Tanz des Lebens
der einst selbst als Zwilling geboren wurde. Ich wusste das …«
»Ja, aber Violet Hamilton nicht.« Shiva Moon sah Faye an, die zitternd und fassungslos neben ihrem Bruder stand. Ihr Vater Mike Conners stand wie ein Scheintoter neben ihnen und wirkte vollkommen apathisch.
»Du warst damals gerade geboren«, erzählte Shiva. »Deine Mutter dachte, dass das Elixier eine magische Kraft enthielte, die sie sich zunutze machen könnte. Sie wusste nicht, dass das nur bei Zwillingen funktioniert. Sie dachte, ein Kind reicht. Ich habe sie in der Nacht beobachtet, wie sie erst sich und dann dich mit einigen Tropfen der Flüssigkeit einrieb. Sie war völlig irre. Als sie endlich in ihr Zimmer gegangen war, schlich ich mich ins Kinderzimmer und nahm dich aus der Wiege. Danach brachte ich dich zur Jade-Lagune und badete dich in dem heiligen Wasser, das dich wieder von den bösen Mächten befreite.«
Faye besaß keine Kraft mehr, um etwas zu sagen. Ungläubig starrte sie von einem zum anderen. Auch Luke war wie in Trance. Mit einfühlsamer Stimme sprach Shiva weiter. »Als ich dich zurück ins Haus brachte, sah mich dein Vater und daraufhin habe ich ihn angelogen und ihm das von deiner Krankheit, meinen weißen Hexenkräften und magischen Kräutern erzählt.«
»Du warst schon immer sehr schlau, Shiva Moon. Denn dir war die mystische Legende genauso bekannt wie mir.« Ein selbstrechtes irres Lachen huschte über Masons Miene, bevor er sein letztes Geheimnis offenbarte. »Das Elixier wirkt nur, wenn man es einem neugeborenen Zwillingspärchen verabreicht. Dadurch werden sie zu seelenlosen Dämonen in einer menschlichen Hülle. Einem Körper und Geist, der unfähig ist, menschliche Gefühle zu empfinden.«
Bei den Worten hob Quin den Kopf. Über den Köpfen der anderen verschmolz sein Blick mit Fayes tränengefüllten, haselnussbraunen Augen. Und für eine Sekunde spürte er ihren bestürzten Ausdruck, als sich beide gleichzeitig bewusst wurden, warum er immer so gefühllos und kalt gewesen war, besonders zu ihr. Jetzt fiel es ihm auch wie Schuppen von den Augen, warum es ihm während der Zugfahrt so schlecht gegangen war, dass er zeitweise geglaubt hatte, sterben zu müssen. Natdämonen waren allergisch gegen Jade.
Und der Zug war über einen kilometerweiten Landstrich mit einer gottverdammten Jadeader gefahren – über die Green Mile . Er hatte sich schon als Kind geweigert, den Ritualjadeanhänger zu tragen, den Luke ihm permanent umhängen wollte. Darum bekam er auch in der Nähe des Mondmädchens öfters Nasenbluten – weil sie so einen Jadeanhänger trug. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er eine Person so nahe an seinen Körper gelassen wie sie.
Liam beobachtete ihre stummen Blicke und schwieg bedrückt. Ja, er wusste von all den grauenvollen Ereignissen, weil er damals, als seine Mutter sich das Messer in Trance in den Bauch gerammt hatte, dabei gewesen war. Er hatte gesehen, wie Mason seinem Vater die Zunge abschnitt. Er war damals erst zwei Jahre alt gewesen, doch die Erinnerung hatte sich tief in seine Seele eingraviert. Auch deshalb, weil er von Mason zur Einschüchterung von U Din mit einem magischem Schwert geblendet wurde. Seitdem trug er die starke Brille, ohne die er so gut wie blind war. Das teuflische Lachen des Black Magers riss Liam aus dem Abgrund seiner dunklen und schmerzvollen Erinnerungen.
»Ich weiß, dass du dagegen angekämpft hast, Liam. Du hast dich dein ganzen Leben lag bemüht, den Dämon in Quin mit deiner brüderlichen Liebe zu bezwingen. Aber da er immer noch eine leblose Seele in einer menschlichen Hülle ist, sind deine Versuche, ihn zu domestizieren und aus ihm einen einfühlsamen Menschen zu machen, wohl fehlgeschlagen. Quin ist ein kalter Dämon, unfähig, Gefühle für jemanden zu empfinden. Genauso kalt und nutzlos wie seine Zwillingsschwester Mei Ling, die bei mir geblieben ist. Fast achtzehn Jahre lang völlig isoliert und ohne Menschen aufgewachsen. Nur so konnte sich die Legende erfüllen.«
»Das ist nicht wahr«, schrie Faye und stürmte verzweifelt auf ihren Onkel zu. »Er ist fähig, Gefühle zu zeigen. Ich … Ich habe es doch erlebt …«
Sanft zog Shiva sie zurück und in ihre Arme und wiegte sie wie ein Kind in ihren Armen. »Das stimmt«, flüsterte sie. »Aber diese Gefühle hat er nur durch dein Blut gefühlt und immer nur für eine kurze Zeit. Kannst du dich erinnern, wie du dich zweimal verletzt hast und Quin den Schmutz aus der Wunde gesaugt hat?« Mit
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