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Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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furchtbar?«
    Dylan betrachtete sie kopfschüttelnd; sie brachte ihn noch um den Verstand. »Ja. Du etwa nicht?«
    »Nein«, erwiderte Sharon fest. »Es beweist nur, dass sie tiefe Gefühle hat. Dass sie lebendig ist. Wir haben das schon mehrmals erlebt; denk nur an das Familiengericht. Und ihren Plan, sich Einsicht in das Adoptionsregister zu verschaffen. Eli und ich hatten die Zustimmung verweigert – wir waren der Ansicht, sie sei viel zu jung.«
    »Das ist sie, ganz offensichtlich. Sie hat das Geschehen nicht verkraftet, wie man sieht; die Begegnung mit …«
    »Ihrer Mutter. Nur zu, Dylan. Sprich es ruhig aus. Du hattest kein Problem damit, die beiden Worte in meiner Einfahrt auszusprechen – und das rechne ich dir hoch an. Und ich rechne es dir hoch an, dass du uns zu beschützen versuchst. Also, mein herzliebster Schwager …«
    Ihre Stimme versagte, und als Dylan aufblickte, sah er Tränen in ihren Augen schimmern. Nun war es an ihm, den harten unerbittlichen Blick eines Polizisten über sich ergehen zu lassen. Seine Schwägerin brachte es darin zu wahrer Meisterschaft: zusammengekniffene Augen, zusammengekniffene Lippen.
    »Mein herzliebster Schwager«, wiederholte sie unerschütterlich. »Das Blatt hat sich gewendet. Jetzt bin ich an der Reihe, um dich vor dir selbst zu schützen.« Sie nahm seine Zigaretten vom Tisch und warf sie in hohem Bogen in den Müll.
    »Was soll das? Ich hole sie ja doch wieder raus, sobald du weg bist.«
    »Zeugt von großer Reife.«
    »Und ich kaufe mir wieder welche.«
    »Herzlichen Glückwunsch – du hast offenbar eine dicke Brieftasche. Aber die wichtigere Frage, Dylan, lautet: Hast du auch ein Herz?«
    »Sharon, hör auf damit.«
    »Antworte. Das bist du mir schuldig.«
    »
Schuldig

    »Du hast dich in all den Jahren um uns gekümmert. Jetzt lass wenigstens zu, dass ich mich revanchiere. Also: Hast du ein Herz?«
    Dylan schwieg. Sein Puls raste. Seine Augen funkelten beim Anblick der nach Pappe schmeckenden Pasteten, und sein Brustkorb schmerzte, als reiße er entzwei.
    »Dann werde ich die Frage an deiner Stelle beantworten.« Sharon beugte sich vor. »Du hast ein großes Herz, das größte weit und breit. Es hat deine Berufswahl beeinflusst und dich dazu bewogen, es als deine persönliche Aufgabe zu betrachten, Menschen zu beschützen, die du nicht einmal kanntest. Es hat dich zu einem phantastischen Ehemann gemacht …«
    Dylan schüttelte heftig den Kopf, und Sharon ergriff seine Hand.
    »Doch, Dylan. Phantastisch. Sie hätte nur Gebrauch von deinem Angebot machen müssen. Und du warst ein wunderbarer Vater, einsame Spitze. Das schwöre ich dir, wirklich und wahrhaftig. Das konnte nicht einmal sie leugnen – das war offenkundig, wenn du mit Isabel zusammen warst.«
    »Sharon.«
    Sie fuhr fort, als hätte sie ihn nicht gehört. »Du bist der beste Bruder auf der ganzen Welt. Der beste – für Eli und mich. Wir lieben dich für die Art, wie du mit Chloe umgehst. Sie könnte keinen besseren Onkel haben … egal, was passiert …«
    Dylan hätte sich gerne bedankt, brachte aber kein Wort über die Lippen.
    »Jetzt weißt du alles über dein Herz«, fuhr Sharon fort. »Du musst nichts sagen. Aber du musst zuhören. Du musst, Dylan. Es ist wichtig für mich … ich habe das Bedürfnis, zur Abwechslung einmal etwas für dich zu tun, dir alles zu vergelten, was du für uns getan hast. In all den Jahren bist du ein großartiger Bruder und Onkel gewesen. Und deshalb rate ich dir dringend: Fahre nach New York.«
    »Was?«
    »New York, Dylan.«
    »Wovon redest du?«
    »Du warst eine Zeitlang so glücklich«, flüsterte Sharon. Dylan schloss die Augen. Er hörte Nachtvögel in den Apfelbäumen rufen. Eine frische Brise kündigte Septemberwetter an, und die Luft duftete nach Äpfeln. In weiter Ferne hörte er das Heulen von Motorrädern: Geländemaschinen.
    »Im Frühjahr, zu Beginn des Sommers, als sie noch hier war.«
    »Sie?«
    »Du weißt, wen ich meine.« Natürlich wusste Dylan es. Es war ihm nie gelungen, Sharon gegenüber den Lässigen zu spielen; sie durchschaute ihn.
    »Jane«, sagte er.
    »Du solltest zu ihr fahren.«
    »Wie kommst du auf die Idee? Nach all dem Wirbel, den sie veranstaltet hat? Und den Lügengeschichten – auf die wir alle hereingefallen sind?«
    »Wir nehmen es alle mit der Wahrheit nicht so genau, Dylan. Nur einige Lügen sind schwerwiegender als andere. Ich habe Eli früher belogen, wenn ich mit dir zum Rauchen hinter die Scheune

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