Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
kümmerten sich zwölf Tage lang um den Burggraben, während die anderen tausend sich mit der Rinne und der Höhle befaßten, in der Jack die Quelle vermutete.
Am achten Tag standen der Leutnant und der Fürst am
Rand des Burggrabens und inspizierten die Anlage. Ein tiefes, noch trockenes Flußbett war freigeräumt worden. Graugrüne Felsplatten bedeckten Wände und Boden des Grabens, die auf überaus geschickte Weise nahtlos zusammengefügt worden waren. Sogar Muster von eigentümlicher Schönheit ließen sich darin erkennen. Obwohl die Erbauer keinen Mörtel verwendet hatten, erwiesen sich die Platten als so dicht und fest auf- und ineinandergefügt, daß Belial nicht einmal eine Messerklinge dazwischenzuschieben vermochte.
»Kein Maurer könnte heute ein solches Kunstwerk ohne Mörtel erschaffen«, bemerkte Magariz leise.
»Ich frage mich, was Jack noch über die Burg weiß, wovon er uns bis jetzt nichts verraten hat«, brummte der Leutnant.
Der Fürst hob den Kopf und sah ihn an. Heute war es nicht so windig, und er hatte auf seinen schweren schwarzen Mantel verzichtet. »Belial, ich sorge mich weniger darum, welche Geheimnisse Sigholt noch bergen mag, als darum, wie wir all die Männer rechtzeitig in die Burg zurückbekommen, wenn die Soldaten oben in der Höhle die Quelle endlich freibekommen haben und das Wasser von den Hügeln herunterschießt. Momentan haben wir nichts, was den Namen Brücke verdiente.«
Der Leutnant hatte das natürlich vorausgeahnt und einen Steg bauen lassen, nachdem seine Männer den Burggraben freigelegt hatten. Aber das schmale Brettergestell konnte nicht einmal einen Reiter tragen. Und wenn die großen Wassermassen heranrauschten, würde es sicher sofort fortgeschwemmt werden.
»Dann sollte ich wohl besser ein paar Soldaten abziehen, um eine richtige Brücke bauen zu lassen. Allerdings habe ich noch keine Ahnung, wo wir die Balken dafür herbekommen sollen.«
Die Männer am Graben waren am Rande der Erschöpfung, und Belial hatte ihnen eigentlich einen Tag freigeben wollen, um sie dann zu den anderen an Rinne und Quelle zu schicken. Aber Magariz hatte recht, eine stabile Brücke wäre erst einmal vordringlicher.
»Das dürfte kein Problem sein«, rief Jack hinter ihnen. Der Wächter war gerade angekommen. Seine Kleider waren mit grauem Steinstaub bedeckt, und er wirkte genauso mitgenommen wie die Soldaten. »Sobald das Wasser fließt, erschafft die Burg sich ihre eigene Brücke.«
»Was?« riefen die beiden Offiziere wie aus einem Mund.
Jack lächelte. »Sigholt ist eine schlaue alte Dame. Die ikarischen Zauberer haben die Burg errichtet. Vertraut ihnen.«
»Und wann kommt das Wasser, Jack? Wie geht die Arbeit in der Höhle voran?«
Der Wächter wischte sich den Schweiß von der Stirn und verschmierte dabei den Staub in seinem Gesicht. »Eure drei Ingenieure haben mir erklärt, daß diejenigen, die die Quelle zugeschüttet haben, einfach eine Wagenladung Steine nach der anderen auf das Loch gekippt haben, aus dem das Wasser sprudelte. Und dann haben sie einfach eine Mauer darum errichtet. Die haben wir aufgeschlagen und darunter nur loses Gestein angetroffen, das wir nur noch herausholen mußten. Wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, das Geröll bis ganz nach unten mit Mörtel zu verbinden, hätten wir vor einem großen Problem gestanden. Aber so haben wir bereits die untersten Schichten erreicht, und die sind feucht. Das Quellwasser hat das untere Gestein erodieren lassen. Was wir oben begonnen haben, bewirkt die Quelle schon seit langem von unten. Irgendwann hätte sie sich sicher von allein befreien können.«
»Und wie lange dauert es jetzt noch?« fragte der Fürst aufgeregt. Er schien es kaum abwarten zu können, das Wasser um die Festung herum strömen und den See wieder gefüllt zu sehen.
»Noch drei Tage, Magariz. Die Männer in der Höhle arbeiten jetzt langsamer, weil sie vorsichtig sein müssen. Die Ingenieure planen sehr sorgfältig. Wenn ihre Berechnungen stimmen, müssen wir nur noch vier Meter Schutt entfernen, und dann bahnt die Quelle sich selbst ihren Weg.«
»Wie sieht es in der Rinne aus?«
»Dürfte morgen geräumt sein.« Jacks Augen strahlten. »In spätestens vier Tagen wird es den See des Lebens wieder geben … und vielleicht kommt dann auch Zecherach wieder zum Vorschein.«
Der Fürst legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wie lange ist es her, seit Ihr sie zum letzten Mal gesehen habt?«
Eine Träne löste sich aus Jacks Augenwinkel
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