre nur bis zum nächsten Brunnen transportiert und dort ins eisige Wasser getaucht, bis er zu sich kam. Von da an war er stöhnend hinter uns hergewankt. Der Hauswächter fauchte durch die Zähne und spuckte ausdrucksvoll vor uns auf den Boden. Diese Geste entflammte den Zorn, der sich seit dem Besuch im Hurenhaus bei mir aufgestaut hatte, und ohne lange zu überlegen, beantwortete ich sie auf die gleiche Weise. »Wer ist das denn? Für den habt ihr nicht bezahlt!«, empörte sich unser Gegenüber.
»Halt den Mund«, sagte Grifone, der mich grinsend beobachtet hatte. »Er gehört zu mir, und was dich angeht, so verdienst du mehr an uns, als deine Bruchbude wert ist.«
»Schönes Früchtchen«, murrte der Bursche.
Ich streckte ihm im Vorbeigehen die Zunge heraus. Das war der angemessene Ausdruck für meine Stimmung, und ihn brachte es an den Rand eines Herzschlags.
Am liebsten hätte ich jeden vors Schienbein getreten – Grifone an erster Stelle, weil er mich behandelte wie ein unmündiges Kind. Aber ich hatte mir vorgenommen, an mich zu halten. Nur ein bisschen Luft musste ich mir machen, das wird man verstehen.
Das Rattengesicht wollte noch einmal den Mund aufmachen, aber nun war für Grifone der Spaß zu Ende. Ein Blick von ihm genügte, und der Kerl zog sich zurück.
Wir durchquerten eine muffige, beinahe leere Stube im Erdgeschoss, deren Fenster zur Straße hin mit Brettern vernagelt waren, und blieben am Ende dieses Raums stehen.
»Katzbalger«, sagte Grifone. Das war sein Losungswort, denn sogleich knarrte Holz über unseren Köpfen, eine Falltür öffnete sich in der Decke, und eine
Weitere Kostenlose Bücher