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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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einzuschlagen. Ihr Urgroßvater Tobias kam und drohte. Sein Sohn Walker stand brüllend vor dem Tor. Ich weiß nicht, wie viele andere noch kamen oder was sie sagten, oder auch nur, wo die Streitereien alle stattfanden. Ich glaube, ich hörte, wie Mary Beth auf der Treppe ihre Tochter Carlotta anschrie. Ich glaube, Richard klopfte tausendmal an meine Tür, nur um sich von mir sagen zu lassen, es sei alles in Ordnung.
    Wir lagen zusammen im Bett, das Kind und ich. Ich wollte ihr nicht weh tun. Auch kann ich ihr nicht vorwerfen, was geschah. Lassen Sie mich nur sagen: Wir versanken in den sanftesten Liebkosungen, und lange Zeit herzte und beschützte ich sie und versuchte, die tiefe Kälte ihrer Angst und Einsamkeit zu vertreiben. Und – Narr, der ich war – ich glaubte, daß Zärtlichkeit bei mir nun ungefährlich sei.
    Aber ich war immer noch zu sehr Mann für etwas so Schlichtes und Einfaches. Ich gab ihr Küsse, bis sie wußte, daß sie sie haben mußte, und sich mir öffnete.
    Die lange Nacht hindurch lagen wir beieinander und sinnierten noch, wenn alle anderen Stimmen längst erstorben waren. Sie sagte, meine Dachkammer gefalle ihr besser als ihre Dachkammer, und ich wußte in meiner Trauer, daß ich sehr bald in dieser Kammer sterben würde.
    Ich brauchte es ihr nicht zu sagen. Ich fühlte ihre weiche Hand auf meiner Stirn, die versuchte, sie zu kühlen. Ich spürte das seidige Gewicht ihrer Handfläche auf meinen Lidern.
    Und immer wieder sagte sie die Worte des Gedichtes. Und ich sprach sie mit, bis ich jede Strophe kannte.
    Als der Morgen graute, brauchte sie mich nicht mehr zu verbessern. Ich wagte aber nicht, es aufzuschreiben. Meine böse Mary Beth würde es verbrennen, sagte ich ihr. Sag es den ändern. Sag es Carlotta. Sag es Stella. Aber mein Herz tat weh. Was würde es schon bewirken? Was würde geschehen? Was konnten die Worte des Gedichtes bedeuten?
    »Ich habe dich traurig gemacht«, sagte sie sanft.
    »Kind, ich war schon traurig. Du hast mir Hoffnung gegeben.«
    Ich glaube, es war spät am Donnerstag nachmittag, als Mary Beth schließlich die Tür aus den Angeln stemmte und eindrang.
    »Nun, sie werden die Polizei herschicken«, sagte sie als Entschuldigung, überaus sachlich und ohne Dramatik. Es war ihre Art, die Dinge zu behandeln.
    »Dann sag ihnen, sie dürfen sie nicht wieder einsperren. Sie soll kommen und gehen können, wie sie will. Ruf jetzt Cortland in Boston an.«
    »Cortland ist hier, Julien.«
    Ich rief Cortland zu mir.
    Nun, dieser Sohn war mein Stolz und meine Freude, wie ich gesagt habe, der älteste und gescheiteste meiner Söhne, und all die Jahre hindurch hatte ich versucht, ihn zu beschützen vor dem, was ich wußte. Aber er war zu gerissen, um sich ganz und gar schützen zu lassen, und für mich war er jetzt von seinem Podest gefallen, und ich war zu erbost, um ihn nicht für das zu verurteilen, was aus dem Mädchen geworden war.
    »Vater, ich wußte es doch nicht, das schwöre ich dir. Und selbst jetzt glaube ich es nicht. Ich würde Stunden brauchen, um dir die Geschichte jener Nacht zu erzählen. Ich könnte schwören, daß Barbara Ann mir etwas ins Glas getan hat, um mich zur Raserei zu bringen. Sie schleppte mich hinaus in den Sumpf. Wir waren zusammen im Boot, und das ist alles, woran ich mich noch erinnern kann – und daß sie teuflisch und seltsam war. Ich schwöre es, Vater. Als ich aufwachte, lag ich im Boot. Ich fuhr hinauf nach Fontrevault, und sie ließen mich nicht hinein. Tobias holte sein Schrotgewehr. Er sagte, er würde mich umbringen. Ich ging nach St. Martinville, um zu Hause anzurufen. Ich schwöre es. Das ist alles, was ich noch weiß. Wenn sie mein Kind ist, tut es mir leid. Aber sie haben es mir nie gesagt. Anscheinend wollten sie nicht, daß ich es weiß. Von jetzt an werde ich mich um sie kümmern.«
    »Das ist alles gut und schön«, erwiderte ich. »Aber du hast gewußt, daß sie zur Welt kam. Du hast die Gerüchte gehört. Sieh zu, daß dieses Kind nie wieder gefangengehalten wird, hörst du? Daß sie alles hat, was sie braucht, daß sie anderswo zur Schule geht, weit weg von hier, wenn sie will, und daß sie ihr eigenes Geld hat!«
    Ich wandte ihnen den Rücken zu. Ich wandte der Welt auch den Rücken zu. Ich gab keine Antwort, als er mit mir sprach. Ich dachte an Evelyn und daran, wie sie ihr Schweigen beschrieben hatte, und es schien mir eine erheiternde Macht zu verleihen, dazuliegen und ihnen keine Antwort zu geben, sie glauben zu lassen,

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