Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Bornheld.
»Jayme, der erste Berater Moryson, wir vier in diesem Raum, ein oder zwei bei Hof und natürlich meine Spione im Palast.«
»Die Sache darf nicht an die Öffentlichkeit gelangen«, murmelte der Oberste Heerführer.
»Das sieht der Bruderführer ganz genau so, Herr, und ich kann gar nicht genug betonen, wie sehr diese Entwicklung Jayme bestürzt. Wenn Priam sich wirklich mit Axis und seinen gottlosen Horden zusammentun sollte, würden die Unaussprechlichen nach Achar eindringen, und alles wäre endgültig verloren.«
Gilbert legte eine Kunstpause ein, ehe er mit verschwörerischer Miene fortfuhr: »Herr, Jayme hat mich beauftragt, Euch seiner und des Seneschalls ganzer Unterstützung zu versichern. Und dies bei allen Maßnahmen, welche Ihr in dieser Angelegenheit zu ergreifen gedenkt.«
Bornheld drehte sich zum Kamin um, damit niemand sehen konnte, was sich in seinem Gesicht abspielte. »Und was habe ich mir unter der ganzen Unterstützung des Seneschalls vorzustellen, Gilbert? Hat Axis Euch nicht höchst unwiederbringlich den militärischen Arm genommen? Wo sind Eure vielgepriesenen Axtschwinger abgeblieben?«
»Edler Herzog, wir bestimmen über die Herzen und Seelen der Achariten. Unsere Aufgabe ist es, zwischen den Seelen und dem Empfang des Nachlebens in der Hand Artors zu vermitteln. Oder in dem Fall, in dem ein Gläubiger sich weigert, unseren Ermahnungen zu lauschen, ihn den Feuergruben überantworten zu lassen, wo Würmer bis ans Ende aller Zeiten an seinen Eingeweiden nagen werden. Glaubt mir, Euer Durchlaucht, das Volk hört auf unsere Worte. Sollten wir den Menschen sagen, Bornheld ist Euer Mann, so werden sie das sogleich beherzigen.«
Der Mönch atmete tief durch. Diese Klippe war umschifft. Nun zum nächsten Schritt. Er fuhr mit bedeutungsvollem Lächeln fort: »Wenn Ihr Euch zum Kampf gegen Axis und die Unaussprechlichen entschließt, Herr, werden Jayme und der Seneschall Euch bei allem, was Ihr für richtig haltet, in jeder erdenklichen Weise unterstützen.«
Ein sonderbares Glitzern trat in Bornhelds Augen. »Ich darf doch wohl annehmen, daß Jayme mir gewisse Vorschläge unterbreiten will?«
»Der Bruderführer hält es unter den gebotenen Umständen für angebracht, wenn Ihr, edler Herzog, nach Karlon zurückkehrtet. Natürlich erst, wenn die Lage hier in Jervois sich wieder stabilisiert hat. Und wenn Ihr in der Hauptstadt eingetroffen seid, könntet Ihr entweder Priams Glaubensfestigkeit wieder aufrichten, oder …«
»Oder was?«
»Nun, vielleicht würde es die Entwicklung im Palast unabdinglich machen, bestimmte andere Maßnahmen zu ergreifen.«
»Und zu welchen ›bestimmten anderen Maßnahmen‹ würdet Ihr mir raten, Bruder Gilbert?«
»Nun, ich würde vermutlich daran denken, daß Euch, Euer Durchlaucht, ja nur noch ein kleiner Schritt vom Thron trennt. Priam blieben Kinder leider versagt, und Ihr seid als sein Nachfolger bestätigt.« Während dieser Worte ließ der Mönch Bornheld nicht aus den Augen. »Ich könnte mir vorstellen, Euch in dieser Situation den guten Rat zu geben, diesen letzten Schritt auch noch zu tun. Wir alle, ganz Achar, brauchen einen starken König, an dessen Glaubensstärke und Durchsetzungskraft nicht der geringste Zweifel aufzukommen vermag. Einen Herrscher, der uns zum Sieg über die Unaussprechlichen führt.«
Der Herzog starrte den Bruder mit offenem Mund an, und sehr lange sprach keiner in dem Gemach ein Wort.
Im ersten Morgengrauen trat Bornheld mit seinem Kriegsrat zusammen: Herzog Roland von Aldeni, Graf Jorge von Avonstal, Gautier, Timozel und der Rabenbunder Ho’Demi, der dank des Umstands, elftausend Kämpfer mitgebracht zu haben, an dieser Runde teilnehmen durfte.
Die Generäle inspizierten das Kanalsystem, das Bornhelds Soldaten schon seit Tagen gruben. Der Herzog wußte sehr wohl, daß eine Schlacht gegen die Skrälinge zu deren Bedingungen nicht zu gewinnen war. Deswegen wollte er den Kreaturen seine Bedingungen aufzwingen.
Sein Kriegsrat war auf die List verfallen, zwischen den Flüssen Azle und Nordra mehrere tiefe Kanäle auszuheben, die nach ihrer Fertigstellung geflutet werden sollten. Die Geisterwesen haßten Wasser und gingen ihm tunlichst aus dem Weg. Wenn Gorgraels Soldaten mit aller Macht angreifen wollten, würde ihre gewaltige Schar sich durch das verschlungene Kanalsystem in mehrere kleinere Gruppen aufteilen müssen, deren man sich leicht und sicher annehmen konnte.
Ein kühnes Unterfangen, doch im Kriegsrat
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