Tanz ins große Glueck
sein, zu Hause denke ich nicht viel an die Kompanie. Ich bin so mit den Kindern und meinen Schülern beschäftigt, dass ich nicht dazu komme. Und Seth ist..." Sie unterbrach sich, und Nick sah, wie ihr Gesicht aufleuchtete. "Seth ist mir alles." Sie drehte sich wieder der Skyline zu. "Manchmal, wenn ich hier bin, um Ruth tanzen zu sehen, kommen die Erinnerungen allerdings lebhaft zurück."
"Und es macht dich traurig?"
"Ein wenig", gab Lindsay zu. "Aber es ist auch ein gutes Gefühl. Wenn ich auf mein Leben zurückschaue, dann denke ich, dass ich nichts ändern möchte. Ich habe Glück gehabt. Und Ruth ..." Sie lächelte. Es war ein warmes, mütterliches Lächeln.
"Ich bin so stolz auf sie, so begeistert von ihr. Sie ist eine sehr gute Tänzerin. Unglaublich gut."
Nick musterte sie lange. "Weißt du, ich bin immer noch erstaunt, wenn ich an dich als Mutter zweier Kinder denke."
"Warum?"
Er nahm ihre Hand. "Weil es so leicht ist, mich an unsere Begegnung zu erinnern. Du bist damals erste Solotänzerin gewesen. Ich habe dir bei den Proben zu Schwanensee
zugeschaut, und du bist immer mit dir unzufrieden gewesen."
"Du erinnerst dich daran?"
Nick zog eine Augenbraue hoch. "Ja, weil mein erster Gedanke war, wie ich dich in mein Bett bekommen konnte.
Aber ich konnte dich nicht fragen. Mein Englisch hätte dazu nicht gereicht."
Lindsay lachte. "Die Sprache hast du schnell genug erlernt, wie ich mich erinnern kann. Doch ich kann mich nicht entsinnen, dass du mich jemals in irgendeiner Sprache in dein Bett eingeladen hättest."
"Wärst du der Einladung gefolgt?" Er musterte sie mit zur Seite geneigtem Kopf.
Lindsay prüfte ihr Herz, während sie ihm aufmerksam ins Gesicht sah. Sie konnte Lachen durch die Fenster hören und das gedämpfte Brummen des Verkehrs weit unter ihnen. Dann schüttelte sie den Kopf. "Ich weiß es nicht. Ganz sicher ist es besser so."
Nick legte den Arm um sie, und sie lehnte sich an seine Schulter. "Du hast Recht. Ich bin nicht sicher, ob es gut wäre, es zu wissen."
Sie schwiegen und ließen ihre Gedanken wandern.
"Donald Keyser scheint ein netter Mann zu sein", murmelte Lindsay schließlich. Sie fühlte, wie Nicks Arm sich leicht versteifte.
"Ja."
"Ruth ist natürlich nicht in ihn verliebt, aber er ist auch nicht in sie verliebt. Ich denke, sie sind gern zusammen." Als Nick auch darauf nichts sagte, sah sie ihn an. "Nick?"
Er blickte auf sie herunter und konnte ihre Gedanken in ihren Augen lesen. "Du siehst zu viel", murmelte er.
"Ich kenne dich, und ich kenne Ruth."
Er starrte mit gerunzelter Stirn über die Dächer von Manhattan. "Du fürchtest, ich könnte ihr wehtun." Es war eine Feststellung, keine Frage.
"Der Gedanke ist mir gekommen", gab Lindsay zu. "Mir ist auch der Gedanke gekommen, dass sie dir wehtun könnte." Und flüsternd setzte sie hinzu: "Dass ich euch beide liebe, macht es so schwer."
Nach einem Schulterzucken steckte Nick die Hände in die Hosentaschen und entfernte sich einige Schritte von ihr. "Wir tanzen zusammen, das ist alles."
"Das ist nicht alles", widersprach Lindsay. Und als er sich ihr wieder zuwandte mit einer verdrießlichen Miene, erklärte sie:
"Ich wollte damit nicht sagen, dass ihr ein Liebespaar seid. Und wenn ihr es wärt, ginge mich das nichts an. Aber Nick ..." Sie seufzte, als sie merkte, dass er seinen Ärger kaum zügeln konnte. "Es ist kaum möglich, euch zwei zusammen zu sehen und es nicht zu merken."
"Was willst du?" forderte er. "Ein Versprechen, dass ich nicht mit ihr ins Bett gehe?" Lindsay ging ruhig auf ihn zu. "Mir geht es nicht um Versprechen oder Ratschläge. Ich möchte dir nur sagen, dass ich immer für dich da bin, wenn du mich brauchst."
Sein Ärger verflog. "Sie ist ein Kind", murmelte er, hatte aber sein Gesicht abgewandt.
"Sie ist eine Frau", verbesserte Lindsay. "Ruth ist kaum jemals Kind gewesen. Sie war auf mehr als eine Weise erwachsen, als ich sie kennen lernte."
"Vielleicht ist es sicherer, wenn ich sie als Kind betrachte."
"Du hast dich mit ihr gestritten."
Nick lachte. "Ptitschka, ich streite immer mit meinen Partnerinnen, oder?"
"Ja, das tust du", gab Lindsay zu und entschied, dass sie es dabei belassen sollte. Sie streckte ihm die Hand hin. "Wir hatten einige großartige Auseinandersetzungen, Dawidow."
"Die besten." Nick nahm ihre ausgestreckte Hand zwischen seine Hände. "Komm, ich bringe dich zurück. Wir sollten feiern."
"Habe ich dir gesagt, wie wunderbar du gewesen bist und wie hervorragend das
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