Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz im Mondlicht

Tanz im Mondlicht

Titel: Tanz im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
sie. »Vermutlich meinte er, das Land würde die Familie zusammenschweißen.«
    »Genau das ist es, was Eltern antreibt. Der Gedanke an den Zusammenhalt der Familie. Kinder haben, die den Fortbestand sichern, den Familienbesitz erhalten …«
    »Glaubst du, dass so was funktioniert?«, fragte Chloe und lauschte den Stimmen im oberen Stock, die immer lauter wurden.
    »Frag unsere leiblichen Mütter.«
    Chloe betrachtete die gazeartigen weißen Bäume. Sie nickte schweigend. Jedes weitere Wort erübrigte sich. In der Stille, die nun herrschte, hörte sie, wie Mona einen kleinen erstickten Schluchzer ausstieß.

Kapitel 10
    A m Sonntagmorgen war Chloe so früh aus den Federn und unterwegs, dass Sharon Chadwick nicht einmal eine Chance hatte, ihr ein ordentliches Frühstück zu machen. Nicht, dass Chloe Eier mit Speck gegessen hätte, das traditionelle Sonntagsgericht, aber Sharon hätte Haferbrei für sie gekocht oder ein englisches Muffin getoastet, sofern sich die Gelegenheit dazu geboten hätte.
    Stattdessen pusselte sie in der Küche herum und bereitete Elis Leibspeise zu. Sie rieb Cheddarkäse, würfelte eine Tomate, wickelte Schinkenspeck aus. Sie trennte die dicken Scheiben und legte sie in eine beschichtete Bratpfanne. Sie deckte den langen Tisch aus Ahornholz mit karierten Sets und dazu passenden Stoffservietten, Terrakotta-Tellern und braunen Steingutbechern.
    Während der Speck in der Pfanne brutzelte, kochte sie Kaffee. Sie hörte Eli mit schwerem Schritt die Treppe herunterkommen. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Nach dem Streit gestern Abend waren sie unversöhnt zu Bett gegangen. Der Gefühlsaufruhr machte sie benommen, als hätte sie Fieber, fast wie im Delirium. Mit kerzengeradem Rücken, den Hals stocksteif hinuntergebeugt, stand sie vor dem Herd. Eli betrat stumm den Raum, stellte sich hinter sie, küsste sie auf den Nacken.
    »Es tut mir leid«, sagte er.
    Sharon nickte. Die Worte waren in ihr verschlossen, wollten nicht über ihre Lippen. Ihr war nach Weinen zumute. Es gab so vieles im Leben, wofür sie dankbar sein durften; weshalb gelang es ihnen nicht, sich gegenseitig glücklich zu machen? Sie waren gewissermaßen aus dem Tritt geraten – in ständigem Kampf mit einem aufmüpfigen Teenager und miteinander, denn sie selbst gingen auch nicht mehr so liebevoll miteinander um wie früher.
    »Mir tut es auch leid«, sagte sie.
    Er nahm seinen Stammplatz an der Stirnseite des Tisches ein. Sie war bereits zur Straße gegangen, hatte die Sonntagszeitung aus dem Briefkasten geholt und sie auf die Sitzbank gelegt. Eli griff nun nach ihr.
    »Wo ist Chloe?«
    »Bei der Arbeit.« Sie sah mit erhobener Augenbraue auf.
    »Dieser gottverdammte Obststand. Bin ich zu alt, um meinem kleinen Bruder diesen Unfug auszutreiben?« Er schüttelte den Kopf. Doch Sharon war erleichtert. Sich miteinander gegen Dylans Pläne zu verbünden, war ein Weg, um sich als Paar näherzukommen.
    »Ich weiß, ich weiß. Er glaubt, dass er uns einen Gefallen erweist, wenn er sie beschäftigt. Aber der Obststand – ausgerechnet! Der reinste Schandfleck!«
    »Es ist mir ein Rätsel, aber Dylan scheint vergessen zu haben, dass ihm dieser Obststand auf unserem Anwesen früher abgrundtief peinlich war. Er war völlig ungezwungen, was Mädchen anging, aber er wollte nicht, dass sie ihn besuchten …«
    »Ich erinnere mich.« Sharon verquirlte die Eier und goss sie in die Pfanne, um ein Omelett zuzubereiten. Sie kannte die Chadwick-Brüder seit der Highschool. Damals hatte gerade die Erschließung im Tal begonnen, und Kinder, die auf einer Farm aufwuchsen, wurden als rückständig und hinterwäldlerisch gehänselt, weil ihre Familien die Entwicklung neuer Wirtschaftszweige bremsten.
    »Ich möchte nicht, dass Chloe den gleichen Anfeindungen ausgesetzt ist wie wir früher«, fügte er hinzu.
    »Ich weiß«, sagte Sharon. Die Kinder hatten sich über die Chadwick-Brüder lustig gemacht, hatten sie »Bauerntölpel« genannt – aber nie, wenn die beiden sich in Hörweite befanden.
    »Sie ist so sensibel. Kann es nicht einmal ertragen, wenn ein Vogel aus dem Nest fällt. Und dann der Ärger im Supermarkt wegen der Tierquälerei …«
    Sharon antwortete nicht. Gedankenverloren streute sie Käse und die gehackten Tomaten in die Eier. Sie war anderer Ansicht als ihr Mann. Chloe besaß großes Einfühlungsvermögen, keine Frage, aber Eli verband den Begriff Sensibilität mit einem Mangel an innerer Stärke, und das traf auf Chloe keineswegs

Weitere Kostenlose Bücher