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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Baum und starrte ins Dunkel und ins Grün. Mutter hatte Emaleth nicht einmal mehr gehört. Mutter konnte nichts hören. Ach, wenn sie doch nur nicht von Vater weggelaufen wären.
    Aber sie würde ihn finden. Sie mußte. Sie waren die beiden einzigen auf der Welt. Und Michael. Michael war Mutters Freund. Michael würde ihr helfen. Mutter hatte gesagt: »Geh zu Michael. Tu das zuallererst.« Das waren ungefähr die letzten Worte von Mutter gewesen. Geh zu Michael, zuallererst.
    So oder so, sie gehorchte Vater, oder sie gehorchte Mutter.
    »Und ich werde dich suchen«, hatte er gesagt.
    Es dürfte nicht allzu schwierig sein, und das Gehen machte Spaß.

 
22

    Um neun Uhr waren sie im Büro im obersten Stock des Mayfair Building versammelt – Lightner, Anne Marie, Lauren, Ryan, Randall und Fielding.
    Als Pierce mit Mona hereinkam, beschwerte sich niemand, aber es war auch niemand überrascht; trotzdem starrten alle sie an. Das war nur natürlich, denn niemand hatte sie je in einem blauen Wollkostüm gesehen, und dieses hier – es war von ihrer Mutter – war ihr auch ein bißchen zu groß, wenn auch nicht zu sehr. Sie sah jetzt Jahre älter aus, aber das lag ebenso an ihrem Gesichtsausdruck wie am Verlust der kindlichen Locken und der Haarschleife. Sie trug hochhackige Schuhe, die ganz gut paßten, und Pierce bemühte sich, nicht auf ihre Beine zu starren, die sehr schön waren.
    Was die ändern irgendwann würden verstehen müssen, war dies: Mona hatte das Kommando übernommen. Pierce war eben mit der Nachricht in die Amelia Street gekommen, daß sämtliche Mayfairs benachrichtigt würden; sogar mit Verwandten im fernen Europa nahm man Kontakt auf. Er bildete sich ein, die Sache weitgehend unter Kontrolle zu haben. Tatsächlich war das alles irgendwie merkwürdig aufregend; es war die Aufregung, die der Tod bringt, wenn alles plötzlich unterbrochen wird. So, dachte sich Pierce, war es vielleicht am Anfang eines Krieges, bevor Leid und Tod alles in Verzweiflung rissen.
    Wie dem auch sei, als sie angerufen hatten, um ihm zu sagen, daß Mandy Mayfair tot sei, da hatte er nicht antworten können. Mona war neben ihm gewesen. »Gib mir das Telefon«, hatte sie gesagt.
    Mandy Mayfair war heute gegen zwölf gestorben, also genau zwischen Edith und Alicia. Mandy war offenbar gerade dabei gewesen, sich für Giffords Beerdigung anzuziehen. Ihr Gebetbuch und ihr Rosenkranz hatten auf dem Bett gelegen. Die Fenster zum Garten ihres Apartments im French Quarter hatten weit offengestanden. Jeder hätte über die Gartenmauer klettern können. Aber nichts weiter wies darauf hin, daß irgend etwas faul war, hieß es, oder daß jemand mit Gewalt eingedrungen sein könnte. Mandy hatte mit angezogenen Knien im Bad auf dem Boden gelegen, die Arme um den Leib geschlungen. Rings um sie herum waren Blumen gestreut.
    Pierce zog Mona den Stuhl zurück und schob ihn zurecht, wie es sich für einen Gentleman gehörte, und dann setzte er sich. Aus irgendeinem Grund saß er Randall gegenüber. Aber als Pierce den Ausdruck im Gesicht seines Vaters sah, begriff er. Randall saß am Kopfende des Tisches, weil Randall den Vorsitz führte. Ryan war nicht mehr in der Lage, besonders viel zu tun.
    »Nun, ihr wißt, es ist nicht das, was wir dachten«, sagte Mona.
    Zu Pierce’ Erstaunen nickten alle – das heißt, alle die, die überhaupt noch etwas taten. Lauren sah erschöpft, aber ansonsten ruhig aus. Anne Marie war die einzige, deren Grauen ganz unverhohlen war.
    Die größte Überraschung war vielleicht Lightner. Lightner schaute aus dem Fenster, auf den Fluß dort unten und die beleuchteten Brücken der Crescent City Connection. Er hatte anscheinend gar nicht bemerkt, daß Pierce und Mona hereingekommen waren. Auch jetzt sah er Pierce nicht an. Und Mona auch nicht.
    »Aaron«, sagte Pierce, »ich dachte, Sie könnten uns helfen. Sie könnten uns irgendwie den Weg weisen.« Es kam ihm einfach so über die Lippen, ehe er sich versah. Solche Reden waren es, die ihn ständig in Schwierigkeiten brachten. Sein Vater ermahnte ihn immer: Ein Anwalt sagt nicht, was er denkt! Ein Anwalt überlegt, ehe er redet.
    Aaron wandte sich zum Tisch, verschränkte die Arme und sah erst Mona, dann Pierce an.
    »Warum sollten Sie mir jetzt vertrauen?« fragte er mit ruhiger Stimme.
    »Der springende Punkt ist der«, sagte Randall. »Wir wissen, es handelt sich um ein einzelnes Individuum. Wir wissen, er ist knapp zwei Meter groß. Er hat schwarzes Haar; er ist eine Art

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