Tanz mit dem Tod (19) - Robb, J: Tanz mit dem Tod (19) - Visions in Death (19)
nach dem Türknauf, hielt dann aber inne und fragte ihre Partnerin: »Weshalb gerade New York?«
»Es ist eine große, böse Stadt. He, wenn man Verbrechen bekämpfen will, dann am besten gleich Verbrechen im großen, bösen Stil.«
»Es gibt jede Menge großer, böser Städte.«
»Keine ist so wie New York.«
Nachdenklich blickte Eve auf den wie stets dichten Verkehr. Fahrer trotzten arrogant den Vorschriften zum Lärmschutz und drückten auf die Hupen, sobald ihnen ein anderes Fahrzeug in die Quere kam. An der Ecke schrie ein Schwebegrill-Betreiber einem Kunden, der ihn offenbar geärgert hatte, farbenfrohe Beleidigungen hinterher.
»Stimmt, keine ist so wie New York.«
»Nun. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen weiterhelfen kann.«
Die Besitzerin des Ladens führte sie in ein Büro, in dem die einzige Sitzgelegenheit mit einem derart farbenfrohen Stoff bezogen war, als hätte ein besonders anspruchsvoller
und wahrscheinlich psychotischer Farbgott ihn hergestellt.
Sie war eine Frau von vielleicht vierzig mit roten Apfelwangen und einem beständigen Lächeln, das sie sogar beibehielt, als sie hilflos die Hände rang.
»Sie haben doch wohl eine Kundenliste, oder, Ms Chancy?«
»Nun, natürlich. Selbstverständlich. Wir haben treue Kundinnen, die es zu schätzen wissen, wenn wir sie über Sonderangebote, Schlussverkäufe und anderes informieren. Beispielsweise letzte Woche -«
»Ms Chancy? Wir brauchen nur die Liste.«
»Ja. Nun, ja. Lieutenant, richtig?«
»Richtig.«
»Wissen Sie, bisher ist noch nie jemand mit einem solchen Ansinnen an mich herangetreten, und ich bin mir nicht ganz sicher, was ich jetzt machen soll.«
»Das kann ich Ihnen sagen. Sie geben uns die Liste, und wir sagen danke für Ihre Kooperation.«
»Aber unsere Kundinnen …Vielleicht haben sie was dagegen, wenn ich Ihnen ihre Namen gebe. Vielleicht kriegen sie den Eindruck, ich hätte in irgendeiner Weise ihre Privatsphäre verletzt, und kaufen in Zukunft lieber woanders ein.«
Aufgrund der Enge fiel es Peabody nicht schwer, Eve einen dezenten Stoß zwischen die Rippen zu verpassen, ehe sie erklärte: »Wir können Ihnen größte Diskretion zusagen, Ms Chancy. Wir ermitteln hier in einer äußerst ernsten Angelegenheit, und wir brauchen Ihre Hilfe. Aber es gibt keinen Grund, Ihren Kundinnen zu sagen, wie wir an ihre Namen gekommen sind.«
»Oh, verstehe. Verstehe.«
Trotzdem biss sie sich weiter unschlüssig auf die lächelnde Lippe.
»Was für ein wunderbarer Stuhl.« Peabody strich mit den Fingerspitzen über den grellen Stoff. »Sie haben den Bezug doch nicht etwa selbst genäht?«
»Doch, doch. Und auch wenn es vielleicht etwas unbescheiden klingt, ist der Bezug mein ganzer Stolz.«
»Das kann ich verstehen. Er ist wirklich einzigartig.«
»Danke. Nähen Sie auch?«
»Leider viel zu selten. Aber ich habe die Hoffnung, dass ich in Zukunft vielleicht etwas häufiger zum Nähen komme, denn ich ziehe gerade in eine neue Wohnung, die ich so persönlich wie möglich gestalten will.«
»Ja, natürlich«, stimmte ihr Ms Chancy enthusiastisch zu.
»Mir ist aufgefallen, wie gut organisiert und bestückt Ihr Laden ist. Ich komme also ganz bestimmt noch mal vorbei, sobald ich umgezogen bin.«
»Wunderbar. Am besten gebe ich Ihnen gleich die Informationsdiskette unseres Ladens mit. Wissen Sie, wir bieten eigene Kurse und monatliche Treffen an.« Sie zog eine Diskette aus einer mit einem Gänseblümchen-Stoff bezogenen Schachtel und hielt sie der Polizistin hin.
»Super.«
»Wissen Sie, Lieutenant, Handarbeiten bietet einem nicht nur die Gelegenheit, nach jahrhundertealten Techniken wunderschöne Dinge herzustellen, die die eigene Persönlichkeit und den eigenen Stil zum Ausdruck bringen, sondern es hat auch einen therapeutischen Nutzen. Ich nehme an, gerade in Ihrem Metier muss man auch mal entspannen und die Seele baumeln lassen, damit man zu neuen Kräften kommt.«
»Richtig.« Peabody fing an zu grinsen, denn die plötzliche Beförderung zum Lieutenant war einfach der Hit. »Das sehe ich genauso. Auch meinen Kolleginnen und Freundinnen täte etwas Entspannung sicher gut.«
»Wirklich?«
»Wenn wir jetzt vielleicht die Kundenliste haben könnten, Ms Chancy.« Peabody sah die Frau mit einem warmen Lächeln an. »Wir sind Ihnen wirklich dankbar für Ihre Kooperationsbereitschaft und für die bereitwillige Unterstützung der New Yorker Polizei.«
»Oh. Hmm. Wenn Sie meinen …« Sie räusperte sich leise. »Aber Sie sind
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