Tanz der Dämonen
»Dann machen die Wachen die Runde, und ein paar der Gassen werden sogar mit Ketten abgesperrt. Zeit, dass du von der Straße kommst.«
Wir wollten gerade an einer windschiefen Mauerecke vorübereilen, welche die Gasse einengte, als Zunge »Ssst!« machte und mich festhielt. Bär verharrte regungslos im Schatten und lauschte. Wolken schoben sich vor den Mond. Es wurde finster um uns herum. Ich hörte nichts.
»Da ist doch etwas«, flüsterte Bär. Zunge zog uns in einen Hofeingang, den ich kaum wahrnehmen konnte. Wir lauschten wieder.Ich hörte noch immer nichts und fragte Bär, was er denn meine, aber Zunge hielt mir die Hand auf den Mund.
Da, jetzt hörte auch ich etwas – wie ein Scharren auf Stein. Die schnell ziehenden Wolken gaben den Mond wieder frei, und ein Streifen scharf abgegrenzten Lichts fiel in die Gasse. Im Fenster gegenüber glänzte eine zerbrochene Butzenscheibe, und am vorspringenden Kranbalken im Giebeldreieck blitzte ein eiserner Haken. Gerade vor mir, mitten im Pflaster, schimmerte eine Pfütze.
Da war das Scharren wieder, dann ein ungleichmäßiger Schritt.
Jemand kommt. Eine Gestalt schleicht an der Mauer entlang, sorgsam bedacht, im Schatten zu bleiben, verharrt an der Hausecke, späht in die abzweigende Gasse. Ein Mann von schmächtiger Gestalt. Er gibt einen Wink nach rückwärts, während er weiter hastet.
Zunge hält meinen Arm fest umklammert aus Angst, ich könne etwas tun, das uns verrät.
Da taucht, ohne dass etwas zu hören gewesen war, ein zweiter Mann auf, ein mächtiger Kerl mit einem Stiernacken und gewaltigen Armen, der leicht gebeugt vorübertappt, während der erste schon im Dunkel verschwunden ist. Mit dem wäre nicht leicht fertig zu werden, denke ich.
Dann kommt ein dritter aus der Finsternis; der ist es, der das Bein nachzieht; das ergibt den ungleichen Schritt, den ich gehört habe.
Der Große platscht geradewegs durch die Pfütze. Der Hinkende folgt ihm eilig, weicht dem Wasser jedoch aus.
Dann sind alle drei verschwunden.
»Wer sind die?«, flüstere ich. »Verfolgen die uns?«
»Sie suchen dich «, gibt Bär zurück. »Wahrscheinlich Leute vom Schwarzen Hund. Die haben vorhin in der Schänke gesessen.«
Mich? Was hat das zu bedeuten? Mir wird schwarz vor Augen, und ich hole tief Luft. Fürs Erste ist die Gefahr vorüber!, sage ich mir, bemüht, meine Angst zu unterdrücken. Da legt Bär die Hand auf meinen Arm und flüstert: »Still. Da kommt noch einer.« SeineStimme ist tonlos und scharf. Mein Haar sträubt sich im Nacken, und ein kalter Schauer läuft über meinen Rücken. Der Blinde verfügt über ein unglaublich scharfes Gehör. Das weiß ich längst. Also halte ich wieder den Atem an. Noch mehr Verfolger? Was wäre ich jetzt ohne meine Freunde?
Ich lausche konzentriert, höre jedoch nur das Blut in meinen Ohren rauschen.
Aber ich sehe etwas: Über die Mauer gleitet ein Schatten. Dann ein flüchtiges Plitsch!, als ein Fuß das Wasser streift, und ein leises Klirren, als sich der Unbekannte zur Seite dreht, ein Geräusch wie von einem Degen in der Scheide – oder wie von einem kleinen Gegenstand, der gegen etwas Metallenes schlägt.
Dann ist auch dieser Verfolger vorübergehuscht. Wir schweigen noch und lauschen. Nur gedämpfte Töne aus der fernen Schänke und das Sausen des Windes, der stärker wird. Das Wasser der Pfütze kräuselt sich.
»Jetzt wird es wohl gut sein«, sagte Bär. »Lasst uns gehen. Nur sollten wir nicht auf dieser Straße bleiben.«
Da stupste Zunge ihn mit der Hand und bedeutete uns, ihm zu folgen.
»Zunge weiß einen Weg«, sagte Knaller. »Er kennt sich hier aus! Guter Kerl!«
Das Mondlicht reichte aus, um zu erkennen, dass Zunge zufrieden grinste. Bär nickte und gab einen Wink, dass wir folgen würden.
»Fein, dass du dich eben zusammengenommen hast«, sagte er zu Knaller. »Wäre nicht gut gewesen, wenn du dich im falschen Augenblick vergessen hättest.«
»Was du immer hast!«, keifte der, weil er sofort verstanden hatte, dass es jetzt wieder um seinen Spitznamen ging.
Diesmal war es Zunge, der den Kleinen auf den Rücken nahm. Bär ließ sich von mir führen. Es ging durch eine enge, finstere Pforte, dann unter einem Torgewölbe hindurch und in einen langen, feuchten Gang zwischen hohen Mauern.
»Du weißt, dass du in Gefahr bist, nicht wahr«, warnte Bär.
Ich nickte. Dann fiel mir ein, dass Bär ja blind war – man konnte es wahrhaftig manchmal vergessen! –, und ich sagte »Ja.«
»Und
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