Tanz der Dämonen
und schwarzes Haar …
Da stand plötzlich eine finstere Gestalt auf der Bühne und gebot mit herrischer Geste Einhalt. Die Menge erschrak, als wäre Gevatter Tod persönlich erschienen. Es war Ahasver, der zornig um sich blickte.
»Hört auf jetzt! Schluss damit!«, befahl er. Seine Stimme war heftig wie Löwengebrüll. Das musste man dem Alten lassen: Es ging allen Anwesenden durch und durch.
Ist das ein Teil der Vorstellung?, fragte ich mich. Aber rasch wurde ich eines anderen belehrt. Ahasver packte Rosannas Arm mit einer Grobheit, die nicht gespielt war, und grollte: »Packt alles zusammen, und fort mit Euch!«
Rosanna entwand sich seinem Griff. Sie schmollte, und ihre Augen blitzten ihn wutentbrannt an. Aber sie sah genau wie ich die steile Falte zwischen seinen Brauen, die jeden warnte, sich seinem Willen zu widersetzen. So fügte sie sich. Ahasver beachtete sie gar nicht mehr.
»Ich hatte es verboten«, knurrte er. »Ihr habt es gewusst.«
Pietro schluckte und setzte zum Sprechen an. Ich hatte den Eindruck, dass er protestieren wollte. Aber dann hat er es sich doch anders überlegt. Wütend raffte er seine Requisiten zusammen.
Ich war wie vor den Kopf geschlagen und hatte keine Ahnung, was eigentlich vorging. Wie würde das Publikum reagieren? Mein Blick glitt über die Menge der Zuschauer. Überall mürrische Gesichter. Hier und da lautes Murren und ein paar ärgerliche Zurufe: »Tanzen lassen!« – »Was will der alte Rabe?« – »Zum Henker mit ihm!«
Nur wenige Münzen fielen in den Hut, den Sambo herumreichte. Und als sich das Gedränge auflöste, erkannte ich für einen winzigen Moment das Gesicht eines Mannes, der sich rasch abwandte und wieder verschwunden war: der Schwarze Hund. Schon wieder!
Als wir den Schauplatz verließen, hielt ich mich etwas abseits von meinen Freunden, weil ich wegen der eben gespielten Rolle nicht zu ihnen gehörig erscheinen durfte. Es konnte immer sein, dass jemand unter den Zuschauern aufmerksam genug war, um so etwas zu bemerken, und das konnte Ärger bedeuten. Andererseits durfte ich den Anschluss an die Gruppe nicht verlieren; schließlich hatte ich keine Ahnung, wohin sie sich wenden würde.
Und: Ich spürte Gefahr in der Luft. Das Auftauchen des Banditen war mir Warnung genug!
Was ging hier eigentlich vor? War Ahasver gerade jetzt erst wieder zu der Gruppe gestoßen? Wie lange waren sie getrennt gewesen? Etwa die ganze Zeit seit dem Überfall in der Herberge?
Klar war mir nur eines: dass der Alte wieder die Führung übernommen hatte!
Vor uns lag jetzt ein weiter, offener Platz, von Sonne überflutet,aber gleichzeitig auch einem eisigen Wind ausgeliefert. Die ungepflasterte Fläche war mit Verkaufsständen für Lebensmittel und Kramwaren besetzt, und zahlreiche Menschen drängten sich in den Laufgassen dazwischen. Dieses Gewühle kam zweifellos durch das bevorstehende Dreikönigsfest und die weltpolitischen Ereignisse in Köln. Überall Schausteller, Spitzbuben und Bettelvolk.
Ahasver schritt so heftig aus, dass die anderen mit ihrem Gepäck kaum folgen konnten. Ich hielt mich nun enger hinter ihnen, um sie keinesfalls aus den Augen zu lassen. Dabei musterte ich aber auch sorgfältig die Gesichter links und rechts, denn ich hatte Furcht, wir könnten unversehens in eine neue Falle geraten.
An der fernen Seite des Platzes tauchte ein Trupp Reiter auf, der eine schwankende Kutsche durch die Menge geleitete. Viel Volk strömte herbei; alle riefen etwas, das ich nicht verstand. Dann geschah etwas Befremdliches: Als das Gedränge um sie herum immer dichter wurde, zogen die Reiter den Degen und hauten auf die Köpfe und Schultern der Menschen ein! Zwar benutzten sie nur die flache Klinge, aber die Umstehenden konnten nicht zurückweichen, weil andere nachdrängten, und so gab es in wenigen Augenblicken einen Tumult zwischen den Marktständen, bei dem mancher Kopf blutig geschlagen wurde und manche Tonschüssel zu Bruch ging. Das Letzte, was ich zu sehen bekam, war eine fürstliche Standarte, die in der Sonne aufleuchtete und dann im Schatten der Dachtraufen verschwand.
»Verdammtes Adelsgezücht!«, brüllte ein hoch gewachsener Mann, der Rattengift feilbot, wie die grauen Fellbälge erkennen ließen, die überall an seiner Jacke baumelten.
»Recht hat er«, schrie eine Marktfrau.
»Still, ihr Narren«, zischten andere, denn in einem Torweg erschien ein Trupp von Bütteln, die offenbar in diesen Tagen stets gruppenweise unterwegs waren. Sie griffen
Weitere Kostenlose Bücher