Tanz des Lebens
unsichtbares Kraftfeld schloss sich um ihn und umgab den dämonischen Zirkel wie einen Käfig. Quin war gefangen. Er fühlte eine unbändige Wut in sich hochsteigen, doch bei jedem Versuch, den Kreis zu verlassen, wurde er von der unsichtbaren Macht wieder zurückgeschleudert.
»Gib dir keine Mühe! Ich habe den Zirkel mit einem Bann belegt.«
»Dann nimm dir endlich den verfluchten Siegelring meines Vaters und verschwinde wieder«, schrie Quin wutentbrannt die dunkle Gestalt an. Fluchend drehte er sich zu Liam um. »Los, gib ihm schon den Ring!«
Ein teuflisches Lachen erklang. »Ist es das, was Liam dir die ganze Zeit erzählt hat? Das war eine Lüge.«
Die Gestalt glitt herum und blieb außerhalb des Kreises stehen, der wie ein runder Käfig von dem Kraftfeld umschlossen war. Dann hob er beide Arme und zog mit einer bedächtigen Bewegung die Kapuze nach hinten. Der aufkeuchende Atem ihres Vaters schlug Faye in den Nacken und sie selbst gefror zur Eissäule. Der Sturm zerrte an ihren Haaren und ein Zittern lief durch ihren Körper. Zoe murmelte mit angehaltenem Atem einen beschützenden Zauberspruch – danach herrschte Stille auf dem Kliff.
Alle anderen blickten stumm auf den, den sie schon so lange jagten; ihn, der drei von ihnen mit seinen Natdämonensiegeln geprägt hatte. Nun stand er in voller dämonischer Größe vor ihnen. Der Black Mager, der Schwarzmagier mit dem tödlichen Omega-Zeichen. Die von den Flammen erzeugten Schatten tanzten auf seinem Gesicht, das zu einer Maske des Wahnsinns erstarrt war, in den kalten Augen, in denen ein heimtückisches Funkeln lag.
Faye fielen die Worte ihres Traumes ein: Also, was denkst du? Rabenblutroter Granat oder meergrüne Jade? Welche Kräfte werden wohl stärker sein? Faszinierende Frage, findest du nicht auch? Die Antwort wird bald folgen, denn jemand hat das verbotene Portal geöffnet. Ich kann es kaum erwarten …
Die verschwommene Gestalt mit den blonden Haaren und den kohlrabenschwarze Augen aus ihren Alpträumen hatte ein Gesicht bekommen: Das ihres Onkels, des Zwillingsbruders ihres Vaters: das Gesicht von Mason Conners. Der schaute voller Hingabe auf Quin und sagte: »Ich habe sehr lange auf dich gewartet, mein Sohn.« Quin zog scharf die Luft ein und starrte ihn entgeistert an. »Was wollen Sie damit sagen?«
Masons massiger Körper schüttelte sich vor boshafter Freude. »Nun, dein lieber Bruder hat dir nicht die volle Wahrheit erzählt, obwohl er sie kannte, nicht wahr, Liam? Vielleicht möchtest du das jetzt nachholen.« Er hob seinen Kopf und winkte Liam harsch näher. Als dieser vortrat, lag ein gepeinigter Ausdruck auf seinem Gesicht.
»Er hat recht«, flüsterte er. »Mi Mi und Mason Conners sind deine wahren Eltern. Er war der geheimnisvolle Mann, mit dem sich unsere Mutter einließ, um sich danach von Vater und mir abzuwenden. Mason war damals Chefarzt in der Klinik in Burma, erzählte unserer Mutter, dass er ein Schwarzmagier mit mächtigen Kräften sei, und lullte Mi Mi mit der Versprechung ein, sie an seiner Seite zur neuen Herrscherin der Anderswelt zu machen. Daraufhin schwor sie der weißen Hexenmagie ab und folgte ihm in seine dunkle Welt. Als sie schwanger wurde, fühlte sie sich am Ziel ihrer Träume. Doch nach der Geburt der Zwillinge zwang er sie durch seine Gedankenkontrolle, sich selbst ein Messer in den Bauch zu rammen. Und danach zwang er meinen Vater U Din, seinen Sohn aufzuziehen, bis er zurückkäme und ihn holte. Als Garantie dafür hat er Dad die Zunge rausgeschnitten und da er Analphabet ist, konnte er es so keinem erzählen oder aufschreiben.«
»Moment mal«, unterbrach Quin ihn schneidend. »Zwillinge … Meine Mutter hat Zwillinge zur Welt gebracht?«
»Ja, das hat sie. Und damit hat sie mich meinem Traum von der Unsterblichkeit und der alles bezwingenden Macht sehr nahe gebracht.«
Mason Conners dröhnende Stimme hallte über die Lichtung, als er sich dicht zu Quin beugte. »Weißt du, dass Fayes und Lukes Mutter eine berühmte Archäologin ist? Ja, ich denke, meine Nichte wird es dir sicherlich erzählt haben. Im Gegensatz zu meinem stumpfsinnigen Bruder, ihrem Mann, habe ich ihr damals sehr aufmerksam zugehört und ihr rotes Tagebuch gelesen. Sie hatte kurz zuvor die sagenumwobene Pagode der dämonischen Tempelpriesterin Son Yi ausgegraben. In einer abgelegenen Kammer entdeckte Violet eine Phiole mit dem Elixier der legendären Zwillinge. Der Legende nach verhilft diese Mixtur demjenigen zur Unsterblichkeit,
Weitere Kostenlose Bücher