Tanz des Lebens
um seine oder ihre Bedürfnisse ging. Sie war wie ein Fels in der Brandung und alles andere als ein ängstliches Waldtier. So gut wie Liam im Kampf gegen Natdämonen war, so schlecht war wohl seine Menschenkenntnis. Trotzdem war auch Luke leicht baff. »Wow, diese Geschichte ist echt irre. Wenn ich dieses idiotische Dämonensiegel nicht hätte, würde ich glauben, dir fehlen ein paar Gehirnschrauben.« Entschuldigend zuckte er mit den Schultern.
»Okay, dann genug mit den Vorträgen«, erklärte Liam und erhob sich linkisch. »Kommt, ich zeige euch jetzt die Außenanlage.« Er lief den Mittelgang zwischen den Trennboxen entlang, bis zum Ende des Saals. Von dort führte eine zweiflügelige Glasschiebetür hinaus in eine weitläufige Gartenanlage. Unterhalb der Terrassenstufen führte ein geschmiedeter, ornamentaler Rundbogen in den geheimnisvollen Tempelgarten.
Hinter dem Tor führte Liam sie über einen verschlungenen Pfad zu einem erhöht stehenden tempelartigen Pavillon, dessen Schattendach von acht runden Kalksteinsäulen getragen wurde. Dahinter schlossen sich mehrere kleinere Pavillons an. Rundum wurde der gesamte Innenhof durch eine mannshohe Mauer vor neugierigen Blicken geschützt.
Es ging etwas Faszinierendes, seltsam Mystisches von diesem Tempelgarten aus, das Faye sich nicht recht erklären konnte. Nur eines irritierte sie: Zu ihrem Erstaunen waren alle Steinböden des Pavillons mit dicken, sandfarbigen Gummimatten bedeckt. Und zu ihrem noch viel größeren Erstaunen entdeckte sie in einem der kleineren Pavillons eine ihr mittlerweile nur allzu bekannte Gestalt. Faye betrachtete ihn mit gemischten Gefühlen.
Doch diesmal nahm sie sich vor, sich nicht von seinem wütenden Benehmen einschüchtern zu lassen. Selbst die Katze von ihren Nachbarn war nicht so bissig, wie sie immer vorgab zu sein. Faye hoffte, dass es auch auf ihn zutraf. Langsam spazierte Liam mit ihnen den Gartenpfad entlang, bis er an dem letzten Pavillon ankam und zu irgendwelchen zweifellos interessanten Erklärungen ausholte, die Faye jedoch nur durch einen Nebelschleier vernahm.
Denn jetzt sah sie ihn unmittelbar vor sich stehen. So sehr wütend. So aggressiv, so kraftvoll und so unsagbar wildschön stand er da. Beziehungsweise kämpfte er da. Seine Beine grätschten durch die flirrende Luft. Er schien mit einem unsichtbaren Schattengegner zu kämpfen. Im Gegensatz zu den anderen Nat-Charmern benutzte er keine der grünen oder blauen Manakraftkugeln und um seinen Hals sah Faye auch kein Schutzamulett aus Ritualjade, wie sie Luke und alle anderen trugen. Irgendwie wirkte dieser Junge vollkommen widersprüchlich.
Mit einem zischenden Surren bewegte er seinen Dolch rechts und links durch die Luft, bevor dieser zielsicher in dem weit entfernten Holzpfosten mit der Zielscheibe landete – und mitten ins Schwarze traf. Quin trainierte barfuß. Sein Oberkörper glänzte in der Sonne und das blauschwarze Haar fiel ihm in feuchten Strähnen in die Stirn.
Er war nur mit einer einfachen an der Hüfte geschnürten weißen Baumwollhose bekleidet. Sein T-Shirt hatte er ausgezogen und achtlos auf den Boden neben sich geworfen. Bei seinem Anblick stockte Faye das Herz und sie vergaß fast, wie wütend sie noch immer auf ihn war. Leise ging sie näher auf ihn zu. Da hörte er ihre Schritte und drehte sich ruckartig zu ihr um. Unterdrückt stieß er einen leisen, heiseren Fluch aus.
»Verdammt, was willst du hier? Reicht es nicht, dass wir gestern aneinandergeraten sind? Musst du mich jetzt auch noch hier belästigen?« Gekränkt zuckte Faye zusammen, erinnerte sich dann aber an ihren Vorsatz, sein Machogehabe nicht so ernst zu nehmen. Und doch erwachte ihr Kampfgeist und sie schob herausfordernd ihr Kinn vor.
» Lass es gut sein, Quin«, mahnt Liam hinter ihrem Rücken, doch dieser schien davon unbeeindruckt.
»Was denn, hat sie kein Zuhause, dass sie uns jetzt schon hierher verfolgen muss?«, fragt er gehässig und begegnete dabei ungerührt ihrem Blick. Oh Gott, wie erbärmlich, dachte Faye empört. Wütend versuchte sie sich zu beherrschen und seine konstante Unhöflichkeit zu ignorieren. Er wirkte wie einer dieser Bad Boys, die ihr Herz in der Gefriertruhe aufbewahrten. Cool sein war anscheinend alles für ihn. Auch Liam schien das ablehnende Verhalten seines jüngeren Bruders zu ignorieren. Mit fester Stimme sagte er: »Ich will, dass du Faye mit unserer Selbstverteidigung vertraut machst und sie auf den Beschwörungstanz heute Nacht
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