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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sie. Er hatte vor nichts Angst. Er war nur erregt und durcheinander und erschrocken von der Vision; er sah sie auch, er mußte sie sehen, und er hörte die Musik, und als sie näherkam und neben ihm auf das Sofa sank, drehte er sich um und sah sie an. Seine Augen standen weit offen vor Erstaunen. Sie drückte ihren Mund auf den se i nen, zog ihn zu sich herunter, und mit einem Knall war die Verbindung hergestellt, und die Kettenreaktion durchzuckte sie. Sie hatte ihn. Er gehörte ihr.
    Er wich für einen Augenblick zurück, als wolle er sie noch einmal ansehen und sich vergewissern, daß sie auch da war. Seine Augen waren immer noch durchwölkt von den Drogen. Vielleicht halfen sie ihm jetzt auch, indem sie sein edles kath o lisches Gewissen einschläferten. Sie küßte ihn noch einmal, schnell und ein bißchen feucht, und dann griff sie ihm zw i schen die Beine. Ah, er war bereit!
    Seine Arme umschlossen sie, und er gab einen leisen Klagelaut von sich, der sehr zu ihm paßte – als wolle er sagen: zu spät, oder: Gott verzeih mir. Fast war es, als könnte sie die Worte hören.
    Sie zog ihn auf sich herunter und versank tief im Polster des Sofas; sie roch Staub, während der Walzer anschwoll und der Sopran immer weiter sang. Sie streckte sich unter ihm aus, als er sich beschützerisch aufrichtete, und dann fühlte sie seine Hand, die auf betörende Weise ein wenig zitterte, als sie unter dem Flanell hinauffuhr und ihren nackten Bauch und dann ihren nackten Schenkel berührte.
    »Du weißt, was da noch ist«, flüsterte sie und zog ihn hart auf sich herunter. Aber er hielt die Hand vor sich und drang damit leicht in sie ein, und das weckte sie auf, als löse es eine Alarmanlage aus, und sie fühlte ihre eigenen Säfte an ihren Beinen hinunterlaufen.
    »Komm schon, ich kann mich nicht mehr zurückhalten«, sagte sie und fühlte, wie die Hitze ihr Gesicht überflutete. »Gib’s mir.« Es klang wahrscheinlich wild, aber das kleine Mädchen konnte sie keinen Augenblick länger spielen. Er drang mit e i nem köstlichen Schmerz in sie ein und begann dann mit einer Kolbenbewegung, daß sie den Kopf in den Nacken warf und beinahe schrie. »Ja, ja, ja.«
    »Okay, Molly Bloom!« stieß er mit heiserem Flüstern hervor, und sie kam und kam und kam – knirschte mit den Zähnen, konnte es kaum ertragen, stöhnte und schrie dann mit z u sammengepressten Lippen – genau wie er.
    Sie fiel zur Seite, außer Atem, naß am ganzen Körper, als w ä re sie Ophelia, und sie hätten sie eben gefunden im blütenübersäten Bach. Ihre Hand war in sein Haar gekrallt, zerrte daran, zu fest womöglich. Dann ließ ein kreischendes Geräusch sie zusammenfahren, und sie öffnete die Augen.
    Jemand hatte die Victrola-Nadel von der Schallplatte genommen. Sie drehte sich um, und er ebenfalls, und beide starrten sie die gebeugte kleine Gestalt Eugenias an. Das schwarze Hausmädchen stand grimmig neben dem Tisch, die Arme verschränkt, das Kinn vorgereckt.
    Und plötzlich war kein Victrola mehr da. Das Sofa war damastbezogen. Das matte Licht war elektrisch.
    Und Eugenia stand neben keinem Tisch, sondern hatte sich nur selbstgerecht in Positur gestellt, unmittelbar den beiden gegenüber, die ineinander verknäult auf dem Sofa lagen, und sie sagte: »Mr. Mike, was glauben Sie, was Sie mit diesem Kind hier tun?«
    Er war verblüfft, bestürzt, beschämt, verwirrt, wahrscheinlich bereit zum Selbstmord. Er stieg von ihr herunter, zog die Ko r del an seinem Baumwollpyjama stramm und starrte erst E u genia, dann sie an.
    Es war Zeit, sich wie eine Mayfair zu benehmen. Zeit, sich als Juliens Urenkelin zu zeigen. Sie stand auf und ging auf die alte Frau zu.
    »Du willst deinen Job in diesem Haus behalten, Eugenia? Dann geh sofort hinauf in dein Zimmer und mach die Tür zu.«
    Das dunkle, runzlige Gesicht der alten Frau erstarrte für einen Moment in bewußter Empörung und wurde gleich darauf sanft, als Mona ihr in die Augen schaute. »Tu, was ich dir sage. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Mona tut, was Mona will. Mona ist gut für Onkel Michael, und das weißt du! Jetzt geh!«
    War sie verzaubert oder nur überwältigt? Egal. Hexenmacht war Hexenmacht. Die Frau gab nach. Sie gaben immer nach. Es war beinahe ein feiger Akt, sie zu zwingen, ihr zu geho r chen, und sie auf diese Art niederzustarren. Aber sie mußte es tun.
    Eugenia senkte unsicher den Blick; sie hastete mit verrückten, verrenken, neurotischen Schritten aus dem Zimmer und lief raschelnd

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