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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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auf.
    »Vielleicht ungefähr so.«
    »Wie ging er?«
    »Wie. gewöhnlich wohl.«
    »Kein Hinken oder so was?«
    »Nein, aber das sieht man nicht leicht, wenn Leute auf Treppen gehen. Auf einer Treppe zu gehen ist ja eigentlich eine Art von Hinken«, sagte Beckman, aber ohne zu lächeln. »Das Haar war übrigens lang, lang und dunkel.«
    »Wie lang?«
    »Bis auf die Schultern, glaube ich.« »So lang?«
    »Ich habe damals gedacht, daß man heutzutage nicht mehr viele mit so langem Haar sieht.«
    Er war ruhiger geworden, als ob er einen Schnaps bekommen hätte, oder es waren die eigene Stimme und die Erinnerungen, die allmählich bewirkt hatten, daß er weniger zittrig und zapplig war, als ob die Musik in seinem Kopf den Rhythmus verändert hätte.
    »Wenn man vor fünfzehn Jahren dachte, wie die Leute mitten in den sechziger Jahren oder so aussahen... tja, man glaubte, daß sie ganz anders aussahen, die Kleidung und vor allem das Haar.
    Aber betrachtet man heute Bilder von fünfundsechzig, so ist es, als würde man Bilder von heute betrachten.«
    »Wie Fußballmannschaften«, sagte Winter.
    »Bitte?«
    »Bilder von Fußballspielern aus den sechziger Jahren könnten mit wenigen Ausnahmen heute aufgenommen sein, zumindest was die Frisuren betrifft.«
    »Ja.«
    »Aber der Mann hatte also langes Haar?«
    »Wie ein argentinischer Fußballspieler«, sagte Beckman und lächelte zum erstenmal. »Es sah unecht aus. Das Haar. Fast wie eine Perücke.«
    »Eine Perücke?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ein Toupet?«
    Beckman zuckte die Achseln.
    »Aber er hatte eine Brille.«
    »Eine Brille?« wiederholte Winter.
    »Ein starkes Ding, schwarz rundum, glaube ich, aber da bin ich mir nicht sicher.«
    »Eine Hornbrille?«
    »Ja, vielleicht heißt das so.«
    »Wir arbeiten nachher am Computer daran.«
    Beckman antwortete nicht, sondern sah an Winter vorbei, als hätte er schon begonnen, sich darauf vorzubereiten, ein Gesicht zu beschreiben, das er nicht gesehen hatte.
    »Er trug eine Tasche«, sagte er. »Als er die Treppe allein hinaufging, das zweitemal.«
    »Können Sie sie beschreiben?« sagte Winter, und Beckman tat es, so gut er konnte.
    »Ist Ihnen aufgefallen, daß er Sie irgendwie gesehen hat?« fragte Winter dann.
    »Ich glaube nicht, daß er mich gesehen hat. Ich war leise, ich war müde und leise.«
    »Er blickte nicht in Ihre Richtung?«
    »Jedenfalls habe ich es nicht gesehen.«
    »Sie haben keine Stimme gehört?«
    »Nein.«
    Erik Winter ging über Heden nach Hause. Die Kälte hielt das Blau des Himmels zurück, selbst jetzt noch, als es dunkel geworden war. Er fühlte sich wie obdachlos, wie sich einer fühlt, der plötzlich eine Reise abbrechen muß. Er wollte nicht nach Hause gehen. Sein Koffer war aufgetaucht. Er hatte ihn im Dienstzimmer stehengelassen, bereute es aber nun und ging zum Polishuset zurück. Ein Streifenwagen brachte ihn nach Hause. Er fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben, schmiß den Koffer in den Flur und blätterte den Poststapel durch, ohne etwas zu sehen, was geöffnet werden mußte.
    Er war hungrig und unruhig. Er zog seine Sachen im Flur vor dem Bad aus, duschte und entschied sich für einen schwarzen Rollkragenpullover und einen grauen weichen Winteranzug von Ermenegildo Zegna. Dann führte er ein kurzes Telefongespräch.
    Er fuhr mit der Hand durch sein Haar, das sich noch zu feucht anfühlte, rubbelte sich kräftig mit dem Handtuch den Kopf und kämmte sich danach. Das Telefon läutete, und er lauschte der Stimme seiner Schwester auf dem Anrufbeantworter, während er die schwarzen Socken anzog. Es läutete wieder, und Bölger teilte nur mit, gerade sei ihm eingefallen, daß Winter ja in London sei.
    Als er hinauskam, spürte er die Minusgrade in seinem immer noch feuchten Haar. Er setzte eine schwarze Strickmütze auf, zog sie über die Stirn und ging auf der Vasagatan Richtung Westen, durch ein wie ausgestorbenes Haga und über die Linnegatan zum Restaurant Le Village in der Tredje Länggatan.
    Er ging durch das Bistro, legte im Restaurant ab und ging weiter zum Pult der Oberkellnerin.
    »Ein Tisch für eine Person. Er ist bestellt. Winter.«
    »Bitte«, sagte die Frau und führte ihn zu einem Tisch am anderen Ende des Lokals.
    »Etwas zu trinken?« fragte sie, als er sich gesetzt hatte.
    »Eine Flasche Mineralwasser.«
    Er bestellte eine Muschelsuppe mit Basilikum, danach gebratenen, leicht gesalzenen Dorsch. Zum Fisch trank er eine halbe Flasche Sancerre, zum Kaffee nichts. Er blieb lange beim

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