Tanz ins große Glueck
fand, zu reagieren oder ihn zurückzuweisen, als er sie auf arrogante, selbstsichere Art küsste.
Nick hielt sie noch einen Moment an den Schultern fest und lächelte breit. "Das sollte dich in die richtige Stimmung bringen", meinte er unbekümmert, bevor er sich umwandte und davonging.
Wütend starrte Ruth ihm hinterher. Und die einzelnen Lacher von den Tänzern, die hinter der Bühne herumstanden, brachten sie nur noch mehr auf. Schließlich drehte sie sich um und ging, etwas staksig wegen ihrer Spitzenschuhe, auf die leere, dunkle Bühne.
Sie wartete, während der schwere Vorhang sich langsam hob.
Sie wartete auf den Einsatz des Orchesters. Nur die
Streichinstrumente setzten zur Ouvertüre an. Sie wartete, bis sie im Lichtkreis stand. Und dann begann sie zu tanzen.
Ihr Eröffnungssolo war kurz, schnell und beeindruckend. Als sie damit fertig war, wurde mit einem Schlag die ganze Bühne von den Scheinwerfern beleuchtet. Die Dekoration stellte ein Zigeunerlager dar, und Beifall vom Publikum brauste auf.
Während die nächsten Tänzer übernahmen, konnte Ruth
Atem schöpfen. Sie wartete, hörte nur mit halbem Ohr das Lob von Nicks Choreographieassistenten. Auf der
gegenüberliegenden Seite der langen Bühne konnte sie Nick sehen, der auf seinen Auftritt wartete.
"Nun überbiete mich mal, Dawidow", murmelte sie vor sich hin. Ruth wusste, dass sie noch nie in ihrem Leben besser getanzt hatte als gerade eben. So als ob Nick die
unausgesprochenen Worte gehört hätte, grinste er, bevor er in einem eleganten Spagat auf die Bühne sprang.
Er war der arrogante Prinz, der das Zigeunerlager betrat. Er beherrschte die Bühne mit seinem Auftreten, mit seinem Können.
Ruth konnte das nicht leugnen. Doch das machte sie nur noch entschlossener, ihn zu übertreffen. Sie wartete, bis sie dran war.
Und dann schwebte sie auf der Spitze mit hoch erhobenem Kopf auf die Bühne, eine rote Rose hatte sie hinter ihr Ohr gesteckt.
Ihre gegenseitige Anziehung war sofort in der Pantomime da, als der Blick des Prinzen dem der Zigeunerin zum ersten Mal begegnete. Der Moment wurde noch betont durch den Wechsel in der Beleuchtung und durch ein Crescendo der Musik.
Der Prinz hatte Carlotta gefunden, die er für sich begehrte.
Doch das Zigeunermädchen widersetzte sich ihm. Sie war nicht leicht zu haben, aber der Prinz gab nicht so schnell auf. Beide waren stolze und leidenschaftliche Charaktere. Und schließlich, immer noch sich sträubend und wütend auf sich selbst, weil sie sich ihm nicht länger entziehen konnte, gab Carlotta nach. Sie begannen ihren ersten Pas de deux, mit erhitztem Blut und glutvollen Blicken.
Nick hob sie mit beiden Händen, hielt sie mit
durchgedrücktem Rücken und weit nach hinten gebeugtem Kopf, ehe er sie in einer fließenden Bewegung zu Boden ließ und die Hände um ihre Taille legte. Es sah wunderbar schwerelos aus, wie sie - seine Hände um ihre Taille - mit einem Fuß auf der Spitze stand, und während sie sich mit dem Kopf und dem ganzen Oberkörper absenkte, den anderen Fuß weit nach oben streckte.
Sechs, sieben, acht Takte, dann war sie wie ein Blitz zu einer Arabeske übergeglitten. Aus ihren Augen sprühte Feuer, als sie eine Pirouette ausführte und danach aus dem Bühnenraum verschwand. Während Nick sein Solo tanzte, presste Ruth eine Hand auf ihren Magen und holte tief Luft.
Bei jedem ihrer Auftritte schien die Bühne von ihrem heißblütigen Tanz wie erhitzt zu sein. Als die Vorstellung schließlich endete, lagen sich beide in den Armen, und Ruth stieß atemlos "Ich hasse dich, Dawidow!" aus.
"Hass mich, so viel du willst", erwiderte er obenhin, als der Applaus und die Zurufe losbrachen. "Solange du nur tanzt."
"Oh, tanzen werde ich", versicherte Ruth ihm und machte einen tiefen Knicks zum Publikum.
Sie hörte Nicks leises Lachen, als er eine Rose aufhob, die auf die Bühne geworfen wurde, und sie Ruth mit einer eleganten Reverenz übergab.
Er verneigte sich immer wieder tief vor dem jubelnden Publikum und wies mit einer weiten Geste auf Ruth darauf hin, dass ihre Bravorufe vor allem der Solotänzerin gehörten.
5. KAPITEL
Nick und Ruth hatten elf Vorhänge. Eine Stunde nach dem letzten Vorhang waren die Besucher endlich verschwunden, so dass Ruth aus ihrem Zigeunerkostüm schlüpfen konnte. Sie zog ein langes weißes Kleid an mit engen Ärmeln und einem Tulpenkragen. Der einzige Schmuck, den sie trug, waren goldene Ohrringe, die Lindsay und Seth ihr zu ihrem
einundzwanzigsten
Weitere Kostenlose Bücher