Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
und rollte langsam seine Wange hinunter. »Vor über zweitausend Jahren, Magariz. Niemand erträgt es leicht, so lange von seiner Liebsten getrennt zu sein.«
»Auch ich habe geliebt, sie verloren und warte jetzt«, entgegnete der Fürst leise, »und ich hoffe, daß bei mir nicht auch zweitausend Jahre vergehen müssen. Wenn alles gut geht, dürfte es in ein paar Tagen soweit sein.«
Die beiden anderen sahen Magariz neugierig an. Was wollte er damit andeuten? Belial hatte immer geglaubt, der Fürst sei wie er selbst zu sehr mit seinem Beruf verheiratet, um an eine Ehe zu denken. Doch nun hatte es den Anschein, als hielten andere und traurigere Gründe Magariz davon ab, vor den Traualtar zu treten. Dabei konnte ein so ehrenhafter, aufrichtiger und gutaussehender Mann wie der Fürst sich doch bestimmt nicht über mangelnden Zuspruch von Seiten der Frauen beklagen.
»Alles bereithalten!« rief Fulbricht, der älteste von Belials Ingenieuren. »Die Felsen geraten in Bewegung! Alles zurücktreten!«
Die fünf Männer, die tief unten in dem Loch arbeiteten, kletterten jetzt rasch an den Seilen hoch, die man ihnen hinabgelassen hatte. Ein tiefes Grollen im Bauch der Erde schien Fulbrichts Worte bestätigen zu wollen.
»Zieht doch, verdammte Bande!« schrie er die Soldaten an, die an den Seilen zogen, und stellte sich zu einer dieser Gruppen. »Zieht, was Eure Arme hergeben!«
Doch die Götter schienen heute gnädig gestimmt zu sein; denn das Wasser spritzte erst hervor, als alle fünf über den Rand gezogen worden waren. »Alles zurück!« rief der Offizier noch einmal, aber seine Männer brauchten nicht mehr angefeuert zu werden. Alle brachten sich rasch in Sicherheit, während das Wasser sich tosend und schäumend seinen Weg in die Freiheit bahnte und dabei die letzten Geröllstücke mit forttrug.
Fulbricht riß die Augen weit auf, als das Wasser bis an die Decke schoß, sich dann über den Rand des Lochs ergoß und seinen Weg zur Rinne fand. Dampf füllte die ganze Höhle aus – sie hatten eine heiße Quelle freigelegt.
»Axis steh uns bei!« murmelte der Offizier. »Heute abend können wir alle ein Bad nehmen.«
Belial und Magariz standen besorgt am Grabenrand, als das Wasser heranschoß und dabei die Behelfsbrücke mit sich riß.
Jack verhielt sich ganz gelassen, als die Bretter vorbeitrieben. »Faßt Euch, Ihr Herren, und wartet es einfach ab.«
»Worauf sollen wir warten?« rief der Fürst. »Darauf, daß mir jemand ein Stück Seife reicht? Dieser Burggraben ist doch nur zum Baden gut, wenn wir keine Möglichkeit finden, in die Festung zu gelangen.«
Der Wächter lächelte. Ach, wie ungeduldig diese Ebenenbewohner doch waren. »Wartet darauf, bis die hohe Wassertemperatur die Burgmauern durchdrungen hat. Und dann seht genau hin.«
Eine halbe Stunde lang konnten sie nur dastehen und warten. Belial und Magariz zeigten sich zunehmend nervöser. Dunkelrote Schlieren trieben im Wasser. Vermutlich Mineralien, dachte der Leutnant, die aus dem Erdinneren gespült wurden. Verdammt noch mal, worauf warten wir hier eigentlich?
»Jack!« rief er in höchster Erregung. Aber der Wächter brachte ihn mit einem Blick aus seinen grün leuchtenden Augen zum Schweigen.
»Spürt Ihr es denn nicht?« fragte Jack dann. »Sigholt erwacht! Beobachtet das Wasser, das am Tor vorbeifließt.«
Belial starrte hin, sah zuerst nichts und bemerkte dann einen … eine Art feines Gewebe, das sich über der Wasseroberfläche bildete. Noch während er hinstarrte, bildete sich daraus eine feste Steinbrücke, die mit dunkelroten Adern durchschossen war und den ganzen Graben überspannte.
Die Augen traten ihm fast aus den Höhlen. »Was ist denn das?« Mehr bekam er nicht hinaus. An seiner Seite stand Magariz gleichermaßen erstarrt. Die Brücke wirkte fest und breit genug, daß nicht nur Reiter, sondern auch beladene Wagen hinüberkonnten.
Jack winkte dem Fürsten zu. »Überquert sie, und seht, was sich dann tut.«
Magariz warf einen unsicheren Blick auf den Leutnant. Über diese Brücke gehen? Sie konnte sich doch sicher jederzeit wieder in Luft auflösen. Gerade als er den ersten vorsichtigen Schritt auf ihr tun wollte, sprach die Brücke ihn an.
»Seid Ihr aufrichtig?« fragte eine tiefe weibliche Stimme.
Der Fürst wich erschrocken zurück. »Was?«
»Seid Ihr aufrichtig?« fragte die Brücke geduldig.
»Ihr müßt ihr antworten!« drängte der Wächter. »Sie wird Euch diese Frage nur dreimal stellen, und danach dürft Ihr
Weitere Kostenlose Bücher