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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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an seiner Seite blieb.
    »Das ist die Teufelsglocke«, sagte der Priester. »Sie läutet, um die Teufel und Geister aus dem Tal zu vertreiben, die Sluagh und die Ganfers, und was immer sonst an Bösem im Glen lauert, zu zerstreuen. Um die kleinen Leute aufzuscheuchen, falls sie es gewagt haben, hervorzukommen. Vielleicht wissen sie schon, daß du hier bist. Die Glocke wird uns schützen. Die Glocke wird sie und ihren ganzen unseligen Hofstaat in den Wald treiben, wo sie nur ihresgleichen Böses tun können.«
    »Aber wer sind diese Wesen?« fragte ich flüsternd. »Ich habe Angst vor dem Klang der Glocke.«
    »Nein, Kind, nein!« sagte er. »Es soll dir keine Angst machen. Dies ist die Stimme Gottes. Tu einen Schritt nach dem ändern und folge mir in die Kirche.« Sein Arm umschlang mich warm und stark und drängte mich sanft voran, und wieder küßte er mich auf zarte, kribbelnde Weise auf die Wange.
    »Ja, Father«, sagte ich. Sie war wie Milch für mich, diese Zuneigung.
    Die Kathedrale lag verlassen, und ich hörte die Glocke jetzt deutlicher, denn sie hing hoch oben im Turm; sie sollte ja von den Bergen widerhallen und nicht in die Kirche hinuntertönen.
    Noch einmal küßte er warm mein Gesicht und zog mich dann in die Kapelle des Heiligen. Es war kalt, denn jetzt waren nicht Tausende warmer Leiber in der Kathedrale, und der dunkle Winter drängte sich an die Scheiben.
    »Du bist Ashlar, mein Sohn. Es gibt keinen Zweifel daran. Jetzt sag mir, was du von deiner Geburt in Erinnerung hast.«
    Ich wollte nicht antworten. Entsetzliche Scham überkam mich, wenn ich daran dachte, wie meine Mutter vor Angst geweint hatte, wie ihre Hände mich gestoßen und versucht hatten, mich fortzuschieben, und wie sich meine Lippen um ihre Brustwarze geschlossen und ihre Milch getrunken hatten.
    Ich antwortete nicht.
    »Father, sag mir, wer dieser Ashlar ist«, bat ich statt dessen. »Sag mir, was ich tun soll.«
    »Also gut, mein Sohn, ich will es dir sagen. Du sollst nach Italien geschickt werden, in das Haus unseres Ordens in Assisi, und dort sollst du studieren, um Priester zu werden.«
    Ich bedachte dies, aber in Wahrheit sagte es mir gar nichts.
    »Hierzulande werden gute Priester jetzt verfolgt«, sagte er. »Außerhalb dieses Tales gibt es rebellische Anhänger des Königs und andere, die tollwütigen Lutheraner und ungezähltes andere Gesindel, das uns und unsere große Kathedrale vernichten würde, wenn es könnte. Du bist gesandt, um uns zu retten, aber du mußt ausgebildet und ordiniert werden. Und vor allem mußt du dich der Jungfrau weihen. Du darfst niemals das Fleisch eines Weibes berühren; zum Ruhme Gottes mußt du auf diese Freude verzichten. Denke an meine Worte und vergiß sie niemals: Die Sünde mit den Weibern ist nichts für dich. Tu, was du willst, mit anderen Brüdern. Solange Gott gedient wird – was soll’s? Aber nie darfst du das Fleisch eines Weibes berühren.
    Heute nacht nun stehen Männer bereit, die dich übers Meer bringen sollen. Sie werden dafür sorgen, daß du Italien erreichst. Und dann – wenn Gott uns das Zeichen dafür gibt, daß der Augenblick gekommen ist, oder wenn Gott dir Seinen Willen unmittelbar offenbart -, dann wirst du nach Hause zurückkehren.«
    »Und was soll ich dann tun?«
    »Führe das Volk, führe es im Gebet, lies ihm die Messe, leg den Menschen die Hände auf und heile sie wie früher. Fordere die Menschen zurück von den lutheranischen Teufeln. Sei der Heilige!«
    Das klang wie eine Lüge, wie eine abgrundtiefe Lüge. Oder eher noch wie eine unbezwingbare Aufgabe. Was war Italien? Und warum sollte ich dorthin?
    »Kann ich das denn?« fragte ich.
    »Ja, mein Sohn, du kannst es.« Und wie bei sich, mit einem bösen kleinen Lächeln, fügte er hinzu: »Du bist der Taltos. Der Taltos ist ein Wunder. Der Taltos kann Wunder wirken!«
    »Dann ist beides wahr!« rief ich. »Ich bin der Heilige, und ich bin das Monstrum mit dem seltsamen Namen.«
    »Wenn du in Italien bist«, sagte der Priester, »wenn du in der Basilika des Hl. Franziskus stehst, dann wird der Heilige dir seinen Segen geben, und alles ist dann in Gottes Hand. Die Menschen fürchten den Taltos, aber der Taltos kommt nur einmal in mehreren Jahrhunderten, und es ist immer ein gutes Omen! St. Ashlar war ein Taltos, und darum sagen wir, die wir es wissen, daß er wiederkommen wird.«
    »Dann bin ich etwas anderes als ein sterblicher Mensch«, sagte ich. »Und du verlangst von mir, zu erklären, daß ich diesen

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