Tanz der Hexen
Grauen erfüllt starrte ich ins Feuer, und gerade noch war mir bewußt, daß es mich verzehren könnte, daß ich unaussprechliche Schmerzen leiden würde, wenn man mich hineinwürfe, und daß ich nicht mehr leben würde. Mir war, als gellten mir die Schreie Tausender in den Ohren, die litten und starben. Aber als meine Angst den Höhepunkt erreichte, verging die Erinnerung ins Nichts, und es blieb nur das heftige Zittern meines Körpers, die Anspannung meiner Hände.
Der Priester umschloß mich mit seinen Armen und führte mich aus der Halle. »Ihr werdet nicht zerstören, was Gott gemacht hat.«
Fast weinte ich bei der Berührung seiner warmen Arme, die mich führten.
Der Priester und mein Vater geleiteten mich zur Burg hinaus, und der Laird kam mit; er beäugte mich voller Mißtrauen. Wir gingen hinunter zur Kathedrale. Es schneite immer noch ein wenig. Überall kamen Leute an uns vorbei, in Wollzeug und Pelze gehüllt. Es war fast unmöglich zu erkennen, wer Mann war und wer Frau, so vermummt waren sie, so gebeugt gingen sie in der Kälte. Einige waren klein wie Kinder, aber ich sah, daß ihre Gesichter alt und knorrig waren.
Die Kathedrale war offen und voller Lichter, und die Leute sangen. Als wir näherkamen, sah ich, daß auch hier das gleiche Grün in die großen Bogenportale gestreut war. Der Gesang schwoll zu unglaublicher Schönheit an. Ein Duft von grünem Kiefernholz erfüllte die Luft. Köstlicher Rauch wehte im Wind.
Der laute Gesang im Innern klang jubilierend und fröhlich -festlicher, schriller und triumphierender, als es der Gesang der Mönche gewesen war. Nicht sein gleichmäßiger Rhythmus packte mich, sondern die allgemeine Begeisterung. Es trieb mir die Tränen in die Augen.
Wir reihten uns in den Strom derer ein, die in die Kirche strebten, und gottlob gelangten wir nur langsam voran, denn wegen des Gesangs konnte ich kaum mein Gleichgewicht halten. Der Laird, der sich seinen wollenen Mantel vors Gesicht gezogen hatte, mein Vater, der seine Pelze nie abgelegt hatte, und der Priester, der in der Kälte seine Kapuze hochgeschlagen hatte – diese drei stützten mich, erstaunt über meine Schwäche, und mühelos halfen sie mir Schritt für Schritt voran.
Der ungeordnete Strom der Pilger wälzte sich träge durch das gewaltige Kirchenschiff, und obgleich die Musik mich ablenkte, überwältigte mich das Staunen ob der ungeheuren Größe und Tiefe der Kirche. Denn nichts, was ich bisher gesehen hatte, kam diesem Gebäude an Anmut und Höhe gleich. Die Fenster waren unglaublich hoch und schmal, und die verzweigten Bögen des Daches schienen von Göttern geschaffen. Am hinteren Ende, hoch über dem Altar, war ein Fenster, das aussah wie eine Blume. Tatsächlich glaubte mein neugeborener Verstand, daß Menschen dies nicht geschaffen haben konnten. Endlose Ehrfurcht und Verwirrung überwältigten mich.
Endlich, als wir uns dem Altar näherten, sah ich, was vor uns lag: ein großer Stall voller Heu, und dort eine muhende Kuh und ein Ochse und ein Esel. Die Tiere scharrten unruhig an ihren Fesseln, und der warme, dampfende Geruch ihrer Exkremente stieg aus dem Heu empor. Vor ihnen standen ein Mann und eine Frau, ganz und gar aus leblosem Stein gehauen. Ja, sie waren nur Symbole. Ihre Augen waren gemalt, und ihre Haare ebenfalls. Und zwischen ihnen in einem winzigen Bett lag ein menschlicher Säugling, aus Marmor wie der Mann und die Frau, aber runder und glänzender, mit lächelnden Lippen und Augen aus funkelndem Glas.
Das war ein Wunder für mich; ich habe euch ja schon erzählt, daß die Augen des Priesters mich an funkelnde Juwelen denken ließen, und jetzt, da ich die künstlichen Augen dieses Kindes sah, verwirrte mich dieser Zusammenhang und schlug mich in seinen Bann.
Die Musik durchdrang alle diese Gedanken, ja, es ließ sie traumartig und langsam und ungewiß erscheinen, doch dann, in einem tiefen, traurigen Augenblick, erkannte ich die Wahrheit.
Ich wußte ohne eine Spur von Zweifel, daß ich niemals ein solches neugeborenes Kind gewesen war; alle diese Menschen waren Kinder gewesen, und meine Größe und meine Sprachfertigkeit hatten meine Mutter in Angst und Schrecken versetzt. Ich war ein Ungeheuer. Ich fühlte es in seinem ganzen Ausmaß, erinnerte mich vielleicht an das, was die von Panik erfaßten Frauen bei meiner Geburt geschrien hatten. Ich wußte es. Ich wußte, ich war kein Mensch.
Der Priester forderte mich auf, niederzuknien und das Kind zu küssen; dies sei der
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