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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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auseinanderfallen?«
    Alicia hatte voller Widerwillen abgewunken. Leute um Geld zu bitten, das bedeutete, daß man sie einlud, sich überall einzumischen. Und niemand in der Amelia Street wollte die Mayfair-Polizei auf dem Gelände haben, oder? Die uralte Evelyn mochte den Lärm nicht, und sie mochte auch keine fremden Männer. Monas Vater wollte nicht, daß ihm jemand Fragen stellte. Und so gingen sie weiter und immer weiter, die Au s flüchte.
    Und alles verrostete und verrottete und zerbrach, und niemand tat etwas dagegen. Zwei der hinteren Badezimmer waren schon seit Jahren nicht mehr benutzbar. Die Fensterrahmen waren gebrochen oder mit Farbe verklebt, so daß sie sich nicht mehr öffnen ließen. Ach, die Liste war endlos lang.
    Als sie ihre Sachen abgestreift hatte, war das Zimmer von köstlich warmem Dampf erfüllt. Sie schaltete das Licht aus, so daß die einzige Beleuchtung von den orangenfarbenen Flammen der Gastherme kam. Dann ließ sie sich in das heiße B a dewasser gleiten, und ihr Haar floß nach außen, als sei sie wieder Ophelia – so jedenfalls hatte sie es sich immer vorg e stellt -, die in dem berühmten Fluß in den Tod trieb.
    Sie drehte den Kopf hin und her, um die langen Haare im Wasser in Bewegung zu bringen, damit sie wirklich sauber wurden, und sie sah den roten Wirbel ringsherum. Sie zupfte Fasern und tote Laubstückchen heraus. O Gott! Da hätte auch ein Käfer dabei sein können! Wie grauslich. Dies Hin- und Herwirbeln im Wasser war es, was ihr Haar nachher so dick und glänzend aussehen ließ, das lange Einweichen und das Drehen. Eine Dusche würde alles nur flachdrücken. Sie liebte es, wenn ihr Haar so locker und dick wie möglich war.
    Parfümierte Seife. Hatte man sich’s nicht gedacht? Und eine Flasche dickes, perlmuttfarbenes Shampoo. Diese Leute verstanden zu leben. Es war wie in einem feinen Hotel.
    Sie wusch sich langsam Haar und Körper und genoß jede M i nute; sanft schäumte sie sich am ganzen Leibe ein und ließ sich dann ins Wasser sinken, um Seife und Shampoo abz u spülen. Vielleicht könnte sie das Haus in der Amelia Street irgendwie restaurieren, ohne all die neuen Besen der Familie einzuladen. Vielleicht konnte sie Onkel Michael erklären, daß die Sache vorsichtig und in aller Stille angegangen werden mußte, daß er nicht über Patrick und Alicia reden durfte, daß sowieso alle Bescheid wüßten. Aber was würden sie machen, wenn die uralte Evelyn anfinge, den Handwerkern zu erklären, sie sollten nach Hause gehen, oder sie dürften keine lärme n den Werkzeuge benutzen?
    Es war ein wohliges Gefühl, sauber zu sein. Wieder dachte sie an Michael, den schlafenden Riesen dort im Bett der Hexe.
    Sie stand auf und langte nach dem Handtuch, um sich rauh das Haar abzutrocknen; sie warf es nach vorn und wieder zurück und genoß dabei die Freiheit des Nacktseins. Dann stieg sie aus der Wanne. Das weiche, saubere Flanellhemd fühlte sich behaglich und sicher an, obwohl es natürlich zu lang war. Sie würde es eben hochraffen, wie ein kleines Mädchen auf einem altmodischen Bild. So fühlte sie sich darin. So fühlte sie sich auch mit der Schleife. Kleines, altmodisches Mädchen – das war ihre Lieblingsverkleidung, so sehr, daß es überhaupt keine Verkleidung war.
    Noch einmal rubbelte sie sich heftig das Haar, und dann nahm sie die Bürste von der Kommode, betrachtete sich einen A u genblick lang im Spiegel und fing an, sich das Haar kräftig aus der Stirn und hinter die Ohren zu bürsten, damit es so orden t lich trocknete, wie es sollte.
    »Onkel Julien, die Stunde ist gekommen«, flüsterte sie und schloß fest die Augen. »Gib mir einen Hinweis. Wo soll ich das Victrola suchen?« Sie wippte hin und her wie Ray Charles und versuchte, aus all den verblaßten Träumen ein lebendiges Bild zu erhäschen.
    Ein dünner, ferner Klang kam durch das Tosen der Gasheizung an ihr Ohr, eine Melodie, die sie kaum hören konnte. Geigen? Der Klang war zu dünn, als daß man Instrumente hätte erkennen können, aber es waren viele, und es war… es war… Sie öffnete die Badezimmertür. Weit, weit weg, aber es war der Walzer aus La Traviata. Es war… die Sopranstimme. Sie fing an mitzusummen, es war unwiderstehlich, aber dann konnte sie nichts mehr hören! Mein Gott, wenn das Victrola nun unten im Wohnzimmer war!
    Sie tappte barfuß, das Handtuch wie einen Schal um die Schultern gelegt, in den Flur hinaus und spähte über das G e länder nach unten. Ganz deutlich hörte sie die

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