Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
kurz, als er vor Aschure stand, und schüttelte dann bedauernd den Kopf. »Ihr seid leider nicht in unserer Gemeinschaft aufgenommen. Daher darf ich Euch wohl nicht –«
Er kam nicht weiter, denn Axis trat neben ihn und nahm ihm die Schale ab. »Ich übernehme die Verantwortung dafür«, erklärte der Krieger. »Der Wein in dieser Schale geht zur Neige, und Ihr werdet im Steinkreis gebraucht. Deswegen werde ich mich darum kümmern, wie der Rest des Weins verwendet wird.«
Nach einem Moment des Überlegens verbeugte sich der junge Magier. »Das Gefäß und sein Inhalt unterliegen Eurer Verantwortung, Axis Sonnenflieger.« Damit verließ er die beiden, und mit jedem Schritt war ihm sein Unbehagen anzumerken.
Axis sah die junge Frau an.
»Erhebt Euch«, gebot er ihr. Sie gehorchte und starrte ihn an.
»Trinkt auch Ihr in vollen Zügen, Aschure. Möge der Beltidenwein Euch die Freuden und die Schritte des Sternentanzes ins Gedächtnis rufen, wenn Ihr heute nacht die Wiedergeburt des Lebens feiert.«
Die junge Frau zögerte, denn mittlerweile waren alle um sie herum auf die Szene aufmerksam geworden.
»Trinkt!« wiederholte er leise, aber bestimmt.
Aschure nahm den Kelch entgegen. Als sie das Gefäß in Händen hielt, legte Axis die seinen über die ihren.
»Trinkt«, flüsterte er noch einmal.
Als der warme, dickflüssige Wein ihr in den Mund strömte, verstand Aschure, warum alle gezögert hatten, die Schale wieder herzugeben. Der Wein fühlte sich lebendig an und schien zu ihr zu sprechen, ja, zu singen. Der Trunk schmeckte nach Erde und Salz, nach Geburt und Tod, nach Weisheit und unermeßlicher Traurigkeit. Als der Wein ihren Magen erreichte, glaubte sie, Musik zu hören – eine wilde Melodie, als würden die Sterne selbst nackt und wie entfesselt über den Nachthimmel tollen.
Aschure nahm noch einen Schluck, und dann bedeckte der Rest der Flüssigkeit kaum mehr den Boden.
»Vielen Dank, Axis«, sagte sie voller Inbrunst. »Dank Euch, mich an dieser Nacht teilhaben zu lassen. Ich möchte, daß Ihr nun den Kelch leert.«
Ihrer beider Hände hielten noch immer den Rand der Schale. Gemeinsam hoben sie das Gefäß an Axis’ Lippen, und er trank die letzten Tropfen. Jetzt sahen die Spuren, die der Wein in seinem Bart hinterließ, erst recht wie Blut aus. Sein Anblick erinnerte die junge Frau an den prächtigen Hirschbock, der an Jultide geopfert worden war.
»Sein Leben und sein Blut gab er uns, um heute nacht zu feiern«, sagte der Krieger und stellte die Schale vorsichtig auf einem Felsen ab. Aschure fragte sich, woher er wußte, was sie gerade gedacht hatte. Als sie sich umdrehte, mußte sie feststellen, daß sich die Blicke aller Sonnenflieger auf sie gerichtet hatten. Sollen sie doch denken, was sie wollen, sagte sich die junge Frau, und ließ sich wieder neben dem Sternenmann nieder. Schon spürte sie deutlich die Wirkung des Weins in sich.
Als jetzt innerhalb des Steinrings ein Licht aufbrannte, wandten sich alle Blicke fort von der Ebenenläuferin dem Kreis zu.
Aschure blinzelte, weil vor ihren Augen alles verschwamm. Als sie wieder klarer zu sehen vermochte, wurden ihre Augen magisch von dem Heiligtum angezogen.
Gestalten bewegten sich jenseits der Torbögen, und wilde Musik ertönte weit in die Nacht hinaus. Melodien und Klänge, wie die junge Frau sie weder zu Jultide noch im Krallenturm zu hören bekommen hatte. Die Ikarier sangen selten zu Instrumenten, und wenn doch, dann zum Klang von Harfen. Aber hier ertönte schrille Flötenmusik. Awarische Musik, wie Aschure sie noch nie gehört hatte.
Das Lied fädelte sich in die Nacht ein und senkte sich über die Menge, bis die ersten sich erhoben, um sich dazu zu wiegen und dann immer schneller im Kreis zu drehen. Aschure hätte zu gern daran teilgenommen, aber als sie endlich den Mut dazu faßte, setzte die Musik gerade aus.
Das Blut rauschte ihr in den Ohren, und ihr Herz schlug wie rasend. Lag das nur an den wilden Klängen oder auch an dem, was der Wein in ihr angerichtet hatte?
Jemand berührte sie leicht am Ellenbogen. Rivkah stand hinter ihr, lächelte geheimnisvoll und hielt ihr eine Flasche Wein hin. »Er ist nicht so gut wie der, den Ihr gerade zu Euch genommen habt, aber auch er läßt sich trinken. Nehmt einen Schluck, und reicht die Flasche dann weiter.«
Aschure trank davon und gab Axis die Flasche. Seine Miene wirkte angespannt. Vielleicht wartet er darauf, daß die Musik wieder aufspielt, dachte sie. Als sie ihm die Flasche
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