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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Heiligen nachäffen werde.«
    »Ah, du bist sehr gescheit für einen Taltos«, sagte er. »Und doch hast du die göttliche Einfalt, das gute Herz. Aber ich will es deinem so reinen Herzen einmal anders nahe bringen. Du hast die Wahl. Verstehst du? Du kannst der böse Taltos und du kannst der Heilige sein! Hätte ich doch eine solche Wahl! Wäre ich doch nicht dieser schwache Priester in einem Zeitalter, da Priester von König Edward von England verbrannt oder gevierteilt werden oder noch Schlimmeres zu gewärtigen haben! Just heutigen Tags erhält Luther in Deutschland seine Offenbarungen von Gott, während er auf dem Abort hockt und dem Teufel seine Exkremente ins Gesicht schleudert! Ja, das ist Religion. Das ist aus ihr geworden. Würdest du nach dem Glen streben, nach Dunkelheit und einem Leben des Betteins und des Grauens? Oder willst du unser Heiliger sein?«
    Ohne auf meine Antwort zu warten, sagte er in leisem, traurigen Ton: »Wußtest du, daß Sir Thomas More persönlich in London hingerichtet wurde? Man hat ihm den Kopf abgeschlagen und auf der London Bridge auf eine Stange gesteckt! So wollte es die Hure des Königs haben!« sagte er. »So stehen die Dinge.«
    Ich wollte wegrennen, und ich fragte mich, ob ich es könnte. Seine Worte verwirrten und quälten mich, aber als ich an den Wald ringsum und an das Tal dachte, war meine Angst so groß, daß ich mich nicht bewegen konnte. Eine grausige Furcht stieg aus mir herauf, die mein Herz pochen und meine Hände feucht werden ließ.
    »Ein Taltos ist nichts«, sagte er und beugte sich dicht zu mir herüber. »Geh in die Wälder, wenn du ein Taltos sein willst. Das kleine Volk wird dich finden. Sie werden dich gefangen nehmen und versuchen, mit dir eine Legion von Riesen zu machen. Aber das wird nicht geschehen. Es kann nicht geschehen. Deine Nachkommenschaft wird monströs oder sie wird gar nichts sein. Aber ein Heiliger! Guter Gott, du kannst ein Heiliger werden!«
    Ah, das kleine Volk, ja. Ich starrte ihn an und bemühte mich, ihn zu verstehen.
    »Du kannst ein Heiliger werden!«
    Ein paar Männer waren in die Kathedrale gekommen, schwer bewaffnet und mit Pelzen bedeckt. Er gab ihnen seine Anweisungen in lateinischer Sprache, die ich damals kaum verstand. Ich wußte nur, daß ich »übers Meer« nach Italien gebracht werden sollte. Und daß ich ein Gefangener war. Von Entsetzen erfüllt stand ich da, und in meiner Verzweiflung wandte ich mich dem Fenster des Hl. Ashlar zu, als könne er mich von alldem erretten.
    Ich schaute zu dem bunten Glasfenster hinauf, und in diesem Augenblick ereignete sich ein schlichtes Wunder. Die Sonne war aufgegangen, aber obgleich ihre Strahlen das Fenster noch nicht erreichten, erfüllte ein großes, schwellendes Licht es mit lebhaften und wunderschönen Farben. Der Heilige erwachte in stillem Feuer zum Leben. Er lächelte auf mich herab; seine dunklen Augen brannten im Glas, seine Lippen waren rosig, seine Gewänder rot. Ich wußte, daß der Sonnenaufgang diesen Eindruck hervorzauberte, aber ich konnte dennoch den Blick nicht abwenden.
    Ein grenzenloser Friede erfüllte mich.
    Ich dachte an das Grausen im Antlitz meiner Mutter, an ihre Schreie, die in der kleinen Kammer widerhallten. Ich sah, wie die große Sippe des Clans von Donnelaith vor mir davonhuschte wie ein Heer von schwarzen Ratten!
    »Sei der Heilige!« raunte der Priester mir zu.
    Und in diesem Augenblick wurde mir das Gelübde klar, wenngleich ich nicht den Mut hatte, die Worte auszusprechen.
    Ich starrte zum Fenster hinauf und prägte mir das Bild des Heiligen in allen Einzelheiten ein. Ich sah, daß er barfuß auf den hingestreckten Leibern der kleinen Leute stand… der Ganfers, der Sluagh und der Dämonen der Hölle. Und siehe, in der Hand hielt er einen Stab, und mit dem Ende des Stabes durchbohrte er den Leib des Teufels. Ich studierte die gut gezeichneten Gestalten der Zwergenleute. Ich hörte mein Herzklopfen.
    Das Licht im Fenster hatte weiter zugenommen, so daß die bunten Farben zu glühen begannen. Der Heilige war aus lauter Edelsteinen! Eine schimmernde Vision von funkelndem Gold, tiefstem Blau, Rubinrot und gleißendem Weiß.
    »St. Ashlar!« wisperte ich.
    Die bewaffneten Männer packten mich.
    »Geh mit Gott, Ashlar. Gib deine Seele Gott dem Herrn, und wenn der Tod wiederkommt, dann wirst du Frieden finden.«
    Das war meine Geburt, Gentlemen. Das war meine Heimkehr. Und jetzt will ich euch erzählen, was dann folgte, und wie hoch ich gelangen

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