Tanz mit dem Engel
lächeln.
»Natürlich.«
»Bis zu einem gewissen Grad ist es sogar wahr. Die Möbelfuhren rollen wieder in die Metropolen.«
»Ich will dir was sagen.« Bölger beugte sich vor. »Es kommen immer mehr junge Mädchen vom Land in die Stadt und dies nicht, um zu studieren. Es gibt keine Arbeit in den Küstenstädten dort in Hailand oder wo zum Teufel sie jetzt herkommen, und wenn sie hier sind, merken sie, daß es auch hier keine Arbeit gibt.«
»Aber sie kommen her?«
»Sie kommen her, und unten am Bahnhof stehen Jungen bereit, buchstäblich, wie es heißt. Eine Landpomeranze steigt aus dem Zug, und der Kerl ist da.«
»Das klingt fast nach den ehemaligen Ostblockstaaten.«
»Die Mädchen kommen kaum dazu, sich bei der Tante einzurichten oder in dem Loch, das ihnen die Zimmervermittlung in der alten Nordstan vermittelt hat, sie schaffen es manchmal kaum, den Koffer bei der Gepäckaufbewahrung abzugeben, ehe der Kerl seinen Vorschlag macht.«
»Mhm.«
»Und nicht nur die Mädchen.« »Mhm.«
»Die Nachfrage nach jungen Burschen ist groß. Tatsächlich nimmt sie ständig zu.«
»Woher kommt das?«
Bölger machte eine Bewegung mit den Armen, als ob Winter nach dem Geheimnis des ewigen Lebens oder dem Weg zum inneren Frieden gefragt hätte.
»Aber ich kann dir ein paar Namen geben«, sagte Bölger.
»Was für Namen?«
»Namen von Leuten, die mehr über diesen Verkehr wissen als ich.«
»Das ist gut«, sagte Winter und klopfte den Zigarillo über einem gläsernen Aschenbecher ab, den Bölger über die Theke geschoben hatte.
»Man will ja den Leuten nicht schaden«, sagte Bölger.
Winter schaute ihn an.
»Du weißt, was ich meine«, sagte Bölger und ging zu den Frauen, die wieder zu winken begonnen hatten. Eine von ihnen sagte etwas, und Bölger kam wieder zu Winter zurück.
»Sie möchten wissen, ob sie zu etwas einladen dürfen«, sagte er.
Winter drehte sich um, deutete im Sitzen eine Verbeugung zum Dank an und schüttelte leicht den Kopf, zeigte auf sein Wasserglas und war so freundlich abweisend, wie er konnte.
»Könnte es wert sein«, sagte Bölger.
Winter antwortete nicht.
»Nette, fröhliche Mädchen, aber nicht aus den halländischen Küstenstädten.«
»An denen bin ich wohl eher interessiert. Darüber wußtest du doch einigermaßen Bescheid.«
»Eigentlich ist es ziemlich unschuldig, wenn man es durch eine angemessen dunkle Brille sieht«, sagte Bölger. »Diese Mädchen haben Jobs als Hostessen in Klubs angeboten bekommen, was bedeutet, daß sie den Gästen Limo in die Gläser einschenken und dann auf die Tische steigen und sich zu der schönen Musik bewegen. Oder auf die Bühne.«
»Oder hinter Glas und Rahmen in einem der hinteren Zimmer.«
»Ja.«
»Prostitution?«
»So nach und nach, nicht alle, aber ein Teil dieser Engel.«
»Jungen und Mädchen.«
»Ja.«
»Tanz.«
»Tanz für Engel«, sagte Bölger. »Tanz mit dem Engel«, sagte Winter. »Wenn man es so sehen will.«
»Man kann es auf viele Arten sehen, wenn wir von den Morden reden, kann man es auf viele Arten sehen.«
»Da weißt du mehr als ich.«
»Was weißt du über die Filmbranche?« fragte Winter und war drauf und dran, ein Glas Ramlösa zu bestellen, als ihm die Frauen zehn Meter östlich von ihm einfielen. Er wollte sie nicht beleidigen.
»Nicht so viel«, sagte Bölger.
»Mach schon.«
»Nicht viel mehr als du. Du weißt so viel.«
»Es gibt anderes als das, was vorn in den Regalen liegt«, sagte Winter, »so viel wissen wir.«
»Wir sind in diesem Land heute so liberal, daß recht viel vorn liegen kann«, meinte Bölger.
»Nicht die Kinder.«
»Wo verläuft die Grenze?«
»Irgendwo in den inneren Regionen eines Geschäfts oder eines Lagers gibt es eine Grenze, die einige überschreiten dürfen«, sagte Winter.
»Dafür genügt das Netz«, sagte Bölger.
»Das Internet?«
»Ja. Aber da weißt du wohl mehr als ich.« »Sag das nicht.«
»Aber im Internet werden keine Menschen ermordet.« »Sag das nicht.«
»Laß mich eines fragen, Erik. Hast du jemals einen Pornofilm ausgeliehen?«
»Nein.«
»Oder einen Pornofilm in einem Pornokino gesehen?« »Nein.«
»Also weißt du eigentlich nicht, wovon sie handeln.«
»Wie?«
»Ich meine, daß du selbst nie ein Tausendstel oder so von dem empfunden hast, was dazu führt, daß man einen Film mit sexuellen Handlungen unterschiedlicher Art leihen oder kaufen kann«, sagte Bölger.
»Es sind also unterschiedliche Empfindungen«, sagte Winter.
»Ich
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