Tanz der Verführung
starrte, doch ein plötzliches Gähnen schnitt ihr das Wort ab.
»Ist es denn schon Morgen?«, fragte sie.
»Es ist kurz vor Tagesanbruch. Die Bediensteten haben ihre Arbeit noch nicht aufgenommen.«
Sie verkniff sich ein gereiztes Murren. Ein kühler Windhauch fuhr über ihren Nacken, und sie zog die Bettdecke enger um sich. »Warum müssen wir denn so früh aufstehen? Ist das etwa einer dieser merkwürdigen orientalischen Bräuche?«
»Ich brauche das Laken.«
Sie war noch so verschlafen, dass sie nicht sofort begriff.
»Laken?«
Er fuhr sich mit der Hand über das Kinn und sah aus, als würde er nur ungern eine Erklärung abgeben. »Meine kleine Feige, wenn Ihr nicht sofort aufsteht …«
Sie seufzte: »Braucht Ihr denn die Laken so dringend, Mylord?«
»Ja.« Als könnte er seine Ungeduld kaum noch zügeln, änderte er seine Haltung und legte eine Hand auf das Nachtkästchen. Ein metallener Gegenstand blitzte neben seinen Fingern auf. Es war ein Dolch, eine exotisch wirkende Klinge mit einem mit Edelsteinen besetzten Futteral und Griff. Die Nackenhaare stellten sich ihr auf. Sie zweifelte nicht daran, dass er wusste, wie eine solche Waffe zu benutzen war.
Warum hatte er das Messer bei sich? In ihrem benommenen Geist überschlugen sich die Gedanken. Hatte sie ihn etwa verärgert? Würde er sie mit dem Dolch bedrohen, wenn sie ihm nicht gehorchte? Nervös atmend sah sie auf das Messer und dann zu ihm. »Was … o nein … werdet Ihr …«
»Liebste?«
Sie zog die Bettdecke beiseite, stolperte aus dem Bett und keuchte, als ihre Füße den kalten Boden berührten.
Fane packte sie am Ellbogen und verhinderte, dass sie hinfiel. Sein starker männlicher Duft umhüllte sie und weckte erneut ihr Verlangen. Ihr ganzer Körper zitterte, als hätte er sie wieder so leidenschaftlich geküsst wie gestern Nacht.
Mitgefühl glomm in seinen Augen auf. »Ich habe Euch erschreckt.«
Sie schwankte.
Erschreckt?
Es war nicht die Angst, die Schauder durch ihren Körper jagte und die sich langsam ausbreitende Wärme in ihrem Unterleib verursachte.
»Ich wollte Euch nicht verängstigen.« Sein Daumen liebkoste ihren Arm durch den Stoff des Hemdes hindurch. »Ich würde Euch niemals absichtlich verletzen wollen, Rexana, das müsst Ihr mir glauben.«
Ein Luftzug strich um ihre Fußknöchel, brachte sie wieder zu sich und erinnerte sie daran, dass sie nur in ihrem dünnen Hemdchen vor ihm stand und bis vor kurzem noch in der wohligen Wärme des Bettes gelegen hatte.
Sie löste sich von ihm, verschränkte die Arme vor der Brust und versperrte seinen wandernden Blicken den Weg. »Ich habe keine Angst, Mylord, ich wundere mich nur, wozu Ihr so dringend das Laken braucht?«
Täuschte sie sich, oder hatte sich da eine leichte Röte auf sein Gesicht gelegt? Doch noch bevor sie auf einer Antwort bestehen konnte, hatte er schon die Bettdecke und das Oberlaken fortgerissen. Vertrocknete Veilchen wirbelten durch die Luft und landeten neben ihren Füßen auf dem Boden. Er ließ das Bettzeug auf die Dielen fallen und riss dann das Unterlaken heraus.
»Mylord!«
»Schaut her, dann werdet Ihr verstehen.« Er ergriff das Messer, ging zum Kamin und zog das zerknitterte Laken hinter sich her. Vor dem Feuer hockte er sich hin, glättete das Tuch und suchte sich in der Mitte eine Stelle aus. Dann zog er den Dolch aus der Scheide und schnitt sich mit der Klinge in den kleinen Finger.
Sie rannte zu ihm, ihre Füße klatschten auf die Dielen. »Halt! Um Himmels willen, seid Ihr verrückt?«
»Nein«, sagte er ruhig. »Nur entschlossen.«
Als er das Messer auf die Fliesen vor dem Kamin legte, atmete sie erleichtert auf. Gott sei Dank, er hatte aufgehört, sich selbst zu verletzen. Sie verfluchte ihr weiches Herz, doch nachdem sie seinen von Narben übersäten Körper gesehen hatte, konnte sie es nicht ertragen, ihn noch weiter leiden zu sehen.
Aber was hatte er vor? Er schien genau zu wissen, was er tat.
Die Hitze des Feuers griff nach ihr, sie stand nur ein paar Schritte von ihm entfernt. Sie trat näher und betrachtete das Blut, das aus der Wunde tropfte.
»Ich werde eine Wundsalbe und Verband holen lassen«, beruhigte sie ihn. »Danach werden wir uns darüber unterhalten, weshalb Ihr Euch mit dem Messer geschnitten habt.«
Er neigte ein wenig den Kopf und sah sie an. »Das ist nicht nötig, Liebling. Es ist nur ein kleiner Schnitt, der bald schon nicht mehr bluten wird.« Er sah wieder auf das Bettlaken herab und fing an, seinen
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