Tanz mit dem Schafsmann
»aber das ist wirklich eine Megasache. Du solltest besser die Finger davon lassen. Ich weiß ja nicht, weshalb du in der Angelegenheit rumschnüffeln willst, aber ich würde mich an deiner Stelle nicht zu sehr einmischen. Du wirst natürlich deine Gründe haben, doch ich rate dir, ein geruhsames Leben zu führen, das deinem Format entspricht. Was ich übrigens von mir nun gerade nicht behaupten kann.«
»Ich weiß«, sagte ich.
Er hustete. Ich nahm einen Schluck Bier.
»Der Eigentümer des alten Hotel Delfin rührte sich einfach nicht vom Fleck. Er hat sich bis zum Schluss gesträubt. Das hat ihm viel Ärger eingebracht. Wäre er bloß gleich rausgegangen, statt stur zu bleiben. War wohl etwas weltfremd, der Gute.«
»Allerdings«, stimmte ich zu. »Kein Trendbewusstsein.«
»Sie haben ihm ziemlich übel mitgespielt. Eine Bande Yakuzas stürmte das Hotel und machte sich dort breit. Führten sich auf wie die Vandalen. Aber immer noch schön im gesetzlichen Rahmen. Lungerten die ganze Zeit in der Empfangshalle rum und fixierten jeden, der reinkam. Verstehst du, was ich meine? Das Hotel hat trotzdem eisern standgehalten.«
»Kann ich mir lebhaft vorstellen«, sagte ich. Der Geschäftsführer des alten Delfin hatte bereits eine Reihe von Schicksalsschlägen hinter sich. Ihn konnte so leicht nichts mehr umhauen.
»Doch am Ende stellte der Typ eine völlig absurde Bedingung. Er sagte, er würde rausgehen, wenn sie seinem Wunsch nachkämen. Und jetzt rate mal, was das für eine Bedingung war.«
»Keine Ahnung«, erwiderte ich.
»Streng mal deinen Grips ein bisschen an. Es beantwortet übrigens eine weitere deiner Fragen.«
»Du meinst doch nicht etwa, dass sie den alten Namen übernehmen sollten?«
»Bingo«, sagte er. »So lautete die Bedingung. Und die Spekulanten willigten ein.«
»Aber wieso?«
»Ist doch kein übler Name. Dolphin Hotel klingt doch prima, findest du nicht?«
»Na ja, stimmt auch wieder.«
»Außerdem sollte dieses Hotel das Flaggschiff einer neuen, vom Unternehmen A geplanten Hotelkette werden. Luxushotels, versteht sich, nicht die normale, gehobene Mittelklasse. Sie hatten eben noch keinen Namen dafür.«
»Aha! Die Dolphin-Hotelkette.«
»Genau! Eine Spitzenhotelkette, die weltweit mit den Hiltons und Hyatts mithalten kann.«
»Die Dolphin-Hotelkette«, wiederholte ich, um zu hören, wie es klang. Ein geerbter, aufgeblähter Traum. »Und was passierte mit dem Vorbesitzer?«
»Keine Ahnung.«
Ich nahm einen weiteren Schluck Bier und kratzte mich mit dem Bleistift hinter dem Ohr.
»Sie haben ihm vermutlich eine dicke Abfindung gezahlt, mit der er alles Mögliche angestellt haben kann. Es fehlt jegliche Spur von ihm. Er hatte eben nur die Rolle eines Statisten.«
»Sieht so aus.«
»Das war’s dann auch schon im Großen und Ganzen«, sagte mein Expartner. »Mehr habe ich nicht herausbekommen. Reicht dir das?«
»Ja, danke. Du hast mir sehr geholfen.«
Er räusperte sich.
»Hattest du Unkosten?«, fragte ich.
»Ach was!« erwiderte er. »Ich werde den Typen mal zum Essen einladen, ihn in einen Ginza-Club mitschleppen und ihm die Heimfahrt bezahlen. Nicht der Rede wert, vergiss es. Ich kann es als Spesen verbuchen. Im Prinzip lässt sich alles absetzen. Mein Steuerberater liegt mir sowieso andauernd in den Ohren, ich solle mehr ausgeben. Also mach dir keinen Kopf. Falls du mal Lust hast, in einen Ginza-Club zu gehen, sag mir Bescheid. Läuft alles unter Spesen. Zumal du noch nie in so einem Club warst.«
»Was gibt’s denn da so Besonderes?«
»Saufen, Weiber«, sagte er. »Und hinterher ein Lob von meinem Steuerberater.«
»Wieso nimmst du den nicht mit?«
»Schon getan vor kurzem«, sagte er ziemlich gelangweilt.
Wir verabschiedeten uns und legten auf.
Ich dachte über meinen Expartner nach. Er war in meinem Alter und hatte bereits einen Ansatz zum Bauch. Ein Typ, der alle möglichen Pillen in der Schreibtischschublade aufbewahrt und sich ernsthaft über Wahlergebnisse Gedanken macht. Die Ausbildung seiner Kinder bereitet ihm Kopfzerbrechen, und er streitet sich andauernd mit seiner Frau herum. Im Grunde ist er jedoch ein treu sorgender Familienvater. Zwar nicht sehr durchsetzungsfähig, und manchmal trinkt er ein bisschen über den Durst, aber eigentlich erledigt er ordentlich und gewissenhaft seinen Job. Ein in jeder Hinsicht anständiger Kerl.
Nach der Uni hatten wir uns zusammengetan. Unsere Partnerschaft hielt ziemlich lange. Wir hatten mit einer kleinen
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