Tanz im Mondlicht
zu.
»Chloe weiß sich sehr wohl für ihre Interessen einzusetzen. Und für die anderer.«
»Abwarten, noch hat sie den Sommer nicht am Stand gearbeitet«, widersprach Eli. »Sie werden sie als Landei und Bauerntrampel abstempeln und genauso gnadenlos verspotten wie Dylan und mich.«
»Solche Dinge stören sie nicht.«
Eli schnaubte, schüttelte den Kopf. »Sollten sie aber. Was die Leute von einem halten, fällt ins Gewicht. Sie ist dermaßen damit beschäftigt, die Welt zu retten, dass sie es in ihrem eigenen Leben letztlich zu nichts bringen wird. In ihrem Alter sollte man langsam anfangen, sich Gedanken über die berufliche Laufbahn zu machen. Das College steht vor der Tür … und was macht sie? Interessiert sie sich für Sport, für einen Eintrag ins Jahrbuch wegen besonderer Aktivitäten, für die Schulzeugnisse? Dinge, die ihr den Zugang zu einer erstklassigen Universität erleichtern würden? Mitnichten. Gibt sie sich Mühe, einen Nebenjob anzunehmen, der sich gut in ihrem Lebenslauf ausnehmen würde?«
»Ich weiß, ich weiß.« Sharon blickte Eli flüchtig an, wünschte sich, sie könnte ihn von dem leidigen Thema ablenken. Der Tag hatte so vielversprechend begonnen …
»Ace Fontaine hätte sie zur Kassiererin befördert – bis zum Memorial Day, hat er mir gesagt. Ein guter Job, Verantwortung, Umgang mit Geld – das wäre eine Eintrittskarte für viele Berufszweige gewesen. Bank, Anwaltsfirma – nicht zu vergessen Versicherungsunternehmen! Sie hätte sich von der Pike hocharbeiten können!«
»Das Frühstück ist fertig«, warf Sharon ein.
»Was für Chancen hat man, Karriere zu machen, wenn man an einem Obststand arbeitet? Oder in der Scheune? Oder im Stall? Das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt …«
Sharon klappte das Omelett zur Hälfte zusammen, ließ es auf einen Teller gleiten und stellte es auf den Tisch. Sie ließ den Speck – besonders knusprig, wie Eli ihn liebte – auf einem Papiertuch abtropfen, um das überschüssige Fett zu entfernen. Sie dachte an Chloes Brandrede über die Schweine, die in ihren Ställen eingepfercht waren, nie die Sonne zu sehen bekamen und sich nicht einmal am Gesäß kratzen konnten. Just in dem Moment juckte es sie hinten am Bein. Sie verkniff sich eine Reaktion. Chloe hatte eine Art, sich ihrer geheimsten Gedanken und Empfindungen zu bemächtigen, wenn sie es am wenigsten erwartete.
»Mmmm, köstlich, dein Frühstück.« Eli lehnte sich über den Tisch, um sie zu küssen.
»Danke.« Sie füllte die Kaffeebecher.
»Tut mir leid, dass ich mich so aufgeregt habe.« Er schüttelte den Kopf und trank einen Schluck.
»Du willst ihr Bestes.«
»Sie ist nur, es ist nur, sie ist so …« Er hielt inne, blickte auf. »So anders.«
Sharon versuchte zu lachen. »Willkommen im Leben mit einer Fünfzehnjährigen. Alle unsere Freunde können bezeugen, dass diese Phase der Entwicklung der reinste Horror ist. Und daran wird sich nichts ändern für die nächsten drei Jahre – mindestens. Teenager sind Wesen von einem fremden Stern. Sie sind von Haus aus anders.«
»Ich frage mich, ob es wirklich daran liegt. Oder ob …«
Sharon spießte ein Stück Omelett auf ihre Gabel, ihre Brust wurde eng.
»Ob sie so anders ist als wir, weil …«, fuhr er fort.
»Nicht, Eli. Sie gehört zu uns. Und wir gehören zu ihr. Wir sind eine Familie.«
»Manchmal sehe ich sie an und, Gott steh mir bei, wundere mich …« Er schloss die Augen.
»Eli.« Sharon warf einen raschen Blick zur Hintertür und betete, Chloe möge nicht davorstehen. »Sie ist ein Teenager. Das erklärt alles. Hör auf damit, bevor sie dich hört.«
»Ich weiß. Tut mir leid.« Er aß ein paar Scheiben Speck, trank Kaffee. Seine Augen wirkten besorgt. Die Situation mit Ace hatte ihn beschämt. Eli war stolz auf seine Stellung in der Gemeinde. Es war ihm gelungen, den Angehörigen des Lehrerverbands und den Geistlichen in ihrem Sprengel Versicherungspolicen zu verkaufen. Er war ein eifriges Mitglied des Rotary-Clubs und konnte den Gedanken nicht ertragen, dass bekannt werden könnte, was für einen Ärger Chloe in Aces Supermarkt verursacht hatte. Trotzdem wusste Sharon, dass sein derzeitiger Ärger eher mit seinem Bruder als mit Chloe in Zusammenhang stand.
Obwohl Dylan vier Jahre jünger war, hatte Eli immer im Schatten seines Bruders gestanden. Dylan war schon in der Highschool eine Sportskanone, allseits beliebt und ein Draufgänger gewesen; Eli hatte sich seinen Weg hart
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