Tanz mit dem Engel
Schnee ist schon weggeschmolzen, der Grundwasserspiegel ist schon gerettet, der ganze Regen läuft einem nur in den Kragen, um alles noch kälter zu machen und die Laune unter den Nullpunkt sinken zu lassen. Und vor einer Woche war ich noch so froh, so glücklich.
Er fuhr den kurzen Weg zu einer Adresse im Kobbarnas Väg und stellte das Auto neben einen Behindertenparkplatz. Douglas Svensson wohnte im dritten Stock, und als Winter im Wohnzimmer des Pubbesitzers stand, hatte er teilweise einen Ausblick bis zu seinem Arbeitsplatz in der Innenstadt.
»Ich hab' doch schon mit den Bu... mit der Polizei gesprochen«, sagte Douglas Svensson.
»Einmal ist keinmal.«
»Bitte?«
»Manchmal müssen wir nachhaken«, sagte Winter und grübelte darüber nach, ob der Mann der richtige Typ für einen Lokalbesitzer war. Douglas Svensson sah aus, als wäre er auf eine Bühne gedrängt worden oder als hätte man ihn gezwungen, etwas zu sagen, wo er doch beschlossen hatte, nicht mit der Welt zu reden. Winter hatte seinen Pub nie besucht. Dort war er vielleicht ein echter Sonnenschein.
»Kommen Sie bitte mit hoch«, sagte Svensson.
Sie hatten mit den zwei Jungen gesprochen, von denen Bölger Winter die Namen angegeben hatte, die Bölger wiederum von Douglas Svensson wußte, Jamie Robertsons Bekannte. Es war nichts weiter dabei herausgekommen, nicht mehr, als daß die Jungen möglicherweise homosexuell veranlagt waren, aber daß sie nicht sagen konnten, ob das auch für Jamie galt. Aber das hätte sich bald gezeigt, hatten sie gesagt, und Winter hatte überlegt, was sie meinten. Dann hatten sie nicht mehr darüber reden wollen. Winter hatte den Eindruck, daß sie Angst hatten.
Es war in mehr als einer Hinsicht verwirrend.
Nun wartete Douglas Svensson, daß der Polizist etwas sagte. Winter zog das Phantombild aus seiner Aktentasche und reichte es hinüber.
»Kommt Ihnen dieses Gesicht irgendwie bekannt vor?«
»Wer ist das?«
»Ich will nur wissen, ob Sie irgend etwas in diesem Gesicht wiedererkennen.«
»Irgendwas? Wie die Nase da oder die Augen?«
Douglas Svensson blickte auf das Bild, drehte es ein wenig in den Händen und blickte wieder auf Winter.
»Der sieht aus wie einer vom Mars.«
»Es ist ein Computerbild nach einem Augenzeugen.«
»Computer, äh?«
»Ja.«
»Was ihr alles könnt.« »Kennen Sie das Gesicht?« »Nein.« »Nichts?«
»Nicht einmal die Nase.«
Winter überlegte, wie er weiter vorgehen sollte. Das könnte wichtig sein. Mißtrauisch vor der Fortsetzung blickte ihn Douglas Svensson an.
»Wie war. Jamie als Person?« fragte Winter.
»Bitte?«
»Jamie Robertson. Kam er leicht mit den Leuten zurecht?«
»Mit was für Leuten?«
»Fangen wir bei Ihnen und den Angestellten an.«
»Das bin ich und noch einer und ein halber.« Dann fügte er hinzu: »Also jetzt, danach.« »Ich weiß.«
»Warum fragen Sie dann?«
»Die Frage war, wie Sie miteinander ausgekommen sind.«
Der Pubbesitzer sah aus, als hätte er etwas sagen wollen, sich dann aber anders besonnen. Sein Gesicht bekam eine andere Schattierung, als hätte er eben erst verstanden, was passiert war. Die Haut wurde dunkel, der Blick ging in eine andere Richtung. Vielleicht ist das eine Art Trauer, dachte Winter.
Er wartete. Auf der Schnellstraße draußen brauste der Schwerverkehr zum und vom Tingstadstunnel vorbei. Es muß schwer sein, sich an dieses Geräusch zu gewöhnen, dachte er.
Irgendwo hier draußen habe ich mit zwei Autodieben telefoniert, und er sah das Opfer vor sich: Ihre Telefonnummer lag in seiner Brieftasche als eine Versicherung gegen schlechtere Zeiten. Er hatte überlegt, sie anzurufen, vor allem aus Neugier, aber dann hatte die Zeit nicht gereicht.
»Wir sind immer gut miteinander ausgekommen«, sagte Douglas Svensson jetzt. »Jamie war ein beliebter Kerl, und sein Englisch, oder man muß wohl Schottisch sagen, war ein Plus für den Pub.«
»Nie irgendein Krach?«
»Mit einem von uns? Nie.«
»Auch nicht mit jemand anderem?«
»Krach zwischen den Angestellten in meinem Pub und unseren Gästen? Warum sollte es dazu kommen?«
»Das ist normal.«
»Bei mir?«
»Überhaupt.«
»Aber was zum Teufel. das ist, wenn man Fälle für den Psychiater als Türsteher anstellt. Wir haben keine Türsteher und folglich keine Fälle für den Psychiater. Ich habe nicht mal eine Garderobe.«
»Okay«, sagte Winter, »wenn wir auf damals zurückkommen. Gab es Stammgäste, mit denen Jamie etwas mehr gesprochen hat?«
»Davon weiß
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