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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Mutant. Wir wissen inzwischen, daß Edith und Alicia Fehlgeburten hatten. Die oberflächlichen Autopsien haben ergeben, daß dieses Individuum dafür verantwortlich war. Wir wissen, daß die embryonale Entwicklung in mindestens zwei Fällen ungeheuer beschleunigt war und daß die Mütter innerhalb weniger Stunden nach der Empfängnis in einen Schock verfielen. Wir rechnen jeden Augenblick damit, daß Houston uns in den Fällen Lindsay und Clytee ähnliche Befunde übermittelt.«
    »Okay«, sagte Mona. »Vier Tote hier, zwei in Houston. Die in Houston sind später gestorben.«
    »Mehrere Stunden später«, sagte Randall. »In der Zeit kann das Individuum leicht ein Flugzeug nach Houston genommen haben.«
    »Es ist also keine übernatürliche Instanz beteiligt«, sagte Pierce. »Wenn es ›der Mann‹ ist, dann ist der Mann Fleisch geworden, wie meine Mutter gesagt hat, und dann muß der Mann sich von Ort zu Ort bewegen wie jeder andere Mensch auch.«
    »Wann hat deine Mutter dir gesagt, daß es der Mann ist?«
    »Entschuldigung«, sagte Ryan leise, »aber das hat Gifford vor einiger Zeit gesagt. Sie wußte eigentlich nicht mehr als wir alle. Es war eine Spekulation. Halten wir uns an das, was wir wissen. Wie Randall schon sagte: Es handelt sich um ein Individuum.«
    »Ja«, sagte Randall und übernahm sofort wieder das Kommando. »Und wenn wir unsere Informationen mit dem verknüpfen, was Lightner und Dr. Larkin aus Kalifornien sagen, dann haben wir allen Grund zu der Annahme, daß dieses Individuum ein einzigartiges Genom aufweist. Es hat zweiundneunzig Chromosomen in einer Doppelhelix, die der menschlichen entspricht – aber das sind, um es ganz einfach zu sagen, doppelt so viele Chromosomen wie bei einem Menschen. Und wir wissen, daß die Enzyme und Proteine in seinem Blut und seinen Zellen anders sind.«
    Pierce konnte nicht aufhören, an seine Mutter zu denken. Er wurde das Bild nicht los, wie sie im Sand lag: Hatte sie Angst gehabt? Hatte dieses Ding ihr weh getan? Und wie war sie zum Wasser gekommen? Er starrte vor sich auf die Tischplatte.
    Randall redete.
    »Es ist befreiend, zu begreifen«, sagte Randall, »daß es ein einzelnes männliches Wesen ist, und zwar eines, das man aufhalten kann. Was immer die Geschichte dieses Wesens sein mag, was für Geheimnisse seine Zeugung, seinen Anfang, oder wie wir es sonst nennen wollen, umhüllen mögen: Es ist ein männliches Wesen, und man kann es ergreifen.«
    »Aber das ist es ja gerade«, sagte Mona. Sie sprach wie immer – als seien alle bereit, ihr zuzuhören. Sie sah so verändert aus mit dem zurückgebundenen roten Haar: jünger und älter zugleich, mit so zarten Wangen und einem so schön konturierten Gesicht. »Es legt es ganz offensichtlich darauf an, mehr als eins zu werden. Und wenn diese Embryonen sich in einem beschleunigten Tempo entwickeln – was ich, beiläufig gesagt, für eine zurückhaltende Formulierung halte -, dann kann dieses Ding jederzeit ein ausgewachsenes Kind zur Welt kommen lassen.«
    »Das stimmt«, sagte Aaron Lightner. »Das stimmt genau. Und wir können nicht annähernd vorhersagen, was die Wachstumsrate dieses Kindes sein wird. Es ist vorstellbar, daß das Kind ebenso schnell reifen wird, wie es das Individuum selbst getan hat, auch wenn es immer noch ein Geheimnis ist, wie es das hat tun können. Es ist denkbar, daß das Wesen sich dann mit diesem Kind paaren wird. Ich möchte sogar annehmen, daß dies der erste Schritt sein wird, da bei allen anderen Versuchen so viele Todesfälle die Folge waren.«
    »Du lieber Gott, Sie meinen, das hat er vor?« rief Anne Marie.
    »Was ist mit Rowan? Hat man was von ihr gehört?« fragte Mona.
    Verneinende Gesten und Laute allenthalben. Nur Ryan machte sich die Mühe, mit dem Mund ein »Nein«, zu formen.
    »Okay«, sagte Mona. »Nun, ich habe euch folgendes zu sagen. Das Ding hätte mich fast erwischt. Es kam so -«
    Sie hatte Pierce die Geschichte in der Amelia Street erzählt, aber als er ihr jetzt zuhörte, merkte er, daß sie gewisse Details wegließ – daß sie mit Michael zusammengewesen war, daß sie nackt gewesen war, daß sie unbekleidet in der Bibliothek geschlafen hatte, und daß das Victrola sie geweckt hatte, nicht das öffnen des Fensters. Er fragte sich, warum sie diese Dinge wegließ. Ihm war, als habe er sein Leben lang den Mayfairs zugehört, wie sie Dinge wegließen. Am liebsten hätte er gesagt: Erzähl ihnen doch, daß das Victrola gespielt hat. Erzähl’s ihnen. Aber

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