Tanz mit dem Tod (19) - Robb, J: Tanz mit dem Tod (19) - Visions in Death (19)
war. Die Mutter war Hausangestellte wie sie selber, der Stiefvater Arbeiter in einer Fabrik. Vater in der Bronx, arbeitslos und vorbestraft.
Eve sah sich Abel Maplewood etwas genauer an.
Einfacher Diebstahl, Trunkenheit, Störung der öffentlichen Ruhe, Hehlerei, tätlicher Angriff, häusliche Gewalt, illegales Glücksspiel.
»Aber hallo, Abel, du bist echt ein kleines Ekel.«
Bisher war er nicht mit Sexualstraftaten aufgefallen, aber schließlich gab es für alles ein erstes Mal. Sie wusste nur zu gut, dass Väter Töchter vergewaltigten. Dass sie sie sich unterwarfen, sie zusammenschlugen, ihre Knochen brachen und in ihr eigenes Fleisch und Blut eindrangen, als wäre das normal.
Als ihr Herz anfing zu rasen, stieß sie sich schon von ihrem Schreibtisch ab. Die Erinnerung, der Albtraum der Erinnerung bemächtigte sich langsam, aber sicher ihres Hirns.
Statt Kaffee holte sie sich einen Becher Wasser, das sie, während sie aus dem schmalen Fenster blickte, möglichst langsam trank.
Sie wusste, welche Angst, welches Entsetzen, das schlimmer war als aller Schmerz, welche Erniedrigung und welchen Schock Elisa bei der Vergewaltigung empfunden hatte. Wusste es genau.
Doch sie musste dieses Wissen nutzen, um den Killer ausfindig zu machen, um Gerechtigkeit zu finden, denn sonst nützte sie Elisa nichts. Wenn sie zuließ, dass die
eigene Erinnerung sie zu sehr quälte, dass sie ihren Blick für das Wesentliche trübte, nützte sie ihr nichts.
Am besten machte sie sich wieder auf den Weg. Am besten machte sie sich wieder auf den Weg ins Feld und fuhr dort mit ihrer Arbeit fort.
»Dallas?«
Sie drehte sich nicht um und fragte sich auch nicht, wie lange Peabody wohl in der Tür gestanden hatte, während sie um Fassung rang. »Haben Sie die Bestätigung, dass Vanderlea tatsächlich gestern Nacht in Spanien war?«
»Ja. Er war anscheinend wirklich in Madrid. Jetzt ist er auf dem Weg nach Hause. Nach dem Anruf seiner Frau hat er den letzten geschäftlichen Termin dort einfach abgesagt. Er war heute Morgen - sieben Uhr Madrider Zeit - bei einem Geschäftsfrühstück, als sie ihn angerufen hat. Es ist also so gut wie ausgeschlossen, dass er hier in New York war, Maplewood ermordet hat und dann rechtzeitig zu dem Frühstück wieder in Spanien war.«
»Und der Ex?«
»Brent Hoyt. Auch der ist aus dem Schneider, denn er hat die letzte Nacht nicht hier in New York, sondern in einer Ausnüchterungszelle auf St. Thomas zugebracht.«
»Also gut. Maplewoods Vater Abel hat ein ellenlanges Vorstrafenregister, wir sehen ihn uns also besser noch genauer an. Aber vorher fahren wir noch einmal zu den Vanderleas.«
»Ah, da ist jemand, der mit Ihnen sprechen möchte.«
»Mit irgendeinem zweckdienlichen Hinweis?«
»Nun …«
»Ich habe keine Zeit, um mich zu unterhalten.« Eve wandte sich zum Gehen. »Auf dem Weg zu den Vanderleas schauen wir am besten kurz in der Pathologie herein. Und dann muss ich pünktlich wieder hier sein, denn ich habe einen Termin mit Dr. Mira ausgemacht.«
»Tja, nun, sie ist sehr beharrlich. Sie behauptet, dass sie wichtige Informationen für uns hat. Und sie wirkt total normal.«
»Weshalb denn wohl auch nicht? Wenn jemand mit Informationen zu diesem Fall gekommen ist, warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Weil -« Peabody überlegte, ob sie Eve die Überraschung lassen sollte, kam dann aber zu dem Ergebnis, dass es für sie selbst sicher gesünder wäre, hielte sie nicht länger mit der Nachricht hinter dem Berg. »Sie behauptet, Hellseherin zu sein.«
Eve blieb abrupt stehen. »Also bitte. Schicken Sie sie zu einem unserer Mitarbeiter, ja? Ihnen sollte doch wohl klar sein, dass ich kein Interesse an einem Gespräch mit einer Verrückten habe.«
»Sie ist ordnungsgemäß registriert und hat eine gültige Lizenz. Außerdem hat sie gesagt, dass sie eine Freundin ist.«
»Ich habe keine Freundin, die Hellseherin ist. Das gehört bei mir zur Firmenpolitik.«
»Sie hat auch nicht gesagt, dass sie Ihre Freundin ist, sondern die Freundin einer Freundin.«
»Mavis hat jede Menge durchgeknallter Freundinnen und Freunde. Aber die lasse ich ganz sicher nicht in mein Büro.«
»Nicht Mavis. Sie behauptet, eine Freundin von Louise zu sein. Von Dr. Dimatto. Der total normalen, bodenständigen Dr. D. Und sie steht eindeutig unter Schock. Das Zittern ihrer Hände ist nicht zu übersehen.«
»Verdammt. Wir geben ihr zehn Minuten, keine Sekunde länger.« Sie sah auf ihre Uhr und stellte
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