Tanz der Verführung
Stimmen erkannt, drehte Rexana sich um und sah in die Richtung, aus der sie kamen.
Fane erhob sich. Ihre Finger versteiften sich unter seinem Griff. Sie versuchte sich freizumachen, doch er streichelte beschwichtigend mit seinem Daumen über ihre Fingerknöchel. Als Zeichen seines Versprechens, dass er sie nun und bis in alle Ewigkeit beschützen würde.
Kurz darauf trat ein Ritter aus der Vorhalle. Es war Henry, wie Fane sich erinnerte. Der zähe alte Krieger hatte Fane und seine Männer nur äußerst ungern in die Burg von Ickleton eingelassen.
Eine nervös wirkende Magd mit schief sitzender Schürze huschte an seine Seite.
Als Henry sah, dass Fane Rexanas Hand hielt, hörte er sogleich zu reden auf und blieb stehen.
Fane verkniff sich ein Grinsen und sah den alten Mann an, dessen Augen sich vor Enttäuschung und Abneigung verdunkelt hatten und seinen Beschützerinstinkt offenbarten. Offensichtlich liebte Henry seine Herrin sehr. Fane vermutete, dass er sie letzte Nacht nach Tangston begleitet hatte.
»Henry«, sagte Rexana.
Fane lächelte Henry höflich an. »Noch einmal: Guten Tag.«
Der Ritter blickte finster drein. »Warum haltet Ihr Lady Rexanas Hand?«
»Ich möchte meiner zukünftigen Braut gerne Lebewohl sagen.«
Die Magd rang nach Luft.
Wie von einem Pfeil getroffen zuckte Henry zurück. »Was sagt Ihr?«
»Ihr seid äußerst dreist, Sheriff«, fauchte Rexana und sah aus, als hätte sie ihn am liebsten erwürgt. »Noch habe ich nicht zugestimmt.«
»Das werdet Ihr.«
Bevor sie sich aus seinem Griff befreien und er sich beherrschen konnte, keine Dummheiten zu begehen, schloss Fane seine Hand enger um ihre. Dann hob er ihre Finger an seinen Mund. Ihre Haut duftete nach Veilchen. Süß. Einladend.
Er fühlte, wie sie erschauerte. Aus ihren Augen sprühten warnende Funken, doch er lächelte nur. Gelassen küsste er ihren Handrücken und hinterließ dabei den Abdruck seines Mundes auf ihrer Haut. Einmal. Zweimal. Dann biss er sie leicht mit seinen Zähnen. Für die Zusehenden wirkte es nur wie ein weiterer, galanter Kuss.
Ihre Lippen öffneten sich, sie keuchte hörbar. Empörung flackerte in ihren Augen, dann Verlegenheit und Verwirrung. War da nicht auch ein klein wenig Wohlgefallen? Sie löste ihre Finger aus seinen.
»Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag, meine Schöne«, murmelte er.
Er wandte sich ab, nickte Henry und der fast ohnmächtig werdenden Magd zu und verließ den Saal.
»Ihr dürft das nicht unterschreiben!«
Rexana stützte sich mit beiden Händen am Tisch ab, schloss die Augen und wartete mit hängendem Kopf, bis Henrys Ruf verhallt war. Großer Gott, wie hatte sie Linford nur erzählen können, dass sie praktisch mit Garmonn verlobt war? Abscheu erschütterte sie bis ins Mark. Lieber wäre sie gestorben, als sich diesem herzlosen Tölpel anzuvertrauen.
Auf einmal legte sich tiefe Müdigkeit auf ihr Herz. Trotz aller Mühe war es ihr nicht gelungen, Linford von seinem Vorhaben abzubringen. Nun musste sie tun, was getan werden musste.
»Es ist die einzige Möglichkeit, Henry«, sagte sie ruhig. »Das weißt du genauso gut wie ich.«
»Es gibt bestimmt noch einen anderen Weg. Ihr könntet mit Lord Darwell sprechen …«
»Was immer er auch vom Sheriff halten mag, er wird es nicht wagen, gegen einen hochrangigen Vertreter des Königs vorzugehen. Er wäre dumm, wenn er das täte. Er könnte seine Ländereien, seine Burg, sein ganzes Hab und Gut verlieren.« Sie seufzte und spürte, wie die Hoffnungslosigkeit dieses Vormittags tief in sie einsank. »Außerdem war Darwell es, der mich bei Linford angeschwärzt hat. Ich würde lieber Schweinemist essen, als ihn um einen Gefallen zu bitten.«
Henry knurrte. »Wie konnte er das nur tun?«
»Ich weiß.« Rexana strich sich ein paar Locken aus dem Gesicht und starrte auf das Pergament herab, das sie mit Bierkrügen und der duftenden Seife befestigt hatte. Daneben glänzte ihre Brosche. Sie atmete tief durch, doch als Linfords Geruch in ihre Nase drang, wünschte sie, es nicht getan zu haben.
Die Erinnerung an seinen Kuss jagte Schauder durch ihren Körper. Ihr Handrücken glühte, als streichelten und knabberten seine Lippen noch immer an ihrer Haut. Eine ungehörige Hitze durchfuhr sie.
Sie blinzelte. Haltung, Rexana! Sie durfte nicht zulassen, dass Linfords Liebesspiel ihren Körper beherrschte oder ihre Aufmerksamkeit schwächte. Entschlossen sammelte sie sich und blickte auf die schwarzen Zeilen des
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