Tanz ins große Glueck
- lange, schmale Hände mit geschmeidigen Fingern, die mit einer Geste mehr ausdrücken konnten als ein anderer Mensch mit Worten.
Er sieht so verlassen aus!
Der Gedanke kam so unerwartet, dass es Ruth einen Stich versetzte. Es ist die Musik, entschied sie resolut. Es ist nur, weil er eine so traurige Musik spielt. Sie ging auf ihn zu. Ihre Schritte in den Ballettschuhen machten keine Geräusche auf dem Holzboden.
"Du siehst einsam aus, Nick."
Ruckartig hob er den Kopf. So ruckartig, dass er mit seinen Gedanken weit weg gewesen sein musste. Einen Moment lang sah er Ruth seltsam an, seine Finger schwebten über die Tasten.
"Stimmt, das bin ich gewesen", gab er zu. "Aber darüber wollte ich nicht mit dir sprechen."
Ruth zog die Augenbraue hoch. "Soll das ein Geschäftsessen sein?" fragte sie scherzend und setzte die Joghurtbecher ab.
"Nein." Er nahm ihr die Flasche ab und drehte den Verschluss auf. "Dabei würden wir uns streiten, und das wäre nicht gut für die Verdauung, stimmt's? Komm, setz dich neben mich."
Ruth setzte sich auf die Bank und wappnete sich unbewusst gegen die Wirkung, die von ihm ausging. Dort zu sein, wo er war, bedeutete, im Zentrum der Energie zu sein. Sogar jetzt, bei dem entspannten, einfachen Essen war er wie ein Wirbelwind, der einen Moment zum Stillstand gekommen war.
"Gibt es ein Problem?" fragte sie.
"Genau das möchte ich gern herausfinden."
Verwirrt wandte Ruth sich ihm zu. Mit seinen blauen Augen, die so klar waren wie Glas, blickte er sie prüfend an. Seine vollen Wimpern waren so dunkel wie sein Haar.
"Wie meinst du das?"
"Ich habe von Lindsay einen Anruf bekommen."
Das verwirrte Ruth noch mehr. Sie runzelte die Stirn. "Oh?"
"Lindsay glaubt, dass du nicht glücklich bist." Er nahm den Blick nicht von ihrem Gesicht, und Ruth verkrampfte sich.
Abrupt drehte sie sich von ihm weg. Niemand sonst vermochte es, sie allein mit einem Blick so nervös zu machen.
"Lindsay macht sich zu viele Sorgen", erwiderte sie leichthin und tauchte den Löffel in ihren Joghurt.
"Bist du es, Ruth?" Nick legte die Hand auf ihren Arm, und Ruth war gezwungen, ihn wieder anzusehen. "Bist du unglücklich?"
"Nein", antwortete sie, und es war die Wahrheit. Sie lächelte ihn an mit diesem zögernden Lächeln, das so typisch für sie war.
"Nein."
Er fuhr fort, ihr forschend ins Gesicht zu sehen, während er mit der Hand über ihren Arm bis zu ihrem Handgelenk hinunter strich. "Bist du glücklich?"
Ruth öffnete den Mund, wollte ihm schon antworten, dann schloss sie ihn wieder und seufzte nur. Warum musste er sie so ansehen, so direkt, so fordernd nach einer absolut ehrlichen Antwort. Er würde keine Platitüden oder Ausflüchte
akzeptieren. "Sollte ich das denn sein?" entgegnete sie.
Er schloss seine Finger um ihr Handgelenk, als sie sich erheben wollte. "Ruth." Sie hatte jetzt keine andere Wahl, als sich ihm zuzuwenden. "Sind wir Freunde?"
Krampfhaft suchte sie nach einer Antwort. Ein einfaches Ja würde wohl kaum ihre komplizierten Gefühle für Nick oder den ungleichmäßigen Stand ihrer Beziehung beschreiben.
"Manchmal", antwortete sie vorsichtig. "Manchmal sind wir es."
Nick gab sich damit zufrieden, obwohl es in seinen Augen belustigt aufleuchtete. "Gut gesagt", murmelte er. Völlig überraschend nahm er ihre beiden Hände und zog sie an seine Lippen. Sein Mund war zart wie eine Feder, die über ihre Haut strich. Ruth entzog ihm die Hände nicht, aber sie versteifte sich, war überrascht und wachsam. Sein offener Blick begegnete ihrem Blick. Er hielt ihre Hände noch immer fest, so als ob ihm bewusst wäre, dass Ruth sich zurückziehen und es nicht zulassen wollte. "Wirst du mir sagen, warum du nicht glücklich bist?"
Vorsichtig entzog Ruth ihm jetzt ihre Hände. Es war nicht leicht, beherrscht zu erscheinen, wenn er sie berührte. Er war ein sehr körperlicher Mann, der körperliche Reaktionen erwartete.
Ruth erhob sich und ging zum Fenster auf der anderen Seite des Probensaals. Unten auf Manhattans Straßen drängten und hasteten die New Yorker vorbei.
"Um ganz ehrlich zu sein", fing Ruth nachdenklich an, "habe ich mir keine großen Gedanken darüber gemacht, ob ich glücklich bin." Sie lachte und schüttelte den Kopf.
"Entschuldige, das klingt ganz schön affektiert." Sie drehte sich vom Fenster ab, um Nick anzusehen. Er lächelte nicht, sondern blickte ihr ernst ins Gesicht. "Nick, ich wollte damit nur sagen, dass ich bis zu deiner Frage, ob ich glücklich oder unglücklich
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