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Tanz mit dem Schafsmann

Tanz mit dem Schafsmann

Titel: Tanz mit dem Schafsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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ging sie nicht ein. So ein Mist, dachte ich. Es liegt was in der Luft.
    Nach dem spannungsgeladenen Frühstück legte sie beide Hände auf den Tisch und schaute mich mit ausgesprochen ernster Miene an. »Letzte Nacht war eine Frau bei dir, stimmt’s?«
    »Du hast ja ein gutes Gespür«, sagte ich leichthin.
    »Wer war es denn? Irgendein Mädchen, das du unterwegs aufgegabelt hast?«
    »Um Himmels willen, nein. Solch ein Draufgänger bin ich ja nun auch wieder nicht. Sie ist von sich aus gekommen.«
    »Mach mir nichts vor. Das gibt’s doch gar nicht.«
    »Ich spinne nicht, mach’ dir nichts vor. Ich schwöre dir, sie ist von sich aus hierhergekommen.« Dann versuchte ich ihr die Umstände zu erklären: dass das Mädchen aus heiterem Himmel hier aufgekreuzt war und sich als Geschenk ihres Vaters entpuppt hatte, der vermutlich meine sexuellen Gelüste befriedigen wollte, damit ich seine Tochter nicht anrührte.
    »Unglaublich«, seufzte Yuki und schloss die Augen. »Warum muss dieser Kerl immer nur solchen Mist verzapfen! Er versteht wirklich überhaupt nichts, hat kein Gespür für wichtige Dinge, nur für solchen Blödsinn. Mama spinnt ja auch, aber Papa hat echt ’ne Schraube locker. Er ist immer auf dem falschen Dampfer und macht alles kaputt.«
    »Da hast du vollkommen Recht. Er ist wirklich falsch gewickelt«, stimmte ich ihr zu.
    »Aber warum hast du sie denn überhaupt reingelassen, diese Frau?«
    »Ich wusste ja gar nicht, was los war, und musste erst mal mit ihr sprechen.«
    »Du hast mit ihr doch nicht wirklich was angestellt, oder?«
    »So einfach ist das nun auch wieder nicht …«
    »Nicht zu fassen.« Yuki verstummte und errötete leicht.
    »Na ja«, warf ich ein, »es würde zu lange dauern, dir das alles zu erklären. Jedenfalls war ich zu schwach, um Nein zu sagen.«
    Yuki schloss die Augen und presste die Hände gegen die Schläfen. »Ich glaub’s einfach nicht«, flüsterte sie heiser. »Ich begreife nicht, wie du so etwas tun kannst.«
    »Zuerst habe ich ja abgelehnt«, versuchte ich mich zu verteidigen. »Aber irgendwann war es mir egal. Ich habe einfach meinen Verstand ausgeschaltet. Es soll keine Ausrede sein, aber deine Eltern besitzen anscheinend doch ziemliche Macht über andere. Alle beide üben auf ihre Art einen starken Einfluss auf diejenigen aus, denen sie begegnen. Und ob man das nun anerkennt oder nicht, sie besitzen Stil in dem, was sie tun. Man muss es nicht gutheißen, aber es lässt sich nun mal nicht leugnen. Letzten Endes dachte ich, ist mir doch egal, was dein Vater davon hat. Außerdem war das Mädchen gar nicht so schlecht.«
    »Das ist ja wohl die Höhe!« Yukis Stimme überschlug sich. »Du lässt dir von Papa eine Frau kaufen? Und denkst dir nichts dabei? Unmöglich. Ich finde das voll daneben. Hast du denn gar kein Schamgefühl?«
    Sie hatte Recht.
    »Du hast ja Recht«, gab ich zu.
    »Du solltest dich wirklich schämen.«
    »Stimmt«, pflichtete ich ihr bei.
    Nach dem Frühstück gingen wir zum Sheraton Beach surfen und blieben bis zum Mittag dort. Während der ganzen Zeit redete Yuki kein Wort mit mir. Wenn ich sie ansprach, reagierte sie bloß mit einem Nicken oder Kopfschütteln. Als ich sie fragte, ob sie etwas zum Lunch essen wolle, nickte sie. Meinen Vorschlag, zu Hause zu kochen, lehnte sie jedoch mit einem Kopfschütteln ab. Ob wir stattdessen draußen essen sollten? Sie nickte. Wir setzten uns schließlich auf den Rasen von Fort DeRussy und verspeisten unsere Hot Dogs. Ich trank Bier und Yuki Cola. Sie redete immer noch nicht mit mir, nun schon seit drei Stunden.
    »Nächstes Mal lehne ich ab«, versicherte ich ihr.
    Sie nahm die Sonnenbrille ab und starrte mich eine halbe Minute lang an, als wäre die Welt aus den Fugen geraten. Dann fuhr sie sich mit der hübsch gebräunten Hand durch den Pony.
    »Nächstes Mal?« rief sie fassungslos. »Was heißt hier, nächstes Mal?«
    Ich erklärte ihr, dass Makimura für zwei weitere Nächte bezahlt hatte und übermorgen das nächste Date sein sollte. Yuki schlug mit der Faust ins Gras. »Nicht zu fassen! Das ist ja wohl der größte Schwachsinn!«
    »Ich will deinen Vater ja nicht in Schutz nehmen, aber er macht sich nun einmal Sorgen um dich. Schließlich bin ich ein Mann, und du bist eine Frau«, versuchte ich ihr klarzumachen. »Verstehst du?«
    »Das ist wirklich das Bescheuertste, was ich je gehört habe!« Yuki war den Tränen nahe. Sie rannte auf ihr Zimmer und ließ sich bis zum Abend nicht mehr blicken.
    Ich

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