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Tanz ins große Glueck

Tanz ins große Glueck

Titel: Tanz ins große Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hatte mit ihm getanzt, sich mit ihm gestritten, mit ihm gelacht, und doch hatte sie ihn nie verstanden. Er hatte etwas an sich, dass schwer fassbar war.
    Vielleicht ist das das Geheimnis, warum er auf Frauen so anziehend wirkt, dachte Ruth - das leicht Geheimnisvolle, das ihn umgibt, sein fremdländischer Akzent, seine
    Verschwiegenheit, wenn es um seine Vergangenheit geht. Ihre Verliebtheit hatte sie schon vor Jahren überwunden. Sie lächelte, als sie sich erinnerte, wie vernarrt sie in ihn gewesen war. Aber anscheinend hatte er es nicht einmal bemerkt. Sie war knapp achtzehn gewesen, er dagegen fast dreißig und ständig von schönen Frauen umgeben - und war es immer noch. Ihr Lächeln fiel bei dem Gedanken ein wenig kläglich aus. Sie erhob sich vom Sofa und streckte sich. Der Kater, der so von ihrem Schoß vertrieben wurde, stolzierte verstimmt davon.
    Mein Herz ist noch ungebrochen, und ich habe mich unter Kontrolle, fand Ruth. Vielleicht zu sehr sogar. Sie dachte an Donald. Nun, daran konnte sie nichts ändern. Sie gähnte und reckte sich erneut. Und morgen früh hatte sie ein hartes Trainingsprogramm.
    Ruths T-Shirt war feucht vom Schweiß. Nicks Choreographie für sein Ballett The Red Rose war kompliziert und anstrengend.
    Sie hielt sich an der Stange fest und holte tief, tief Luft. Der Rest der Ballettgruppe stand verstreut im Probensaal herum, der eine oder andere probte entweder unter Nicks unermüdlichen Anweisungen oder wartete, wie sie selbst, auf den nächsten Aufruf.
    Es war erst elf Uhr, aber Ruth hatte heute Morgen bereits zwei Stunden Training gehabt. Das lange, lose T-Shirt hatte dunkle Schweißflecke. Einige Haarsträhnen hatten sich aus ihrem festen Knoten gelöst. Aber wenn sie Nick bei seiner Arbeit zusah, vergaß sie, wie erschöpft sie war. Er ist absolut sagenhaft, dachte sie, wie schon so oft zuvor.
    Als künstlerischer Leiter der Truppe und als anerkannter Choreograph musste Nick nicht mehr tanzen, um im
    Rampenlicht zu bleiben. Er tanzte, weil er zum Tanzen geboren war, das wusste Ruth. Er war knapp über einen Meter achtzig groß, auch wenn seine schlanke, drahtige Gestalt ihn größer erscheinen ließ. Sein Haar war wie Goldstaub und lockte sich um ein Gesicht, das niemals seinen jungenhaften Charme verloren hatte. Sein Mund war einfach schön, voll und fein geformt. Und wenn er lächelte ...
    Wenn er lächelte, konnte ihm niemand widerstehen. In den Augenwinkeln bildeten sich dann Fältchen, und die Iris wurde unglaublich blau.
    Er führte eine Pirouette vor, und Ruth fand wieder einmal, dass er mit seinen dreiunddreißig Jahren und trotz all der anderen professionellen Verpflichtungen noch immer tanzen sollte.
    Mit einem Schnipsen seiner Finger brachte er den Pianisten zum Einhalten. "All right, Kinder", sagte er in seinem russischen Akzent, der angenehm melodisch klang. "Es könnte schlimmer sein."
    Und das von Dawidow, dachte Ruth trocken. Das war schon beinahe eine Auszeichnung.
    "Ruth, den Pas de deux vom ersten Akt bitte."
    Sie ging sofort zu ihm und strich sich zerstreut die Strähnen zurück, die ihr in die Stirn fielen. Nick war bekannt für seine Launen - seine schnell wechselnden, unerklärbaren Launen.
    Heute erschien er sachlich und unpersönlich. Sie stellten sich voreinander auf und legten Handfläche gegen Handfläche. Ohne ein Wort fingen sie an.
    Es war die erste Liebeszene im Stück und eigentlich mehr ein neckisch-erotisches Geplänkel als eine Vorführung von romantischem Zauber. Dieses Mal hatte Nick kein Märchen-Ballett geschrieben. Dieses Mal ging es um Leidenschaft. Die Charaktere waren ein Prinz und eine Zigeunerin, beide heißblütig und impulsiv. Es war ein Aufreizen auf beiden Seiten.
    Er forderte sie heraus, sie widersetzte sich ihm. Ab und zu diente das abrupte Wenden des Kopfes oder eine Drehung des Handgelenks dazu, die Gefühle zu unterstreichen.
    Die späte Sommersonne fiel durch die Fenster, malte Muster auf dem Boden. Schweißtropfen rieselten Ruth den Rücken herunter, während sie in und aus Nicks Arme tanzte. Vom ersten bis zum letzten Akt war die Rolle der Carlotta darauf angelegt, den Prinzen wild zu machen und ihn immer mehr anzufeuern.
    Das Duell der Herzen war gleich am Anfang der Szene bei der ersten Begegnung zwischen Zigeunerin und Prinz festgelegt.
    Wenn Ruth mit Nick tanzte, wurde ihr besonders klar, wie sehr sie in ihm den Tänzer - die Legende - verehrte und es immer tun würde. Seine Partnerin zu sein war das höchste aller

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