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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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meine Schwester.«
    »Jane. Das schwarze Schaf in deiner Familie.«
    Sylvie sah ihn an. »So habe ich sie nie genannt.«
    »Das war nicht nötig. Ich weiß es auch so. Du hast deine Stellung aufgegeben, um die Pflege deiner Mutter zu übernehmen; deine Schwester hat hin und wieder angerufen, ist aber nie nach Hause gekommen … Du hast immer von ihr erzählt, dass sie in New York wohnt, und es klang so, als würde sie dort ein aufregendes, risikoreiches, nachgerade gefährliches Leben führen.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Wirklich. Als ich ihr zum ersten Mal begegnete, wurde mir alles klar.«
    »Was wurde dir klar?« Sylvie war gespannt, welchen Eindruck er von Jane hatte.
    »Nun, ihre schwarze Lederjacke und ihre distanzierte Art sprechen für sich; und ich sah ein gewisses Misstrauen in ihren Augen, als würde sie mich einer Musterung unterziehen und sich fragen, was ich von dir will.«
    »Jane wurde einmal von einem Mann verletzt. Ich glaube, das hat sie bis heute nicht verwunden. Es tut mir leid, wenn sie dir das Gefühl vermittelt hat, dass sie dir nicht über den Weg traut, ausgerechnet dir …«
    John ergriff ihre Hand. »Das hat mir an ihr gefallen«, sagte er. »Sie gibt auf ihre Schwester acht. Will dich beschützen, was ich bewundernswert finde. Das würde ich ihr gerne abnehmen …«
    »Ich bin stark«, sagte Sylvie, als sie auf den Parkplatz des Krankenhauses abbogen. Ihre Augen wanderten zum vierten Stock des Gebäudes empor, fanden das Fenster ihrer Mutter. Sie hatte einen Kloß im Hals, als sie daran dachte, wie viel Stärke ihr das Leben abverlangt hatte: Sie musste den Weggang des Vaters verkraften, die Enttäuschung, dass ihre Schwester die Brown University verlassen hatte, als sie dort zu studieren begann, die Gerüchte auf dem Campus, den Anblick von Jeffrey Hayden mit seiner neuen Freundin … und die unentwegten Sorgen, zuerst um ihre Mutter und später um ihre Schwester.
    An den Wochenenden war sie nach Hause gefahren, wo sie hörte, wie Jane in der Dunkelheit der Nacht weinte und um Chloe trauerte; dann war Jane nach New York gegangen, weil der Aufenthalt in Rhode Island zu schmerzvoll für sie war: Sie befürchtete, hier ständig an ihre Tochter erinnert zu werden, was alles nur noch schlimmer gemacht hätte.
    »Ich möchte, dass meine Schwester glücklich wird«, flüsterte Sylvie, das Fenster ihrer Mutter betrachtend.
    »Ich weiß.« John drückte ihre Hand.
    »Woher?«
    »Weil ich dich liebe. Und ich es als meine Aufgabe betrachte, herauszufinden, was dich glücklich macht. Im Moment müssen wir dafür sorgen, dass deine Mutter eine professionelle Betreuung erhält. Dabei werde ich dir helfen …«
    »O John.«
    »Und danach werde ich mit dir auf dem schönsten See in Maine Kajak fahren«, sagte John. »Und dir für jeden Buchstaben in deinem Namen einen Stern mit dem entsprechenden Anfangsbuchstaben nennen …«
    »Lebendige Sterne«, flüsterte Sylvie und dachte an Chloe, an ihre Vorstellung von verstaubten, vergessenen Sternen unter den Dächern.
    »Das Leben voll auskosten«, sagte er. »Und das heißt, wenn du nicht in der Krankenhaus-Cafeteria hocken möchtest, gehen wir nach dem Besuch bei deiner Mutter essen.«
    »Klingt gut.«
    »Solange du mir am Tisch gegenübersitzt, ist mir alles recht.«
    Sie umarmten sich, lange und innig. Jane würde bald in die Klinik kommen. Vielleicht konnten sie sich mit Abby Goodheart treffen und ihrer Mutter von dem Besuch in Cherry Vale erzählen. Niemand hatte das Recht, über das Leben eines anderen Menschen zu entscheiden, aber Sylvie hoffte, dass sie gemeinsam ihre Mutter beschwichtigen und sie überzeugen konnten, dass die Unterbringung in einem Heim die beste Lösung war, zumindest vorübergehend.
    Oder etwa nicht?
    John drückte sie noch fester an sich, gab ihr den Halt, den sie brauchte. Sie war innerlich aufgewühlt. Das Leben veränderte sich rasant. Manchmal hatte sie den Hang, am Status quo festzuhalten, nur weil er ihr vertraut war. Doch dann legte John seinen Arm um ihre Taille und ging mit ihr in Richtung Eingang. In seiner Gegenwart fühlte sie sich sicher und geborgen, was sie daran erinnerte, dass manche Veränderungen einem kleinen Wunder gleichkamen.
    Während sie auf dem Weg zu Margaret über den asphaltierten Parkplatz schlenderten, dachte Sylvie, wie herrlich es doch war, einen Menschen zu haben, der einem dermaßen nahestand; und sie wünschte sich von ganzem Herzen, dass Jane irgendwann das Gleiche fand.
     
    »Wie ich

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