Tanz der Verführung
sie musste sich auf ihr Vorhaben konzentrieren.
Das Feuer zischte neben ihr im Kamin, sie atmete den rauchigen Duft von brennendem Holz und den Gestank heißen Pechs ein. Als Tansy sich setzte und mit einem breitzackigen Ebenholzkamm Rexanas Haar entwirrte, musste sie gähnen und gegen die Müdigkeit und die Versuchung ankämpfen, sich ganz Tansys Pflege hinzugeben. Doch sie widerstand dem Drang, alle Sorgen zu vergessen und die Suche auf morgen zu verschieben.
Wenn das Schreiben in diesem Raum versteckt war, würde sie es finden.
»Danke, Tansy, das reicht.«
Die Zofe schnalzte mit der Zunge. »Euer Haar ist noch nicht ganz trocken, lasst mich noch ’n bisschen …«
Rexana erstickte mit der Hand ein Gähnen.
Tansy kicherte. »Ihr müsst bis zum Abendessen wach bleiben, Mylady«, sagte sie und fuhr mit dem Kamm wieder durch Rexanas Haar. »So, das hätten wir. Mehr kann ich im Moment nicht tun.« Sie schlurfte um Rexana herum und sah sie an. »Kommt Ihr in den großen Saal?«
Rexana ignorierte Tansys schmeichelndes, zahnloses Lächeln, stand auf und fuhr sich mit den Händen über ihre vom Wind aufgerauhten Wangen.
»Der Ritt und die frische Luft haben mich müde gemacht, ich werde wohl zu Bett gehen.«
Tansy blinzelte wie ein freches Kind. »Verzeiht meine Offenheit, aber ich war selbst schon ’n paarmal frisch verheiratet und kann mir denken, dass Seine Lordschaft Euch gestern Nacht lang vom Schlaf abgehalten hat.«
Obwohl Rexana es zu vermeiden versuchte, wurde sie rot. Es stimmte, Fane hatte sie tatsächlich bis in die frühen Morgenstunden wachgehalten, wenn auch nicht, indem er mit ihr schlief. Sie sah zum Bett. Ihre Haut prickelte bei der Erinnerung daran, dass sie dort neben ihm gelegen hatte, ihr heißes Blut, ihr ganzer Körper besessen von einem Verlangen, wie sie es noch nie zuvor verspürt hatte.
Rexana fühlte einen Knoten im Hals. »Wie kommst du darauf?«
Die Zofe kicherte und fuchtelte mit ihrer plumpen Hand in der Luft herum. »Ich werd Seiner Lordschaft ausrichten, dass ihr Euch früh zurückgezogen habt und warm und kuschelig im Bett liegt«, fügte sie hinzu, »damit Ihr ausgeruht seid, wenn er Euch das nächste Mal begehrt.«
»Äh … vielen Dank.«
Tansy trottete zur Tür des Gemachs, riss sie auf, lehnte sich in den Gang hinaus und klatschte dann in die Hände. Ein paar junge Kerle kamen angerannt und schleppten die tropfende Badewanne auf den Gang hinaus. Tansy wischte rasch das Wasser von den Dielen auf und sammelte die Handtücher und die Seife ein. »Ich werd den Burschen sagen, sie sollen die leere Wanne draußen stehen lassen und Euch nicht stören.« Unbeholfen machte sie einen Knicks. »Schlummert schön, Mylady.«
Dann schlossen sich die Türen.
Rexana lauschte den spitzen Anweisungen, die Tansy den Dienern zurief, dann verhallten die Stimmen. Alles wurde still um sie, und ein warnendes Gefühl breitete sich in ihr aus. Niemand durfte sie dabei erwischen, wie sie das Gemach durchsuchte. Vor allem Fane nicht, der sich lautlos wie eine Katze bewegen konnte. Als sie das letzte Mal als Tänzerin verkleidet den Raum durchsucht hatte, hatte er sie ganz unerwartet überrascht. Sie nahm einen Stuhl und stellte ihn vor die Tür. So konnte Fane nicht hereinkommen, ohne den Stuhl über den Boden zu schieben oder über ihn zu stolpern. Sie rieb sich die Hände und lächelte. Die Suche konnte beginnen.
Sie sah auf Fanes Holzkiste, die neben ihrer Truhe an der Wand stand. Obwohl er ihr nicht verboten hatte, einen Blick auf seine Sachen zu werfen, so ahnte sie doch, dass er es nicht gebilligt hätte. Sie ging auf die Knie, atmete tief durch und hob den Deckel.
Sein würziger Zitronenduft stieg ihr in die Nase. Sie widerstand dem herrlichen Schauer, der sie erbeben ließ und sich in ihrem Bauch ausdehnte, und fuhr mit ihren Fingern über ein mit Stoff verhülltes Päckchen, das an einer Seite der Kiste verstaut war. Seiner Form nach musste es mehrere Seifen enthalten. Sie durchsuchte Schichten von zusammengefalteten Umhängen und Hemden und fand schließlich ein glitzerndes Schwert in Form eines Halbmondes. So eine Waffe hatte sie noch nie gesehen.
Ob Fane im Orient wohl gelernt hatte, mit solch einem Schwert umzugehen? Ob er mit einer so barbarisch aussehenden Waffe wohl Männer ermordet hatte?
Schaudernd schob sie das Schwert beiseite und arbeitete sich bis zum Boden der Kiste vor. Leeres Pergament, ein Tintenfass, eine Feder, Wollhosen, ein ummanteltes Jagdmesser und ein
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