Tanz ins Glück
in Angst gelebt hatte. Das war gefährlich, weil es die
Hoffnung zerstörte und den Widerstandswillen schwächte.
Wenn Ash nicht gekommen wäre, wie lange hätte es dann noch
gedauert, bis sie sich teilnahmslos allen Plänen gefügt
hätte, die Mama Rita mit ihr gehabt hatte?
In
vielerlei Hinsicht war es mit meinem Vater das Gleiche, dachte
Chellie. Welchen Sinn hatte es, gegen ihn zu kämpfen, wenn sie
doch immer verlor? Deshalb war sie vielleicht für Ramon so eine
leichte Beute gewesen. Diese grundlegende Rebellion war ihre einzige
Chance in dem Zermürbungskrieg zwischen ihnen gewesen.
"Hier."
Ashs
Stimme riss Chellie aus ihren Gedanken. Sie öffnete erschrocken
die Augen und sah, dass er ihr eine große Cremetube hinhielt.
"Tut mir Leid. Ich … ich war meilenweit weg."
"Du
wirst im Krankenhaus landen, wenn du nicht aufpasst." Er
schraubte die Tube auf. "Sunblocker. Nimm reichlich."
"Oh,
danke."
"Nichts
zu danken", erwiderte Ash höflich. "Ich will nur
nicht, dass du dasselbe Schicksal wie der Toast erleidest."
Mistkerl,
dachte Chellie. Aber vielleicht war es besser so. Wenn er anfangen
würde, nett zu ihr zu sein, würde sie wirklich in
Schwierigkeiten geraten. Sie trug sorgfältig den Sunblocker auf,
dann lehnte sie sich zurück und blätterte in einer der
Zeitschriften, die sie in einem Schrank im Salon gefunden hatte.
Oberflächlich
betrachtet war alles wieder normal. Im Grunde ihres Herzens wusste
sie jedoch, dass nichts jemals wieder so wie früher sein würde.
Sie stellte beunruhigt fest, dass sie jede kleine Bewegung Ashs
registrierte, sogar das Rascheln von Papier, wenn er eine Seite
umdrehte. Bald werde ich erneut die Stunden zählen, dachte sie
bitter. In Panik geraten wegen der Fahrtdauer nach St. Hilaire.
Ash
schob die Unterlagen zusammen und stand auf. "Ich bringe Laurent
ein Bier. Möchtest du irgendetwas?"
"Eine
Cola vielleicht." Chellie griff nach der Bluse. "Soll ich
die Getränke holen?"
"Entspann
dich. Du bist furchtbar nervös." Ash warf ihr einen
forschenden Blick zu. "Was ist denn los? Hast du Angst, dass
Manuel am Horizont auftaucht? Das ist doch ziemlich
unwahrscheinlich."
"Aber
nicht unmöglich."
"Eine
Ratte wie Manuel entfernt sich nicht weit von ihrem Abwasserkanal."
"Früher
hätte ich nicht einmal geglaubt, dass es Menschen wie ihn und
Mama Rita überhaupt gibt. Jetzt weiß ich es besser. Und an
Wunder habe ich auch nicht geglaubt. Dank dir, muss ich meine
Einstellung dazu auch überdenken." Chellie zögerte.
"Und ich habe dir noch nicht einmal richtig gedankt. Nicht so,
wie ich es hätte tun sollen."
"Hast
du letzte Nacht gut geschlafen?" fragte Ash.
Chellie
nickte, und er lächelte sie so charmant an, dass ihr Herz
schneller schlug.
"Dann
ist das der ganze Dank, den ich brauche", sagte er und ging.
Kraftlos
ließ sich Chellie zurücksinken. Sie hatte dieses Lächeln
wie eine Berührung auf ihrer Haut gespürt. Ich muss
vorsichtig sein, dachte sie. Sehr vorsichtig.
Sie
hörte ihn mit Laurent sprechen und lachen. Männer, die sich
wohl fühlten, wenn sie zusammen waren. Sie wünschte, sie
könnte so entspannt mit Ash umgehen, sich mit ihm anfreunden.
Aber sie kannten sich kaum. Er war in ihr Leben getreten, hatte es
gerettet und würde wieder daraus verschwinden. In einigen Wochen
würde er sich nur noch undeutlich an sie erinnern. Sich
irgendetwas anderes vorzumachen wäre lächerlich.
Ash
kam wenige Minuten später zurück und stellte eine Flasche
Cola mit einem Strohhalm neben die Liege, dann ging er an die Reling
und beobachtete das Kielwasser der Yacht, während er,
anscheinend in Gedanken versunken, sein Bier trank.
Chellie
trank einen Schluck Cola, bevor sie aufstand und sich neben Ash
stellte. "Das mit dem Frühstück tut mir wirklich
Leid." Sie atmete tief durch. "Ich habe gelogen, weil ich
dachte, du würdest mich zurücklassen, wenn ich sage, dass
ich nicht kochen kann."
"Das
hätte ich nicht getan." Ash verzog den Mund. "Aber ich
hätte dich vielleicht gebeten, stattdessen eins deiner anderen
Talente einzusetzen."
Chellie
warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. "Was meinst du
damit?"
"Du
hast eine wunderschöne Singstimme", sagte Ash leise.
"Vielleicht hätte ich ein Ständchen nach dem
Abendessen verlangt."
Sie
wurde rot. "Danke."
"Hast
du zu Hause in England professionell gesungen?"
"Nein.
Ich konnte niemals eine richtige Ausbildung machen."
"Aber
du wolltest es?"
"Ja,
das war einmal mein größter Wunsch." Chellie dachte
daran, wie sie
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