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Tanz mit dem Engel

Tanz mit dem Engel

Titel: Tanz mit dem Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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war das erste Fenster, das er im Riverside sah. Der Mann blieb an der Tür stehen, als wartete er darauf, daß Bergenhem etwas tat, etwas sagte.
    »Ich bin froh, daß Sie mit offenen Karten spielen«, sagte er schließlich.
    »Wie?«
    »Offene Karten«, sagte der Mann, »es ist gut, daß die Polizei nicht herumschleicht und so tut, als wäre sie jemand anderes.«
    »Das wäre wohl schlecht möglich.«
    »Nach einer Weile.«
    »Eben.«
    »Aber es nervt einen, als würde man uns nicht zutrauen, uns selbst um uns zu kümmern, uns unserer Tätigkeit zu widmen.«
    Bergenhem sagte nichts. Er hörte Bruchstücke der Tätigkeit durch die südliche Wand, Tina Turner, aber vor allem den Baß unter dem schmalzigen Soul, und das klang, als sänge Tina mit einer Tonne um den Kopf.
    »Und jetzt haben Sie nach mir gefragt«, sagte der Mann.
    »Es wäre nicht nötig gewesen, mich von draußen zu holen«, sagte Bergenhem.
    »Hier haben wir nichts zu verbergen.«
    »Das glaube ich auch nicht.«
    »Worum geht es also?«
    Bergenhem berichtete, soviel er preiszugeben befugt war. Er hört zu, als hätte er Ohrenstöpsel im Kopf, aber ich sehe, daß alles hängenbleibt, dachte Bergenhem, er hört alles und antwortet nur auf das, was er angeblich gehört hat.
    Bergenhem nannte keine Details der Ermittlung. Er erläuterte einen Verdacht, das war alles.
    »Snuff movies? Filme mit Live-Morden? In Göteborg?«
    Der Mann saß zurückgelehnt und mit übergeschlagenen Beinen auf einem der beiden Sessel im Zimmer. Er rauchte eine Zigarette; der Rauch schwebte langsam zum Fenster und verschwand durch einen Spalt hinaus in die Nacht.
    Bergenhem hörte zwei Zugsignale durch die Öffnung. Der Bahnhof lag dreihundert Meter weit weg, öde und zugig und spärlich besetzt mit Güterwagen, die gegeneinander stießen, »Nie von so was reden gehört«, sagte der Mann mit deutlichem Zweifel im Gesicht. »Warum kommen Sie zu mir?«
    »Wir kommen zu allen, die in dieser Branche tätig sind«, log Bergenhem.
    »Nie von so was reden gehört«, wiederholte der Mann.
    »Das müßten Sie eigentlich.«
    »Glauben Sie, ich lüge?«
    »Diese Art von Filmen«, verdeutlichte Bergenhem, »Sie müssen doch wohl von dieser Art von Filmen reden gehört haben?«
    Der Mann sah Bergenhem an, als nähme er ihn auf den Arm.
    »Nehmen Sie mich auf den Arm?«
    »Wie bitte?«
    »Es geht doch wohl um gefilmten Mord in Göteborg, wenn ich es richtig verstehe. Nicht, was zum Teufel man in Kolumbien oder Los Angeles oder London treibt oder wo es sonst populär ist.«
    »Haben Sie nie so einen Film gesehen?« fragte Bergenhem und merkte sofort, daß er einen Fehler begangen hatte. Ich bin plump, dachte er, aber es ist für einen guten Zweck.
    »Ich sitze hier aus freien Stücken und antworte freundlich auf Ihre idiotischen Fragen.«
    Bergenhem sagte nichts, sondern dachte über sein weiteres Vorgehen nach. Der Wind draußen trug etwas herüber, das wie der Zusammenstoß zweier Waggons klang, Eisen gegen Eisen.
    »Aber bitte sehr«, sagte der Mann, »so einen Film habe ich nie gesehen. Sie etwa?«
    »Was?«
    »Haben Sie so einen Film gesehen? Sie sind Kriminalinspektor, ich nehme an, Sie kriegen so ziemlich alles zu sehen.« »Nie.«
    »Und warum nicht?«
    Bergenhem sank ein bißchen tiefer in den Sessel. Die Baßklänge durch die Wand wurden schwerer und tiefer, als ob der Tanz nebenan das Tempo geändert hätte. Er hörte keine Stimmen durch die Wand, nichts durch die Tür.
    Der Mann drückte seine Zigarette aus, stand auf, ging ans Fenster und öffnete es zwanzig Zentimeter, als wolle er die giftige Luft hinauslassen.
    Bergenhem hörte nun von draußen nur Stille, als wäre der vorherige schmale Spalt eine Voraussetzung gewesen, Geräusche zu erfassen. Ein offenes Fenster bedeutete Stille. Das ist wie mit den neuen Zügen, dachte er. Sie haben eine größere Geschwindigkeit, machen aber weniger Geräusch. Am Ende hört man sie überhaupt nicht mehr und bemerkt sie erst, wenn sie einen überfahren haben.
    Der Mann schloß das Fenster und wandte sich an seinen Gast.
    »Sie haben so was nicht gesehen, weil es das nicht gibt«, sagte er. »Göteborg ist nicht mehr so harmlos, wie es einmal war, aber hier in der Stadt gibt es keinen Markt für Live-Mord im Film.«
    Bergenhem hörte zu, wartete.
    »Sie glauben, ich bin... Idealist, halte die Leute in der Stadt für gut? Wenn es darum geht, sind Sie an den Falschen geraten. Aber das würde hier nicht laufen. Wir sind noch nicht schlecht genug

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