Tanz der Verführung
Schriftstücks herab. Dabei hörte sie, wie Henry hinter ihr auf und ab ging. »Wir könnten uns doch an Garmonn wenden.«
Ihr Magen verkrampfte sich. Mit äußerster Anstrengung versuchte sie, den Ekel aus ihrer Stimme zu verbannen. »Er wäre imstande, Tangston anzugreifen und den Sheriff zu einem blutigen Kampf herauszufordern. Ich möchte keine Toten auf dem Gewissen haben.«
»Wartet! Wenn Garmonn Euch morgen … im Geheimen heiraten würde …«
Der Tisch unter ihren Händen wurde zu blankem Eis. »Dann wäre Rudd Linfords Gnade ausgeliefert und hätte niemanden, der ihm helfen könnte freizukommen. Das kann ich nicht zulassen.«
Henry schnaubte. »Ihr legt viel Vertrauen in Linfords Schwur. Könnt Ihr denn garantieren, dass er sein Versprechen auch halten und Rudd helfen wird? Nein. Da Euer Bruder jedoch zweifellos kein Verräter ist – was auch Linford bald feststellen wird –, habt Ihr Euch für nichts und wieder nichts an diesen …
Barbaren
gebunden.«
Sie presste die Lippen aufeinander. Lieber, guter Henry. Er war schon immer den Villeaux treu ergeben gewesen. Sie würde ihm für seine Unterstützung ewig dankbar sein. Trotzdem gab es keinen anderen Weg für sie als den, den Linford für sie vorgesehen hatte. Rudd hatte vor Monaten sein Leben aufs Spiel gesetzt, um sie vor dem sicheren Tod zu retten, und nun musste sie das ihre riskieren.
»Linford wird sein Wort halten. Ich werde dafür sorgen, indem ich seine Frau werde.« Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter, fuhr über die rissigen Enden des Pergaments und überflog die lateinische Schrift, nach welcher sie sich in Körper und Geist Linford verpflichtete.
Ihr Atem stockte. »Aber nur … schriftlich?«
Hoffnung keimte in ihr auf. War die Lösung tatsächlich so einfach?
Ihre Finger folgten dem fein säuberlich geschriebenen Text, glitten mit den Spitzen über das rauhe Pergament.
Henry hörte auf, verstohlen hinter ihr hin und her zu laufen. »Mylady?«
Aufgeregt sprudelte sie hervor: »Was wäre, wenn unsere Ehe nicht vollzogen würde? Dann wären Linford und ich vor dem Gesetz nicht Mann und Frau, nicht wahr?« Voller süßer Hoffnung blickte sie zu Henry auf. »Ich kann erklären, dass ich noch unberührt bin, weil ich der Ehe nicht wirklich zugestimmt habe. Und dann kann ich um die Annullierung bitten.«
Mit einem lauten Freudenschrei klatschte Henry in die Hände. »Aha! Und in der Zwischenzeit könnt Ihr, sobald Ihr in Linfords Burg seid, nach einem Weg suchen, um Rudd zu retten. Rudd kann fliehen, seine Unschuld beweisen und Ihr um Annullierung Eurer Ehe bitten. Und der Sheriff hat das Nachsehen.«
Rexana lachte. »Genau.«
Henry stemmte die Hände in die Hüften und grinste zurück. »Ein gerissener Plan, Mylady.« Doch dann verschwand die Freude aus seinen Augen. »Aber gefährlich.«
Sie richtete sich auf und verließ den Tisch. »Ich bin bereit, diese Gefahr auf mich zu nehmen.«
»Seid Ihr auch bereit, Linfords Lust anzustacheln?«
Die Stelle auf ihrer Hand, an der Linford sie gebissen hatte, fing wieder zu prickeln an. Auf seine primitive Art hatte er sie als sein Eigentum gebrandmarkt. Sie legte ihre andere Hand darüber, erstickte das kribbelnde Gefühl und lächelte. Was für ein herrlicher Gedanke, dass er sie niemals so besitzen würde, wie er sich das wünschte.
»Henry, hol Feder und Tinte.«
7. Kapitel
D rei Tage später dämmerte ein herrlich klarer Morgen. Ein vollkommener Tag für eine Hochzeit. Oder zumindest wäre er das gewesen, dachte Rexana trübsinnig, wenn sie einen Mann heiraten würde, den sie liebte.
Sie griff fester nach den Zügeln ihrer Stute, die unter ihr dahintrottete, und versuchte ihre angespannten Nerven zu beruhigen. Seit sie den Ehevertrag unterzeichnet hatte, hatte sie sich immer wieder vorgesagt, dass es gute Gründe für die Heirat mit dem Sheriff gab. Sie durfte ihr Vorhaben nicht aus den Augen verlieren. Nicht jetzt. Und auch nicht in den kommenden Tagen.
Die Morgenbrise brachte verschiedenste Geräusche mit sich: das Klappern der Hufe der Pferde, die Rexanas hölzerne Truhen mit Kleidern und persönlichen Dingen trugen; das Knattern der Fahne, auf der das Familienwappen prangte; und die fröhlichen Melodien der Musikanten, die den Zug anführten und ihre Ankunft verkündeten. Nur ein paar Schritte vor ihr ritt Henry und unterhielt sich mit einem der Ritter, die sie zur Kirche von Tangston geleiteten. Dort sollte die Hochzeit stattfinden.
Und dort würde sie,
Weitere Kostenlose Bücher