Tanz im Mondlicht
hörte, hat Chloe deine Schwester kennengelernt«, sagte Dylan.
»Ja.« Jane nickte. »Ich war mit ihr am Stand.«
Dylan nickte. »Hat er ihre Zustimmung gefunden?«
Jane schwieg. Sie standen in seiner Küche. Sie war auf einen Sprung vorbeigekommen, um die Pasteten für morgen vorbeizubringen, und er hatte ihr Limonade angeboten. Sie war herb, entsprach ganz ihrem Geschmack, und das Glas war eiskalt und beschlagen, fühlte sich gut in ihrer Hand an. Sie dachte über die Frage nach und wusste, dass ihre Schwester tausend Einwände gehabt, aber allen Bedenken zum Trotz ihr Herz an Chloe verloren hatte.
Es dämmerte, und der blaue Himmel verblasste, nahm eine lavendelfarbene Schattierung an. Die Küchenfenster waren geöffnet, die Vögel brachten dem Tageslicht ein Abschiedsständchen dar. Der Abend auf dem Lande war friedvoll, idyllisch, Welten entfernt von der Geschäftigkeit der gelben Taxis in New York, denen Jane in den vergangenen fünfzehn Jahren ausgesetzt war.
Als sie auf die andere Seite des Raumes zu Dylan hinübersah – groß, bärtig, die grünen Augen so offen wie nie zuvor –, wurde ihr mit einem Mal bewusst, dass sie dabei war, sich in ihn zu verlieben. Und dass sie die Lüge nicht länger mit sich herumschleppen konnte. Sie war mit Sylvie im Krankenhaus verabredet, aber das würde warten müssen. Sie holte tief Luft und überlegte, wo sie anfangen sollte.
»Ich muss dir etwas sagen.«
»Ich auch.«
Sie standen an entgegengesetzten Enden des Raumes. Rauch stieg von seiner Zigarette empor. Er trank einen Schluck Limonade. Sie ging zu ihm; er schlang seine Arme um ihre Taille. Sie blickten sich in die Augen. Er war ein Mann, der nach außen hin Stärke demonstrierte. Doch dahinter erkannte Jane die Untiefen seiner Verletzlichkeit, wie Stromschnellen eines Flusses, über die sie ihr Floß lenkte.
Sein Kuss schmeckte herb, nach Zitronen. Der Abend war lau; er trug ein T-Shirt und sie ein schwarzes, im Nacken gebundenes Top, ihre Arme waren heiß, als sie einander umklammerten. Janes Herz raste, sie wünschte sich, der Kuss möge niemals enden.
Ihre Körper waren wie füreinander geschaffen. Er war sehr groß, aber wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellte, waren ihre Köpfe annähernd auf gleicher Höhe. Er umfing sie mit seinen Armen und hob sie hoch, so dass sie auf der Kuppe seiner Stiefel stand, barfuß und auf Zehenspitzen, und in dieser Stellung blieben sie, während sie sich in der Dämmerung küssten. Er hatte irgendwo ein Radio angelassen, und je länger sie schwiegen, desto deutlicher war die Musik zu hören, und sie konnten nicht widerstehen und begannen zu tanzen, wobei sie auf den Spitzen seiner Stiefel balancierte.
»Du bist gut«, sagte er und hielt lange genug mit dem Kuss inne, um zu staunen, in welchem Einklang sie sich bewegten.
»Nein, bin ich nicht. Ich tanze nie.«
»Aber jetzt tanzt du.« Sein Blick war eindringlich und voller Humor.
»Scheint so.«
Sie tanzten weiter, und plötzlich wusste Jane, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie miteinander schliefen. Sie spürte es bis in ihr tiefstes Inneres. Es verlängerte die Vorfreude, und das Warten war köstlich. Sie war bereit, ihm die ganze Geschichte zu erzählen, und fest davon überzeugt, dass alles gut werden würde. Die Frühlingsluft fächelte ihre nackten Arme, und obwohl ihr alles andere als kalt war, erschauerte Jane.
In diesem Augenblick klopfte es an der Seitentür.
»Ju-hu!«
Chloe.
»Darf man reinkommen, oder stören wir?«, rief Mona.
Ein Anflug von Ungeduld überschattete Dylans Miene, und er lächelte Jane zu.
»Genau zur richtigen Zeit«, sagte sie, als sie hörten, wie die Mädchen durch das Haus liefen. Sie stürmten in die Küche und blieben abrupt auf der Schwelle stehen.
»Habt ihr schon mal was davon gehört, dass man auch Licht machen kann?«, fragte Mona.
»So ist es viel romantischer«, sagte Chloe und stieß sie mit dem Ellbogen an.
»Hallo, Mädels«, sagte Jane.
»Was verschafft uns das Vergnügen?«, ließ sich Dylan vernehmen.
»Wir würden so gerne Eis essen gehen«, meinte Mona. »Oder frittierte Muscheln.«
»Genau das Richtige im Sommer«, erklärte Jane.
»Ich weiß«, sagte Chloe. »Aber meine Eltern haben keine Lust. Sie haben ein Video ausgeliehen und Popcorn gemacht, und sie versuchen uns einzureden, Popcorn sei genauso gut wie Eis oder frittierte Muscheln. Eis für mich, Muscheln für Mona.«
»Aha, also beides. Eis und Muscheln. Hoffentlich nicht in
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