Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Seite … und natürlich an der meiner Gemahlin.« Seine Stimme klang jetzt wieder ruhiger, aber auch gefährlicher: »Und wenn Ihr mir weiterhin zeigen wollt, wie schlecht Ihr Euch darauf versteht, Befehle zu befolgen, werdet Ihr bald nicht mehr zu kommandieren haben als die Pritschendecke in einer Zelle! Haben wir uns verstanden?«
»Ja, Herr«, murmelte der Jüngling. Wann würde der Herzog ihm endlich eine Armee geben? Wie lange sollte das denn noch dauern? Er unterdrückte aufkommenden Zweifel und tröstete sich mit der Gewißheit, daß alles gut werden würde.
14 Ü BER DIE B ERGPÄSSE
»Zu traurig, daß wir es erleben müssen, wie Eure Eltern nach so vielen Jahren getrennte Wege gehen wollen«, seufzte Morgenstern. »Andererseits spricht ja schon unsere Geschichte dagegen, daß die Sache auf Dauer gutgehen konnte.«
»Was meint Ihr damit?« fragte Axis verwundert. »Ach, mein Lieber, wir Sonnenflieger sind schon eine eigentümliche Familie. Unser Blut schmiedet uns überaus stark zusammen. Wenn wir dann doch jemanden von außen heiraten, nimmt das kein gutes Ende.«
Der Krieger runzelte die Stirn. Heute wollten er, Rivkah, Aschure, Ramu und die beiden Wächter ihren Marsch über die Berge hinunter in die Ebene zu den Awaren antreten und mit ihnen Beltide feiern. »Die Sonnenflieger heiraten untereinander, Großmutter? Wie kann das denn angehen?«
Morgenstern zuckte die Achseln. »Die Sonnenflieger werden nur glücklich, wenn sie ein Familienmitglied heiraten. Nun seht mich nicht so entsetzt an. Noch leidet niemand unter uns an Krankheiten, und bislang ist niemand debil geworden. Na ja, jedenfalls nicht übermäßig«, fügte sie leise und wie zu sich selbst hinzu. »In der Regel heiraten Cousin und Cousine. Eilwolke, mein Gemahl, war ein Vetter ersten Grades. Bei Freierfall und Abendlied, die ja auch heiraten wollten, verhielt es sich ebenso. Diese Heiratspraxis hat uns über viele Jahre stark gehalten.«
»Und diejenigen, die sich mit jemandem von außen vermählen? Was wird aus deren Beziehungen?«
»Na ja, bestenfalls führen sie eine wenig erhebende Ehe. Gemeinhin sind nach einiger Zeit beide kreuzunglücklich miteinander. Rabenhorst gehört natürlich zu den Sonnenfliegern, aber Hellefeder nicht. Sie achten einander, aber ihre Leidenschaft ist längst erloschen. Bei Eilwolke und mir hingegen«, Morgenstern lächelte versonnen, »nun, wir fühlten uns wie unter den Sternen. Wie Freierfall und Abendlied haben wir uns bereits mit dreizehn Jahren zum ersten Mal geliebt.«
»Mit dreizehn?« rief Axis entrüstet. Seine Schwester? Mit Freierfall?
Die Großmutter zog eine ihrer gepflegten Augenbrauen hoch. »Warum denn nicht? Mit dreizehn ist man doch kein Kind mehr. Ob nun Ikarier, Aware oder Acharite, mit dreizehn fangen doch alle an, alles Kindische abzulegen und sich erwachseneren Vergnügungen zuzuwenden. In welchem Alter habt Ihr denn zum ersten Mal eine Schöne mit in Euer Bett genommen?«
Der Krieger errötete, und Morgenstern lachte vergnügt, bevor sie den lieblichen silberhaarigen Kopf zur Seite neigte und ihren Enkel nachdenklich ansah: »Wir sind beide Sonnenflieger, und unser Blut singt stark. Tut bloß nicht so, als könntet Ihr das nicht hören. Habt Ihr Euch bereits zu Beltide für eine Gefährtin entschieden? Sollen wir unser Blut in jener Nacht gemeinsam singen lassen?«
Axis wich zutiefst entsetzt vor ihr zurück.
»Ach«, fuhr Morgenstern mit rauchiger Stimme fort, »bloß weil ich Eure Großmutter bin? Wir beide wären nicht die ersten, und ich kann mir gut vorstellen, daß wir auch nicht die letzten wären.« Sie lächelte schelmisch. »Aber ich fürchte, zu diesem Beltidenfest wird noch nichts aus uns beiden. Eure acharitische Tugend steht Euch noch zu sehr im Weg. Wie bedauerlich.«
Sie ließ sich auf einem Hocker nieder. »Aber ich wollte Euch ja eigentlich erzählen, warum die Ehe von Sternenströmer und Rivkah mit einer Trennung enden mußte. Sie gehört nun einmal nicht zu den Sonnenfliegern. Die beiden haben sich geliebt und viel Leidenschaft für einander entwickelt, aber das Blut Eures Vaters singt eben immerzu und sucht nach jemandem, dessen Blut ebenso singt und ihm antwortet.« Die Großmutter seufzte. »Aber es gibt leider für ihn oder Euch keine Sonnenfliegerfrauen mehr, die noch frei wären. Tja«, fügte sie spitz hinzu und beobachtete ihren Enkel dabei genau, »Sonnenflieger heiraten nun einmal niemanden aus der engeren Familie. So etwas ist ungesund und
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