Tanz ins Glück
"Wir sind unterwegs", sagte sie leise. "Jetzt
habe ich mich festgelegt. Es gibt kein Zurück mehr."
Die
Endgültigkeit ihrer Worte ließ sie schaudern.
4.
Kapitel
Eine
halbe Stunde später kam Ash den Gang entlang und blieb vor der
Kabinentür stehen. Er klopfte leise, und als Michelle nicht
antwortete, öffnete er die Tür. Lautlos ging er zum Bett
und blickte stirnrunzelnd auf sie hinunter. Sie musste eingeschlafen
sein, sobald sie sich hingelegt hatte, denn die Nachttischlampe
brannte noch. Ein Träger des Nachthemds war ihr von der Schulter
gerutscht, was Michelle seltsam verletzlich aussehen ließ.
Irgendetwas glitzerte im Lichtschein auf ihrer Wange, und als er sich
vorbeugte, erkannte Ash, dass es eine einzelne Träne war.
Unwillkürlich wollte er sie wegwischen, doch er unterdrückte
die Regung gerade noch rechtzeitig.
Ich
muss mich jetzt zusammenreißen, sagte er sich. Sonst würde
er als Nächstes den verrutschten Träger hochziehen und ihr
über das unmöglich kurze schwarze Haar streichen. Und das
sollte er besser nicht tun, weil dies geschäftlich war.
Er
knipste die Lampe aus, trat vom Bett zurück und stieß mit
dem Fuß gegen einen Gegenstand. Im Mondlicht, das durch die
Fenster schien, sah er ihre Tasche auf dem Boden liegen. Daneben lag
das Seidenkleid, das Michelle im Nachtlokal getragen hatte. Er
erinnerte sich an ihre geschmeidigen Bewegungen, während sie für
ihn getanzt hatte, erinnerte sich auch an jenen Moment, als er
vergessen hatte, warum er dort war. Als er sich danach gesehnt hatte,
sie nackt zu sehen.
Aber
sie hatte nicht vor ihm strippen wollen. Obwohl sie sich bestimmt
schon vor anderen Männern ausgezogen hatte. Nach dem Leben, das
sie geführt hatte, konnte es für sie keine große
Sache sein. Warum diese plötzliche jungfräuliche Scheu?
Vielleicht war sie davor zurückgeschreckt, dafür bezahlt zu
werden. Was auch immer der Grund gewesen war, sein Gefühl hatte
ihm gesagt, dass sein Verlangen nicht befriedigt werden würde.
Ash
atmete scharf ein. Es war ein schwacher Moment gewesen, der sich
nicht wiederholen würde. Er musste diese Erinnerungen
verdrängen. Michelle Greer mochte jedermanns sein, aber nicht
seine. Das durfte er nie wieder vergessen. Er ging so leise hinaus,
wie er hereingekommen war.
Laurent
war im Steuerhaus. Er blickte sich um, als Ash hereinkam. "Schläft
sie?"
"Ausgezählt."
Ash stellte ein Tablett mit Sandwiches und zwei Bechern Kaffee ab.
" La
pauvre petite. Was für eine
Tortur für sie."
Ash
zuckte die Schultern. "Eine selbst zugefügte Wunde, die
aber wohl keine dauerhaften Narben hinterlassen wird."
"Hattest
du Schwierigkeiten, sie zu überreden, mit dir mitzukommen?"
Laurent nahm sich ein Sandwich.
"Sie
sollte gerade eine neue Laufbahn als Stripteasetänzerin und
schlimmeres starten. Ihr wäre jede Alternative gut erschienen."
"Und
sie haben sie einfach gehen lassen?"
"Nicht
direkt. Es gab ein Problem, aber damit bin ich fertig geworden."
"Kann
ich mir vorstellen." Laurent lächelte sarkastisch. "Haben
sie euch verfolgt?"
"Sie
waren uns auf der Spur. Leider war es die falsche. Ich hatte einen
leeren Streichholzbrief aus dem 'Hotel Margarita' auf dem Tisch im
Lokal zurückgelassen, und sie sind zum anderen Ende der Stadt
gerast, um dort den unglücklichen Empfangschef einzuschüchtern."
Laurent
nickte. "Also ist alles gut gegangen. Victor wird erleichtert
sein. Seine Faxe verraten, dass er immer nervöser wird."
"Dann
sollte ich ihn wohl erlösen und ihm raten, sich von jetzt an
ruhig zu verhalten. Wir nehmen die Zielperson einfach mit nach St.
Hilaire. Ich will nicht, dass ihr der Verdacht kommt, es könnte
mehr daran sein."
"Na,
na!" sagte Laurent tadelnd. "Zielperson! So kalt über
eine so schöne junge Frau zu sprechen."
"Ich
will die Sache einfach nur erledigt haben", erwiderte Ash.
"Daddy muss das Geld für seine verzogene Prinzessin
übergeben. Eine letzte reibungslos verlaufende Operation, bevor
ich mich aus der Firma zurückziehe."
"Meinst
du, die Frau könnte Schwierigkeiten machen?"
"Heute
Abend war sie so verängstigt, dass sie sich an jeden Strohhalm
geklammert hätte, der ihr angeboten worden wäre",
erwiderte Ash langsam. "Morgen früh wird sie ausgeruht sein
und keine Heidenangst mehr haben. Sie wird nachdenken und sich
darüber wundern, dass ich zufällig am rechten Ort
aufgetaucht bin, um sie zu retten. Sie wird Fragen stellen."
"Hoffen
wir, dass wir St. Hilaire erreichen, bevor du die Antworten
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