Tanz des Lebens

vorbereitest. Und gib dir Mühe, Brüderchen. Auch wenn du sie nicht magst, ich glaube nicht, dass du ihren Tod auf dem Gewissen haben willst, wenn der Ice Whisperer erscheint.«
    Aus Quins Kehle drang ein unflätiges Knurren. »Warum trainierst du sie nicht selbst. Anscheinend findest du an ihr mehr Gefallen als ich.«
    Mit einer blitzschnellen Bewegung sprang Liam aufs Podest und umklammerte mit hartem Griff Quins Handgelenk. Faye hörte den reißenden Stahl in seiner Stimme, als er gefährlich sanft zischte: »Treib es nicht zu weit, Quinton Noyee. Meine Geduld ist auch nur begrenzt. Du weißt genau, dass ich sie nicht auf den Tanz vorbereiten kann, da ich die magische Schrittfolge nicht kenne.«
    Dumpf fiel Faye ein, dass er ihr vorhin erzählt hatte, dass bei einem Beschwörungstanz die hundertprozentig saubere Ausführung der magisch vorgegebenen Schritte unbedingt einzuhalten war. Eine falsche Bewegung und die Ice Whisperer drangen in den Körper des Nat-Charmes ein und dieser war dann für immer verloren. Aus diesem Grund tanzte Liam niemals einen Beschwörungstanz. Durch seine nur zwanzigprozentige Sehstärke war sein Gleichgewichtssinn erheblich beeinträchtigt.
    Damit war er nicht in der Lage, sich ohne Schwanken in dem nur sehr kleinen Schutzkreis zu bewegen. Verlegen beobachtete sie, wie die Brüder sich stumm taxierten. Schließlich ließ Liam seinen Bruder los. Als er sich umdrehte, bemerkte Faye kurz den eiskalten Ausdruck in seinen Augen, der jedoch sofort wieder verschwand, als er ihrem Blick begegnete.
    »Wenn er sich nicht benimmt, sag mir Bescheid. Ich bin mit Luke drüben im großen Pavillon, okay?«
    Unsicher nickte sie und beobachtete, wie Liam die Hand ihres Bruders nahm und ihn von ihr wegführte. Als sie Quins ungeduldiges Schnauben hinter sich hörte, straffte sie die Schultern und begab sich zögernd in die Höhle des Löwen. Quin begann wortlos einen gestochen runden Kreidekreis auf dem Steinboden neben den Gummimatten zu ziehen. Murrend ließ sich er dazu herab, ihr die wichtigsten Schritte für den Beschwörungstanz zu erklären.
    Aufmerksam lauschte Faye seinen Worten. Sie wollte von ihm lernen – alles, was er wusste, saugte sie auf wie ein Schwamm. Heute Nacht hing das Leben ihres Bruders von ihr ab und sie hatte nicht vor, es zu vermasseln oder leichtfertig aufs Spiel zu setzen wegen irgendwelcher Gefühlsduseleien. Mit wenigen geübten Handgriffen hatte Quin die Vorbereitungen abgeschlossen, zog sie immer noch missmutig in den Kreidekreis und stellte sich dicht hinter sie, um ihr den richtigen Ablauf der Schrittfolge zu zeigen.
    Faye zitterte leicht, als dabei sein Atem ihren Hals streifte. »Also, hör genau zu. Wie bereits gesagt, dient Schwarze Magie dem Zweck, Macht über andere Menschen auszuüben. Der Schwarzmagier strebt nach Macht in jeglichem Sinne, also sowohl nach Reichtum, Stärke und Wissen als auch nach der Beherrschung der Naturgesetze. Hierbei gelten keine von Menschen gemachten Gesetze mehr, sondern ausschließlich der Wille des Magiers. Schwarze Magie setzt also ein großes und starkes Ich voraus. Es gibt mehrere schwarzmagische Methoden. Sowohl das Mischen von magischen Giften, nicht zu verwechseln mit gewöhnlichen Giften, als auch das Arbeiten mit magischen Sprüchen und Formeln sind schwarzmagische Praktiken. Manche sorgen dafür, die magischen Kräfte zu vergrößern und zu festigen, wie zum Beispiel bei einem Beschwörungstanz. Der dunkle Magier wird dabei versuchen die ungehinderte Macht über den beschworenen Ice Whisperer zu erlangen. Und das ist der hundertprozentige Unterschied zu uns Nat-Charmern. Wir wollen niemanden beherrschen. Ich glaube zwar nicht, dass du die Schritte innerhalb der kurzen Zeit, die uns bleibt, perfekt ausführen kannst, aber anscheinend bist du ja ganz versessen darauf, dich in Gefahr zu begeben.«
    Trotz seiner Erklärungen hatte er nicht mit dem Tanzen aufgehört. Ununterbrochen wiederholte er die vorgeschrieben Schritte zur Anrufung des Dämons. Viel zu dicht stand er vor ihr. Faye nahm das kraftvolle Spiel seiner stahlharten Muskeln auf seinem sonnengebräunten Oberkörper wahr, als er sich geschmeidig auf den verschlungenen, mystischen Linien innerhalb des Kreises bewegte.
    Dann, ohne in seinen Bewegungen innezuhalten, griff er so unvermittelt nach ihrer Hand, dass sie aufkeuchte. Mit einem spöttischen Grinsen zog er sie an sich und seine muskulösen Arme umschlangen von hinten ihre Taille, sodass sie fest gegen ihn