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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Ahasver gegenüber dichthalten würde. Aber ich war gerne in Pietros Gesellschaft. Seine Nähe gab mir Mut, und er konnte mich zum Lachen bringen. Es kam mir vor, als sei diese quälende Spannung, die unbestimmte Angst, die ich nicht eingestehen wollte – als sei sie weniger schwer zu ertragen, wenn ich bei Pietro war. Und Ahasver, der an diesem Tag offenbar eigene Pläne hatte, ließ uns zu meiner Überraschung einfach ziehen.
     
    Die Stadt war in voller Aufregung: Dies war der Tag, an dem die Wahl des römischen Königs stattfinden sollte, der 5. Januar, Dreikönigsabend, der Tag vor dem Fest der Heiligen Drei Könige.
    Zunächst versammelten sich die Fürsten mit dem Kaiser in der Kathedrale zu einem Sacrum officium. Leibwachen umringten die hohen Herren. Soldaten kontrollierten die ganze Stadt, auch wenn das den Bürgern gar nicht gefallen mochte. Ich hörte so manches abfällige Wort in der Menge, die sich am Domhof drängte. Es fielenauch bittere Bemerkungen über den Erzbischof von Köln, der nicht in der Stadt selbst, sondern in Bonn residierte; er schien nicht sehr beliebt zu sein bei den Bürgern.
    Die ganze Königswahl war eine verfahrene Sache. Der erste Wahlgang, an Weihnachten, hatte kein Ergebnis gebracht. Es hieß, Kaiser Karl sei sehr unzufrieden, denn die Kurfürsten hatten sich nicht auf seinen Bruder Ferdinand einigen können.
    »Es ist wohl nicht genug Geld geflossen«, brummte ein behäbiger Mann zu meiner Rechten. »Man weiß doch, wie die hohen Herren ihre Kassen füllen.«
    »Die können nie genug kriegen«, gab ein anderer zurück.
    »Und was, wenn sie sich heute wieder nicht einigen?«, fragte besorgt ein Dritter.
    »Was soll man davon halten, dass der Kurfürst von Sachsen fehlt? Sagt mir das !« Friedrich der Weise, das wusste ich, hatte sich dem Protestantismus zugewandt. Aber war der nicht schon gestorben?
    »Es gibt mir viel mehr zu denken, was ich über unseren geistlichen Herren zu Bonn gehört habe«, setzte wieder der Behäbige an. »Der Erzbischof liebäugelt angeblich auch mit diesem Luther …« Den Rest verstand ich nicht mehr, weil ein Böllerschuss über den Platz hallte und alle Tauben von den Dächern aufflatterten.
    »Tut sie alle in einen Sack«, hörte ich etwas später. »Und dann in den Fluss mit ihnen.«
    Der Dom ragte über unseren Köpfen im trüben Morgenlicht empor wie eine schroffe Felsenklippe. Der Chor mit seinen fein gemeißelten Verzierungen wirkte elegant, aber nach Westen schloss ihn auf hässliche Weise eine grobe Mauer ab. Vom Querschiff an war der Rest des Gotteshauses unvollendet. Ich glaube, ich habe das schon erwähnt: Der eine Turm, halbhoch emporgeführt, war noch immer im Bau, und von seiner Höhe herab neigte sich – aus diesem Blickwinkel kaum zu sehen – der Balkenarm eines wuchtigen Krans. Heute ruhte die Arbeit. Werkstätten und Lagerräume im unvollendeten Teil der Kathedrale blieben zugesperrt.
    Wir standen unter den vielen, die vergeblich Einlass begehrten,wie die armen Seelen, die beim Jüngsten Gericht zu spät ans Himmelstor gekommen sind. Wenn ich aber glaubte, es werde dabei bleiben, so hatte ich Pietro unterschätzt.
    »Eine Botschaft für den Bischof!«, rief er und quetschte sich weiter, mich mit sich ziehend. Sein Vorgehen löste zwar Protest aus, und niemand wird ihm geglaubt haben, aber es gelang ihm dennoch, uns so weit ins Innere zu bringen, dass wir aus der Ferne einen Blick in den prächtig ausgestatteten Chor werfen konnten. Kerzen schimmerten, Gold glänzte, und man hörte vielstimmigen Gesang.
    Da – das musste der Kaiser sein. Ein starkes, hageres Profil, ein Gesicht voller Gesammeltheit und Ruhe, durchaus nachdenklich, aber seiner Überlegenheit gewiss. Nur ein rascher Blick zur Seite verriet Anspannung. Doch das änderte nichts an seiner Haltung. Ein paar beleibte Bürger mit wuchtigen Schultern und Pelzkragen schoben sich in mein Blickfeld, und ich konnte von den Vorgängen im Hohen Chor nichts mehr sehen.
    So nahm die Zeremonie ohne meine weitere Anteilnahme ihren Lauf.
    Meine Gedanken indes gingen eigene Wege. Warum kam mir gerade in diesem Augenblick das Bild meiner Mutter in den Sinn? Das war wieder eine jener Erinnerungen, aus denen ich nicht klug wurde, fast vergessen und dennoch so vertraut …
    Sie hatte mir manchmal einen Becher gezeigt, einen gläsernen Becher mit fein gearbeiteten Verzierungen. Ein winziges, funkelndes Bild der Göttin Diana, nackt, mit der Mondsichel auf dem Haupt … Das Glas muss

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