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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Hause kommt und dich hier findet, wie du mit mir über Sex und Politik pla u derst?«
    »Deine Frau Rowan kommt nicht nach Hause«, sagte sie und bereute es sofort. Sie hatte nicht vorgehabt, etwas so Bedro h liches, so Deprimierendes zu sagen. »Ich meine… sie ist…«
    »Sie ist was, Mona? Sag’s mir.« Er sprach leise und todernst. »Was weißt du? Sag mir, was in deinem kleinen Mayfair-Herzen ist. Wo ist meine Frau? Zeig mir ein bißchen Hexe n kunst.«
    Mona seufzte. Sie bemühte sich, ebenso gedämpft und leise zu sprechen wie er. »Das weiß niemand«, sagte sie. »Sie h a ben reichlich Angst, aber niemand weiß etwas. Und ich habe das Gefühl, daß sie… sie ist nicht tot, aber… na ja, vielleicht wird es nie wieder so sein wie früher.« Sie schaute ihn an. »Weißt du, was ich meine?«
    »Du hast kein gutes Gefühl, wenn du an sie denkst? Daß sie noch einmal zurückkommt? Das willst du doch sagen.«
    »Ja, irgendwie schon. Aber ich weiß ja auch nicht genau, was hier Weihnachten passiert ist – nicht, daß ich dich auffordern möchte, es mir zu erzählen. Eins kann ich dir immerhin sagen. Ich halte dein Handgelenk fest, nicht wahr? Wir sprechen über das alles, und du machst dir Sorgen um sie, und dein Puls ist prima. So krank bist du gar nicht. Sie haben dich unter Drogen gesetzt. Was du brauchst, ist eine Entgiftung.«
    Er seufzte und machte ein resigniertes Gesicht.
    Sie beugte sich vor und küßte ihn auf den Mund. Die Verbindung war auf der Stelle da. Es erschreckte sie ein bißchen, und es erschreckte sogar ihn. Aber danach kam nicht mehr viel. Dafür sorgten die Medikamente; es war, als wickelten sie den Kuß in eine Wolldecke.
    Das Alter machte einen so großen Unterschied aus. Einen Mann zu küssen, der schon tausendmal mit einer Frau im Bett gewesen ist, war etwas ganz anderes, als einen Jungen zu küssen, der es vielleicht gerade zweimal getan hatte. Die ga n ze Maschinerie war da. Sie brauchte nur einen stärkeren Stromstoß, um sie einzuschalten.
    »Langsam, Honey, langsam«, sagte er sanft, faßte sie bei der linken Schulter und schob sie zurück.
    Fast tat es plötzlich weh, daß dieser Mann nun da war und sie ihn wahrscheinlich nicht dazu bringen konnte, zu tun, was sie wollte, und daß es ihr vielleicht nie gelingen würde.
    »Ich weiß, Onkel Michael. Aber du mußt verstehen, daß wir unsere Familientraditionen haben.«
    »Ist das wahr?«
    »Onkel Julien hat in diesem Haus mit meiner Urgroßmutter geschlafen, als sie dreizehn war. Deshalb bin ich so clever.«
    »Und so hübsch«, sagte er. »Aber ich habe auch etwas von meinen Vorfahren geerbt. Man nennt es eine moralische Ader.« Er zog die Brauen hoch und lächelte sie langsam an; jetzt nahm er ihre Hand und tätschelte sie, als wäre sie ta t sächlich ein Kätzchen oder ein kleines Kind.
    Am besten, sie zog sich zurück. Er sah jetzt benommener aus als zu Anfang. Es kam ihr wirklich falsch vor, jetzt zu versuchen, ihn an sich zu ziehen. Zugleich empfand sie schmer z liches Verlangen nach ihm. Es war wirklich so; sie sehnte sich nach Intimität mit ihm und nach der ganzen Welt der Erwac h senen, die er für sie verkörperte. So in der Kindheit gestra n det, fühlte sie sich plötzlich wie eine Mißgeburt und war sehr verwirrt. Sie hätte weinen können.
    »Eigentlich könnte ich dich im vorderen Schlafzimmer unterbringen«, sagte er. »Rowans Zimmer. Willst du da schlafen? Es ist ein hübsches Zimmer.« Seine Stimme klang gepreßt. Er hatte die Augen beim Sprechen geschlossen. Zärtlich stre i chelte er ihre Hand.
    »Das vordere Schlafzimmer ist mir recht«, sagte sie.
    »Es sind ein paar Flanellnachthemden da drin. Sie gehören Rowan. Ich habe sie ihr geschenkt. Sie werden dir zu lang sein. Aber Moment mal, vielleicht ist Tante Viv noch wach. Vielleicht sollte ich ihr sagen, daß du hier bist.«
    »Tante Viv ist draußen bei Tante Cecilia«, sagte sie und wagte es, seine Hand noch einmal zu drücken. Sie fühlte sich al l mä h lich ein wenig wärmer an. »Sie sind famose Freundinnen geworden, Tante Viv und Tante Cecilia. Ich glaube, Viv ist i n zwischen eine Ehren-Mayfair.«
    »Aaron. Aaron ist im zweiten Schlafzimmer.« Es hörte sich an, als denke er laut.
    »Aaron ist bei Tante Bea. Er und Tante Bea haben was miteinander. Sie sind in seine Suite im Pontchartrain gegangen, weil sie viel zu wohlerzogen ist, um ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen.«
    »Ist das wahr? Bea und Aaron. Du liebe Güte, das habe ich gar nicht

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