Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Nacken, um ihm in die Augen sehen zu können. »Die Baumfreundin führt uns heim, nicht der Sternenmann. Wenn sie sagt, wir sollen uns mit den Ikariern und den Menschen zusammentun, dann wollen wir das gerne tun. Aber nicht vorher.«
Vor Wut schwollen Axis’ Stirnadern an. Die Awaren schienen das alles schon längst beschlossen zu haben, noch bevor er zu ihnen gekommen war.
»Hört mich an.« Ramu trat vor ihn. »Ihr müßt die Awaren verstehen. Wir leben sehr zurückgezogen, kennen aber die Prophezeiung zur Genüge und wissen auch, welche Gefahr Gorgrael für uns bedeutet. Wir wissen ebenso, wer Ihr seid und welche Rolle Euch die Prophezeiung zugedacht hat. Doch wir Awaren leiden auch heute noch unter den Verlusten, die uns während der Axtkriege entstanden sind. Die Awaren haben selbst nach tausend Jahren noch nicht zu ihrer ursprünglichen Anzahl zurückgefunden. Deswegen sind wir heute nur wenige, und mit Krieg und Gewalt wollen wir nichts mehr zu tun haben. Wie könnten wir schon für Euch kämpfen? Wir unterhalten keine Luftarmada wie Eure ikarischen Freunde. Wir besitzen nicht einmal Waffen. Deshalb warten wir auf die Baumfreundin, und wenn sie erscheint, folgen wir ihr. Faraday ist eine sehr sanftmütige Frau, und sie ist mit der Mutter verbunden. Ihr hingegen seid ein Krieger und folgt dem Weg der Sterne. Betrachtet das bitte nicht als mangelnde Achtung unsererseits, denn wir wollen Euch gewiß nicht erzürnen, aber wir warten lieber auf die Baumfreundin.«
»Ich verstehe, mein Freund«, entgegnete Axis und legte ihm die Hand auf die Schulter, ehe er sich an die versammelten Awaren wandte: »Ich möchte mich entschuldigen, wenn meine harten Worte Euch verletzt haben sollten. Manchmal leide ich unter zu großer Ungeduld. Ich verstehe Euer Zögern, jetzt schon zu handeln, und ich achte Eure Entscheidung, auf Faraday zu warten. Das spornt mich nur noch mehr an, zu ihr zu gelangen.«
Die Magier und Häuptlinge entspannten sich sichtlich. Keiner von ihnen hatte wissen können, wie der Sternenmann ihre Ablehnung aufnehmen würde. Sie spürten, daß die Zeit der Prophezeiung gekommen war, aber sie wollten auf diejenige warten, die ihnen verheißen worden war – die Baumfreundin.
»Dann heißen wir Euch bei unserem Beltidenfest willkommen Axis Sternenmann«, lächelte Barsarbe. »Für uns ist Beltide die fröhlichste Zeit des Jahres. Die Nacht, in der wir alles ablegen was wir an Sorgen und Nöten kennen, in der wir die Liebe, das Leben, die Geburt und die Erneuerung feiern. Teilt diese Freude mit uns.«
Jultide wurde vor allem von den Riten an die Sonne und den Sonnengott Narkis beherrscht. Hier spielten die männlichen ikarischen Zauberer und awarischen Magier eine besondere Rolle. Zur Feier von Beltide dagegen freuten sich alle über die Wiedergeburt der Erde nach dem harten, leblosen Winter. Bei diesem Zeremoniell standen vor allem die Frauen im Vordergrund. Heute nacht würde Barsarbe, unterstützt von Morgenstern, die traditionelle Zeremonie durchführen. Sternenströmer mußte wie alle anderen männlichen Zauberer oder Zaubererpriester unter den Zuschauern Platz nehmen.
Doch diese strikte Geschlechtertrennung störte niemanden. In der heutigen Nacht würde jeder sein Vergnügen finden.
Als die Dämmerung hereinbrach, zog Aschure mit den Awaren und Vogelmenschen zu der heiligen Stätte. Sie hatte den Nachmittag mit Fleat und Schra beim Geistbaumklan verbracht. Das kleine Mädchen hatte vor Freude aufgejauchzt, als es seine Freundin erblickt hatte, und sich ihr in die Arme geworfen. Fleat hatte ebenfalls aus ihrer Freude keinen Hehl gemacht und Aschure und Rivkah eingeladen, am Nachmittag zusammen mit dem Klan am Feuer zu sitzen. Das hatten die beiden dann auch getan, und die Zeit war viel zu rasch damit vergangen, Neuigkeiten auszutauschen und ihre Freundschaft wieder zu erneuern. Aschure konnte erleichtert feststellen, daß weder Fleat noch Grindel ihr irgendwelche Schuld daran gaben, daß Pease beim Überfall der Skrälinge ums Leben gekommen war.
»Pease hätte sicher nicht gewollt, daß Ihr zu lange um sie trauert«, versicherte Fleat ihr. »Und heute abend, zur Beltidennacht, werden alle Wunden geheilt und neue Beziehungen geknüpft. Ein Freudenfest erwartet Euch, und dabei wollen wir uns nicht die gute Laune durch den Kummer über die Toten verderben lassen. Pease wäre das sicher nicht recht.«
Nun, am Abend, schritten Aschure und Rivkah durch die Gruppen der Ikarier und Awaren, die sich
Weitere Kostenlose Bücher